Trittau/Chicago. Rhönradturnerin Karina Peisker vom TSV Trittau reist zur Weltmeisterschaft nach Chicago. Was dann passiert, ist fantastisch.

Die Strapazen eines dreitägigen Kurztrips in die USA sind enorm. Freitags hin, sonntags zurück – mehr als 20 Stunden war Karina Peisker vom TSV Trittau mit dem Flugzeug unterwegs, zuzüglich der vielen Stunden des Wartens in den Schlangen vor den Sicherheitskontrollen und Abfluggates.

Am Ende schrieb die 23 Jahre alte Medizinstudentin vom TSV Trittau ein Stück Turngeschichte: Gemeinsam mit dem Team Deutschland holte sie in der am Lake Michigan gelegenen Millionenmetropole Chicago bei der Mannschaftsweltmeisterschaft im Rhönradturnen den Titel.

Karina Peisker: Junge Trittauerin schreibt in den USA Turngeschichte

Für Peisker war es der Höhepunkt eines bisher äußerst ereignisreichen Jahres. Als zweifache Einzelweltmeisterin von 2022 kürte der Kreissportverband Stormarn gemeinsam mit der Sparkasse Hol-stein und ihren Stiftungen die Trittauerin im Februar dieses Jahres zur Sportlerin des Jahres. Kurz zuvor begeisterte Peisker beim „Feuerwerk der Turnkunst“ – Europas erfolgreichster Turnshow – rund 7000 Zuschauer in der Kieler Wunderino-Arena mit einer einzigartigen Kombination aus spektakulären Schwierigkeitselementen, anmutender Eleganz und packender Musik.

Weitere Engagements über Künstlerportale folgten. „Manchmal bin ich einfach baff, wie schnell alles kommt und geht“, sagt die 23-Jährige mit einem Lächeln. „Monatelang fokussiere ich mich voll und ganz auf den einen Wettkampf, auf das eine Event, dann gehört alles im Handumdrehen – wie es das Beispiel Chicago zeigt – wieder der Vergangenheit an.“

Norddeutsche und deutsche Meisterschaften stehen an

Auf dem Plan hat Peisker bis Jahresende noch die Norddeutschen und Deutschen Meisterschaften. „Nach den großartigen Erlebnissen wird es mir sicherlich nicht leichtfallen, mich entsprechend zu fokussieren und zu motivieren“, sagt sie. „Der Weg zu den Einzel-Weltmeisterschaften im kommenden Jahr führt aber nur über entsprechend gute Leistungen bei den norddeutschen und anschließend bei den deutschen Titelkämpfen.“

Karina Peisker vom TSV Trittau gewinnt Mannschaftsweltmeisterschaft im Rhönradturnen.
Karina Peisker vom TSV Trittau gewinnt Mannschaftsweltmeisterschaft im Rhönradturnen. © Henrik Bagdassaian | Marek Krings

Das Medizinstudium verschlug die geborene Freisingerin vor einigen Jahren in den hohen Norden. Eine Wohnung fand sie im Westen Hamburgs, eine neue sportliche Heimat beim TSV Trittau. Dort traf die junge Turnerin auf die Erfolgstrainerin Sandra Trepte. Beide kannten einander von Wettkämpfen. Schnell war klar: Die Chemie stimmt, die gemeinsame Arbeit im Training ließ Großes erwarten. Die zwischenzeitliche Bilanz: Drei Weltmeistertitel, einmal WM-Bronze, ein zweiter Rang sowie zwei dritte Plätze bei Deutschen Meisterschaften.

Karina Peisker: Trittauer Jugendliche verfolgen großen Auftritt im Livestream

Das WM-Fieber grassierte natürlich auch in Trittau. In der Sporthalle an der Großenseer Straße stand an dem großen Wettkampftag ihres sportlichen Vorbilds für rund 25 Kinder und Jugendliche aus mehreren Vereinen ein Leistungstraining auf dem Programm. Geplant war, im Anschluss gemeinsam in der Halle per Livestream Karinas großen Auftritt zu verfolgen. „Wie vorgesehen, waren in Chicago zunächst die Jugendlichen an der Reihe“, sagt Trainerin Trepte. „Aufgrund einer längeren Pause sollte Karinas Auftritt nicht vor 0.30 Uhr nachts erfolgen. Das war für einige, die einen längeren Rückweg vor sich hatten, einfach zu spät.“

Planänderung: Der harte Kern der Trittauer Rhönradabteilung verließ gewohntes Terrain und zog um in den elterlichen Garten einer der jungen Turnerinnnen. Trepte lacht und sagt: „Auf dem Trampolin kämpften wir einige Stunden erfolgreich gegen die wachsende Nervosität und aufkommende Müdigkeit.“

Karina Peisker „auf dem Punkt da, das wird etwas Großes heute“

Das Warten sollte sich lohnen: Peisker zeigte in Chicago eine hervorragende Musikkür, für die sie mit 16,475 Punkten belohnt wurde. Acht Elemente mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad hatte die 23-Jährige in ihre Kür eingebaut. Gleich das erste Element der Kür ließ ihre Trainerin zunächst stocken, dann aufatmen. „Karina ging das erste schwierige Element mit etwas zu viel Schwung an, den sie dann aber gekonnt wieder herausnahm“, sagt Trepte. „Da war klar, Karina ist auf dem Punkt da, das wird etwas Großes heute.“

Die diesjährige Team-WM war der erste Wettkampf, bei dem nach neuen Wertungsbestimmungen des Internationalen Rhönrad-Verbands geturnt wurde. In jeder Disziplin – Spirale, Sprung, Musikkür – kann dabei ein maximaler Endwert von 20,00 Punkten erreicht werden. Team Deutschland war nach sechs Wertungsdurchgängen mit 98,45 Punkten der Titel sicher. Vizeweltmeister wurde die Schweiz (96,725), Bronze ging an Japan (91,75).

Karina Peisker will nach dem Medizinstudium Chirurgin werden

Peisker ist mittlerweile wieder zurück in Düsseldorf. Dort absolviert sie ein vierwöchiges Praktikum in der Abteilung Handchirurgie des BG Klinikum Duisburg. Nach dem wohlverdienten Urlaub geht es Ende September zurück an die Universität Hamburg. Dann beginnt das zehnte Semester.

Rekonstruktions-Chirurgie wäre für die angehende Medizinerin eine Option für die Zeit nach dem Studium. Dabei werden Formen und Funktionen des Körpers wiederhergestellt, etwa nach schweren Brandverletzungen oder Unfällen.