Ahrensburg. In der Dorfstraße im Stadtteil Ahrensfelde gilt Tempo 30. Dennoch blinken die neuen Anzeigen bis 50 Kilometer pro Stunde in Grün.
Eigentlich könnte Peter Körner zufrieden sein. In den vergangenen Tagen haben Mitarbeiter der Stadtbetriebe zwei Geschwindigkeits-Anzeigetafeln an der Ahrensfelder Ortsdurchfahrt angebracht. Seit Jahren klagen die Anwohner des Stadtteils im Ahrensburger Süden über Raser in der Dorfstraße, in der eigentlich Tempo 30 gilt. Körner, der selbst an der Straße wohnt und Vorsitzender der Dorfgemeinschaft Ahrensfelde (DGA) ist, hatte wiederholt den Kontakt mit der Politik gesucht, Ideen vorgeschlagen, wie man die Raser ausbremsen könnte.
Trauriger Smiley kommt erst bei Tempo von 57 km/h
Auch die Tafeln waren einer dieser Vorschläge. „Insofern sind wir froh, dass die Stadt endlich gehandelt hat“, sagt Körner. Doch es gibt einen entscheidenden Haken: Die Anzeiger bedenken auch Autofahrer, die zu schnell unterwegs sind, mit einem grünen Lächeln.
„Das macht natürlich überhaupt keinen Sinn, es ist sogar eher kontraproduktiv“, sagt der DGA-Vorsitzende. „Den Autofahrern wird dadurch suggeriert, dass hier gar nicht Tempo 30 gilt.“ Insofern animierten die neuen Tafeln eher noch zum Rasen, beklagt er. Das Problem lässt sich unschwer beobachten. Mehrere Autos sausen an dem Gerät am Ortseingang aus Richtung Großhansdorf kommend vorbei, viele mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit. 42, 46, 47 Kilometer pro Stunde zeigt die Tafel an – in grün, dazu einen lachenden Smiley. Erst als ein Fahrzeug das Gerät mit Tempo 57 passiert, springt die Anzeige auf rot und einen traurigen Smiley.
Die Anzeige sorgt für Verwirrung bei Autofahrern
„Als ich das gesehen habe, habe ich das im ersten Moment für einen Schildbürgerstreich gehalten“, sagt Werner Zillmann, Körners Stellvertreter, der in Sichtweite des Messgerätes wohnt. Auch Gabriela Schwintzer ist empört. „Dieses Ding soll doch zum Langsamfahren verleiten und die Fahrer an das Tempolimit erinnern“, sagt die Ahrensfelderin. Stattdessen sorge es jetzt für Verwirrung. „Eigentlich sind wir aufs Dorf gezogen, weil wir dachten, es wäre hier schön ruhig, ergänzt ihr Ehemann Peter.
Nach Einschätzung von Peter Körner halten sich rund 70 Prozent der Autofahrer nicht an das Tempolimit: „Rücksichtslose Überholmanöver und viel zu schnelles Vorbeifahren an parkenden Pkw sind an der Tagesordnung.“ Anwohner hätten bereits 26 Verkehrsunfälle gezählt. Rebecca Schäfer hat mit ihrem Sohn Noah (9) eine solche gefährliche Situation an der Dorfstraße schon erlebt. „Ich habe meinen Sohn zum Schulbus gebracht, da wurde er beinahe angefahren“, erzählt die Ahrensfelderin.
Geräte werden mit voreingestellter Schwelle ausgeliefert
Ein Wagen habe gehalten, um dem Jungen das Überqueren der Straße zu ermöglichen, als ein anderer Fahrer von hinten angerast gekommen sei und überholt habe. „Ich konnte Noah im letzen Moment zurück auf den Bürgersteig ziehen.“ Bei Peter Körner haben sich in den vergangenen Tagen bereits zahlreiche Nachbarn gemeldet. „Es gab schon die Sorge, dass Tempo 30 aufgehoben worden sein könnte“, sagt er. Der DGA-Vorsitzende hat inzwischen im Ahrensburger Rathaus nachgefragt.
„Mir wurde versichert, dass die beiden Geräte nur noch nicht richtig eingestellt sind und das in naher Zukunft geschehen soll“, sagt Körner. Misstrauisch bleibt er, sagt: „Mit den Erfahrungen, die wir bisher bei unserem Werben um verkehrsberuhigende Maßnahmen gemacht haben, wage ich keine Prognose abzugeben, wann die Anzeigen wirklich umgestellt werden.“ Dabei sei schnelles Handeln entscheidend. „Sonst setzt sich das falsche Tempolimit in den Köpfen fest.“
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Auf Abendblatt-Anfrage heißt es aus der Ahrensburger Verwaltung, es handele sich um einen Übergangszustand. „Ich bitte darum, den Kollegen etwas mehr Zeit zu geben“, sagt Stephan Schott, Leiter des Tiefbauamtes. Die Geräte würden mit der voreingestellten Schwelle von 50 Kilometern pro Stunde ausgeliefert. „Alle weitere Einstellungen können erst nach der Installation vor Ort vorgenommen werden“, so Schott.
Verwaltung verspricht, Geräte in Kürze richtig zu kalibrieren
Der Tiefbauamtsleiter versichert, dass die notwendigen Einstellungen schnellstmöglich, „sehr wahrscheinlich schon in den kommenden Tagen“, vorgenommen werden. Die Installation der beiden Anzeige-Tafeln hatten Ahrensburgs Stadtverordnete in diesem September beschlossen. Eine dritte soll am Teichweg aufgehängt werden. Jedes Gerät kostet rund 5000 Euro.
Die Route Brauner Hirsch – Dorfstraße – Ostring verbindet die ehemalige Bundesstraße 75 mit dem Autobahn-Anschluss Ahrensburg. Aus dem Hamburger Osten (Volksdorf, Meiendorf) kommend ist sie die schnellste Verbindung zur A 1. Täglich sind auf der Strecke rund 8800 Fahrzeuge unterwegs, sie gilt trotz Tempo 30 als Hauptverkehrsachse im Ahrensburger Süden.
Verein fordert weitere Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung
Die DGA befürchtet, dass es noch mehr werden, sobald der Bahnübergang am Braunen Hirsch im Zuge des Baues der S-Bahnlinie 4 durch eine Brücke ersetzt worden ist. Der Verein fordert weitere Maßnahmen, darunter eine Verkehrsinsel am nördlichen Ortseingang, ein Überholverbot und die Sperrung der Strecke für Lkw über 7,5 Tonnen. Zurzeit wird im Rathaus zudem ein Umbau der Einmündung Dorfstraße/Teichstraße zu einem Mini-Kreisel geprüft.
Indes scheint die Verwaltung in Sachen Tempo-Anzeigen bereits kurz nach der Anfrage des Abendblattes tätig geworden zu sein: Anwohner der Dorfstraße wollen beobachtet haben, wie Mitarbeiter der Stadtbetriebe die Tafeln am Mittwochabend kurzerhand wieder deaktivierten.