Ahrensburg. Besonders Bauingenieure fehlen. Jetzt geht auch der Leiter des Fachbereichs Straßenwesen. Weiteren Projekten droht Verschiebung.

Die Personalnot im Ahrensburger Rathaus spitzt sich dramatisch zu. Wie unsere Redaktion nun erfuhr, wird Stephan Schott, langjähriger Leiter des städtischen Tiefbauamtes, der Schlossstadt Mitte Mai den Rücken kehren und nach Hamburg wechseln. Sein Stellvertreter hat die Verwaltung bereits vor einigen Wochen verlassen. Damit sind im Fachdienst Straßenwesen nun nur noch 3,27 der vorgesehenen 10,14 Vollzeitstellen besetzt – und weiteren Straßenbauprojekten droht die Verschiebung oder Streichung.

Weggang des Tiefbauamtsleiters verschärft Personalmangel im Rathaus

Besonders alarmierend ist die Situation bei den Bauingenieuren: Von den acht Vollzeitstellen im Tiefbauamt sind 6,87 nach dem Abgang von Schott nicht besetzt. Der Bauingenieur hatte den Posten des Fachdienstleiters 2009 übernommen. Zu den Gründen, die zu der Entscheidung geführt haben, das Ahrensburger Rathaus zu verlassen, wollte Schott sich auf Anfrage nicht äußern. Es ist aber kein Geheimnis, dass die Arbeitsbelastung im Tiefbauamt ob der angespannten Personalsituation in letzter Zeit hoch war.

So hatte Schott etwa neben seinen Aufgaben als Fachbereichsleiter die Betreuung mehrerer Projekte von Kollegen übernommen, die die Verwaltung verlassen hatten. Auch gab es immer wieder Unmut darüber, dass einige Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung trotz Warnungen aus dem Rathaus immer wieder neue Projekte beschlossen.

Prestigeprojekt Hamburger Straße wurde auf 2023 verschoben

Schon in den vergangenen Monaten hatten mehrere Maßnahmen verschoben werden müssen, darunter das Prestigeprojekt Hamburger Straße. Aktuell werden dort die Versorgungsleitungen erneuert. Anschließend soll der Abschnitt im Zentrum zur Flaniermeile umgestaltet werden, die Arbeiten sollten in diesem Jahr beginnen.

Im November wurde das Projekt jedoch auf 2023 verschoben. Vorerst ganz gestrichen sind die Deckensanierung des Reeshoop und die Sanierung des Waldemar-Bonsels-Wegs. Derzeit arbeite die Verwaltung an einer Streichliste mit weiteren Projekten, sagt Rathaussprecher Fabian Dorow. „Das Bauamt wird die Übersicht im kommenden Bau- und Planungsausschuss vorlegen“, sagt er.

Seit März 2019 haben 54 Mitarbeiter die Ahrensburger Verwaltung verlassen

Insgesamt waren nach Verwaltungsangaben zum Stichtag 30. Juni 2021 40,21 der insgesamt 281,09 im Stellenplan vorgesehenen Vollzeitstellen nicht besetzt. Seit März 2019 haben 54 Mitarbeiter das Rathaus verlassen, 29 auf eigenen Wunsch, um in eine andere Kommune oder die Privatwirtschaft zu wechseln. 25 gingen in Rente oder Pension. Besonders mangelt es neben Bauingenieuren laut Dorow an Personal im Bereich IT.

Das Problem ist bereits seit geraumer Zeit bekannt. Die aktuelle Personalsituation im Tiefbauamt habe „gravierende Auswirkungen“ auf anstehende Projekte und werde „alle zusätzlich belasten“, sagt Bürgermeister Michael Sarach. Er hatte wiederholt darauf hingewiesen, dass der Handlungsspielraum der Stadt begrenzt sei.

Tarifvertrag und Besoldungsrecht setzen Stellenausschreibungen enge Grenzen

„Wir können mit den Gehältern, die in der freien Wirtschaft gezahlt werden, nicht mithalten“, sagt er. Die Verwaltung sei im Falle Angestellter an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) gebunden, bei Beamten an das Besoldungsrecht. Gerade in den Bereichen Bauingenieurwesen und IT gebe es ohnehin derzeit zu wenig Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt.

Vor demselben Problem stünden derzeit die meisten Kommunen. „Die Stellschrauben, die wir haben, nutzen wir“, sagt Sarach. So hatten die Stadtverordneten im März etwa beschlossen, Bewerber in Bereichen mit besonders angespannter Personalsituation im Einzelfall mit einer Gehaltszulage von bis zu 1000 Euro im Monat zu locken.

Öffnung vakanter Stellen für Beamte soll Abhilfe schaffen

Während ihrer jüngsten Sitzung haben die Politiker ein weiteres Instrument auf den Weg gebracht: Ausgeschriebene Angestelltenstellen sollen künftig auch für Beamte geöffnet werden. „Wir erhoffen uns davon eine Ausweitung des Kreises möglicher Bewerber“, sagt Sarach.

Der Hauptausschuss muss die Beschäftigtenstellen, sollte sich ein Beamter durchsetzen, anschließend in eine Beamtenstelle umwandeln. Bislang dürften Beamtenstellen zwar vorübergehend mit Beschäftigten besetzt werden, nicht aber umgekehrt. „Nach einer Übergangszeit müssen die Stellen dann umgewandelt werden“, erklärt der Bürgermeister. Davon habe Ahrensburg in den vergangenen Jahren vielfach Gebrauch gemacht.

CDU befürchtet langfristige finanzielle Auswirkungen durch mehr Beamte

„Deshalb ist mit der Öffnung von ausgeschriebenen Stellen auch keine exorbitante Zunahme der Beamtenposten zu erwarten“, sagt er. Denn einige Beamtenstellen seien in jüngster Vergangenheit durch die dauerhafte Besetzung mit Angestellten weggefallen. So seien im Rathaus aktuell nur 30 Beamte tätig.

Dennoch gab es von den Stadtverordneten auch Widerspruch. Die CDU votierte gegen den Vorstoß. „Zusätzliche Beamtenstellen haben langfristige finanzielle Auswirkungen auf die Stadtkasse“, warnte Bernd Röper und verwies auf entstehende Pensionsansprüche. Lieber solle jede Personalie einzeln geprüft werden. Sarach verwies jedoch darauf, dass dies zu viel Zeit in Anspruch nehme: „Wenn wir bei jeder Stelle zuerst die Politik fragen müssen, gehen die Bewerber in der Zwischenzeit woanders hin.“

Hamburg macht mit besserer Bezahlung und Verkehrsanbindung Konkurrenz

Es gelte, zügig zu handeln. „Wir wollen die Zahl der Beamten nicht unaufhörlich in die Höhe treiben“, versicherte der Bürgermeister. Zudem würden keine zusätzlichen Personen verbeamtet, es gehe lediglich darum, auch bereits als Beamte in anderen Kommunen tätigen Personen die Bewerbung zu ermöglichen. Die anderen Fraktionen erkannten die Dringlichkeit an und folgten dem Vorschlag der Verwaltung.

Ob dieser jedoch kurzfristig Linderung bringen kann, ist offen. „Eine Stadt von der Größe Ahrensburgs kann nicht mit den Möglichkeiten mithalten, die Hamburg Fachkräften bieten kann“, sagt Sarach. Die größeren Behörden ermöglichten eine finanzielle Höhergruppierung der Stellen, auch die Wohnortnähe und die Verkehrsanbindung machten die Metropole attraktiv.

Bauamtsleiter soll den Posten kommissarisch übernehmen

Die Stelle des Tiefbauamtsleiters soll vorerst Bauamtschef Peter Kania kommissarisch neben seinen übrigen Aufgaben übernehmen. „Die erste Aufgabe meines Nachfolgers wird es sein, hier eine Lösung zu finden“, sagt der zum 1. Mai aus dem Amt scheidende Verwaltungschef. Den gewählten neuen Bürgermeister, den Mathematiker Eckart Boege (SPD), beneide er nicht.