Lütjensee. Brotprüfer Daniel Plum nimmt Backwaren von Bäckereien der Region unter die Lupe. Er verrät, worauf es ankommt – und überrascht.
Daniel Plum sieht konzentriert aus. Der Bäckermeister steht in der Bäckerei Zingelmann in Lütjensee, vor ihm ein Tisch mit Roggen-, Mohn- und Laugenbrötchen, Croissants, Sauerteigbrot, alles fein säuberlich aufgereiht und bereit für das Urteil des Experten. Das Geschäft ist erfüllt vom Geruch nach frischen Backwaren. Immer wieder bleiben Kunden der Bäckerei stehen und fragen Plum, was er da gerade macht.
Der Bäcker aus Karlsruhe hat heute eine ganz besondere Aufgabe. Denn er ist nicht nur Bäckermeister, sondern auch Brotprüfer des Deutschen Brotinstituts. Auf Einladung der Bäcker-Innung Nord ist er heute im Einsatz, um Brote und Brötchen aus Bäckereien der Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg auf Herz und Nieren zu testen.
Brotprüfung in Lütjensee: Bäckermeister verrät Geheimnis für perfekte Brötchen
Betriebe können ihre Backwaren einer freiwilligen Qualitätskontrolle unterziehen. Heute haben sechs Bäcker ihre Produkte abgegeben, darunter zum Beispiel die Bäckerei Baumgarten in Aumühle, die Bäckerei Braaker Mühle und natürlich der Gastgeber: die Bäckerei Zingelman. Für gutes und sehr gutes Abschneiden gibt es eine Urkunde. „Die können Bäckereien für ihr Marketing benutzen“, sagt Plum. „Außerdem ist die Brotprüfung natürlich eine Gelegenheit, die eigenen Produkte unabhängig testen zu lassen und damit die Qualität sicherzustellen.“
Also an die Arbeit. Daniel Plum nimmt ein Dinkelbrötchen in die Hand. Bewertet wird nach sechs Kriterien. Zunächst geht es um Form und Aussehen. „Die Brötchen sind gleichmäßig geformt und haben eine schöne Farbe“, sagt Plum. Eine ideale Brotform gibt es übrigens nicht. Denn das ist Typsache. Ein Ciabatta ist flach, ein Baguette lang, ein Korbbrot rund.
Brot und Brötchen werden nach sechs Kriterien bewertet
Das nächste Kriterium: Oberflächen- und Krusteneigenschaften. „Grundsätzlich ist eine dicke Kruste besser als eine dünne“, sagt der Bäckermeister. Die sogenannte Fensterung, die auftritt, wenn die Kruste in kleine Platten bricht, ist ein Indiz für besondere Knackigkeit. Die Kruste enthält Aromastoffe und sorgt dafür, dass die Feuchtigkeit besser im Brötchen bleibt. Doch auch in Sachen Kruste kommt es auf die Art des Brotes oder Brötchens an. Nicht immer passt eine dicke Kruste zum Produkt. In diesem Fall überzeugt das Dinkelbrötchen den Bäcker.
Sind die Äußerlichkeiten begutachtet, geht es weiter zu den inneren Werten. Plum schneidet das Brötchen auf und wirft einen Blick auf das sogenannte Krumenbild. Die Krume ist der innere, weiche Teil des Brötchens. Bei manchen Broten wie Weizenbroten sollte sie locker und luftig sein, bei Roggenmischbrot zum Beispiel dichter und kompakter. Auf jeden Fall sollten die Poren gleichmäßig im Teig verteilt und keine großen Löcher zu finden sein. Das Dinkelbrötchen punktet auch hier. „Es hat eine gute Lockerung“, sagt Daniel Plum.
Ein gutes Brötchen erkennt man daran, ob der Teig elastisch ist
Als Nächstes auf der Agenda: Struktur und Elastizität. Schon beim Durchschneiden stellt der Brotprüfer fest, ob sich der Teig problemlos schneiden lässt oder Teig am Messer kleben bleibt. Im Falle des Dinkelbrötchens ist ersteres der Fall – ein weiterer Pluspunkt. Um die Elastizität des Teiges zu prüfen, drückt Plum mit dem Finger in das Brötchen. Im Idealfall federt es zurück und der Abdruck verschwindet wieder. „Dieses Brötchen ist sehr saftig, es ist genug Wasser im Teig“, sagt Plum.
Jetzt riecht der Bäckermeister am Dinkelbrötchen. Der Geruch sollte Lust machen, in das Brötchen zu beißen und weder zu stark noch zu schwach sein. Und dann folgt, endlich, der Geschmackstest. Daniel Plum beißt in das Brötchen, kaut und schluckt. Für seine Funktion als Brotprüfer wurde er sensorisch geschult und weiß, worauf er achten muss. „Ich kaue etwas länger als gewöhnlich“, sagt Plum. Das liegt daran, dass manche Aromen etwas Zeit brauchen, um sich zu entfalten.
Die getesteten Backwaren werden nicht weggeschmissen, sondern aufgebraucht
Der Geschmack eines Brötchens oder Brotes ist zwar, das legt der Name nahe, Geschmackssache. Trotzdem gibt es Kriterien, nach denen Plum bewertet. Ob stark oder mild, säuerlich, süßlich oder salzig: Das Aroma muss zum Produkt passen. Das Dinkelbrötchen überzeugt den Brotprüfer auf ganzer Linie: „Super Farbe, super Geschmack“, so Plum. Übrigens: Die getesteten Backwaren werden nicht weggeworfen, sondern aufgebraucht und zum Beispiel an Kunden verteilt. „Wir passen auf, dass nichts wegkommt“, sagt Plum.
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Das Dinkelbrötchen ist eines von vielen verschiedenen Brötchen und Broten, die der Bäckermeister an diesem Tag probiert. Darunter sind Klassiker ebenso wie ausgefallene Kreationen – zum Beispiel ein Dinkel-Kürbis-Brot oder eines mit Dinkel, Hirse und Senf. „Diese Kreativität macht den Bäckerberuf für mich so spannend“, sagt Plum, der selbst in eine Bäckerfamilie hineingeboren wurde und früh eine Leidenschaft für Backwaren entwickelte. „Ich liebe einfach gutes Brot“, sagt er.
Backwaren mit Dinkel seien aktuell ein großer Trend. „Vor einiger Zeit noch waren es zum Beispiel Chia-Brötchen oder Eiweißbrot“, sagt der Experte, der an diesem Tag in Lütjensee 57 Mal die Note „Sehr gut“ vergeben konnte, was einer vollen Punktzahl von 100 Punkten entspricht. Acht Brote wurden mit „Gut“ bewertet. 21 Mal wurde die Auszeichnung „Gold“ vergeben, die ein Produkt dann erhält, wenn es drei Jahre in Folge ein „Sehr gut“ erhalten hat. Und nicht nur der Brotprüfer ist zufrieden – auch Leif Zingelmann, der das Zertifikat mit einem Lächeln entgegennimmt. Fast alle seiner Backwaren haben mit „Sehr gut“ abgeschnitten. Die Urkunde wird sicher einen Platz im Verkaufsraum finden – in bester Gesellschaft mit den vielen anderen.