Barsbüttel. Siebeneinhalb Kilometer am Stück sind für 16-jährige Hannah Gätjen von der SG Stormarn Barsbüttel Alltag. Wie sie sich motiviert.
Gut gelaunt erscheint Hannah Gätjen zum Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt. Treffpunkt ist die Schwimmhalle am Soltausredder, die sportliche Heimat der 16 Jahre alten Ausdauerschwimmerin der SG Stormarn Barsbüttel.
Sportlich läuft für die junge Stormarnerin dieses Jahr bisher alles nach Plan. Für das große Saisonfinale – die Teilnahme an den Ende des Monats auf der griechischen Insel Korfu ausgetragenen Junioren-Europameisterschaften im Freiwasserschwimmen (29. September bis 1. Oktober) – hat sie das Ticket für einen Startplatz über 7,5 Kilometer längst in der Tasche.
SG Stormarn Barsbüttel: Ausdauerschwimmerin träumt von Olympia
Gleich zu Beginn macht Gätjen eine Ansage, die in ihrer Klarheit zunächst überrascht, im weiteren Verlauf des Gesprächs aber lediglich ein gesundes Selbstbewusstsein unterstreicht. „Eine Podiumsplatzierung ist auf jeden Fall drin, denn was ich kann, müssen andere auch erst einmal können“, sagt Gätjen. Mit einem Lächeln fügt sie hinzu. „Eigentlich sollte ich mir das vor jedem Rennen sagen, denn so selbstbewusst aufzutreten gelingt mir nicht immer.“
Die EM-Qualifikation schaffte Gätjen im Juni bei den am Guggenberger See in Nautraubing (Bayern) ausgetragenen gemeinsamen Internationalen Deutschen sowie nationalen Jugend- und Junioren-Meisterschaften. Die 16-Jährige gewann in ihrer Altersstufe (Jahrgang 2006) mit einer Zeit von 1:33:59 Stunden über 7,5 Kilometer den Titel. Gleiches Kunststück gelang ihr in ihrem Jahrgang über die Fünf-Kilometer-Distanz, wobei sie in der altersübergreifenden Wertung der offenen Klasse mit der drittschnellsten Zeit ebenfalls eine Podiumsplatzierung ergatterte.
Ausdauerschwimmerin trainiert neun- bis elfmal pro Woche
Neun- bis elfmal in der Woche trainiert die 16-Jährige gemeinsam mit der Leistungsgruppe der SG Stoba. Stabilitätsübungen an Land, Laufeinheiten und Fahrradfahren runden das intensive Trainingspensum ab. Seit rund sechs Jahren an der Seite von Gätjen ist Constantin Depmeyer, Trainer der SG Stoba und seit Juni 2019 Bundestrainer Nachwuchs Freiwasser des Deutschen Schwimm-Verbandes. „Die Symbiose stimmt einfach. Conny kennt mich besser als ich mich selbst“, sagt Gätjen und lächelt. „Er weiß, wie ich ticke, und merkt lange vor mir, wenn etwas mit mir nicht stimmt.“
Seit einiger Zeit Teil des Trainerteams im Leistungsbereich ist Sofia Otto. „Wir beide ziehen an einem Strang“, sagt die 16-Jährige. „Wenn Conny mal als Bundestrainer unterwegs ist, bietet Sofia eine ebenso hohe Trainingsintensität und hohes Trainingsniveau.“
Ausdauerschwimmerin ist eineinhalb Stunden auf sich allein gestellt
Eineinhalb Stunden allein auf sich gestellt zu sein, durchzuhalten und das letzte Quäntchen Kraft und Ausdauer aus sich herauszuholen – Langstreckenschwimmen in freien Gewässern erfordert eine enorme physische und mentale Stärke. Das ist auch Gätjen bewusst, die dabei mehr auf Eigenmotivation als auf Unterstützung von externer Seite setzt. „Ich komme mit mir selbst gut zurecht, kann mich selbst gut pushen“, sagt die junge Ausdauerathletin.
Wie Gätjen sich durch eigenen Antrieb zurück in die Spur bringt, zeigte sie eindrucksvoll vergangenes Jahr bei den Deutschen Jugendmeisterschaften in Mölln. Im Rennen über 7,5 Kilometer büßte sie kurz vor Schluss die Führung ein. Um zwei Hundertstelsekunden verpasste sie am Ende nicht nur die Goldmedaille, auch der Traum von der Qualifikation für die Weltmeisterschaft auf den Seychellen war geplatzt.
Auf bitterste Niederlage folgten zwei Triumpfe
Über Nacht fand Gätjen einen Weg, aufkommenden Selbstzweifel nach der bittersten Niederlage ihrer bisherigen Laufbahn niederzuringen. Sie wollte es allen anderen und vor allem sich selbst noch einmal beweisen. Mit Erfolg: Tags darauf gewann sie Gold über 2,5 Kilometer, einen weiteren Tag später holte sie eine weitere Goldmedaille über fünf Kilometer.
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In direkter Nachbarschaft zur Schwimmhalle besucht Gätjen die elfte Klasse der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule. Mit der Barsbütteler Lehranstalt unterhält die SG Stoba seit Langem eine Kooperation. Die Schwimmgemeinschaft nutzt einige der schulischen Räumlichkeiten für ihr Landtraining. Die Trainer der SG Stoba empfehlen im Gegenzug den jugendlichen Schwimmern einen Schulwechsel an den Soltausredder. „Dafür, dass die Schule mich für Wettkämpfe oder Trainingslager freistellt, bin ich äußerst dankbar“, sagt Gätjen, die den versäumten Stoff unterwegs durcharbeitet.
Eine Teilnahme an den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles (USA) ist der große sportliche Traum der 16-Jährigen. Die Zehn-Kilometer-Distanz ist seit 2008 olympisch. Die Leistungen der nationalen Spitzenschwimmerinnen verfolgt sie aufmerksam. „Deren Zeiten liegen natürlich für mich noch außer Reichweite“, sagt sie. Schmunzelnd fügt sie hinzu: „Auch wenn es hart und ein langer Weg sein wird, ich kann es schaffen.“