Ahrensburg. Schleswig-Holstein lockert ab 9. Februar die Corona-Regeln in Geschäften und Gastronomie. Nicht alle finden die Entscheidung richtig.

Es ist ein Schritt Richtung Normalität: Ab dem 9. Februar lockert das Land Schleswig-Holstein einige Corona-Regeln. Trotz hoher Infektionszahlen fällt die 2G-Regel im Einzelhandel weg, dann gilt nur noch die Maskenpflicht. In der Gastronomie entfällt die Sperrstunde ab 23 Uhr, 2G-plus hingegen bleibt. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) begründet den Schritt mit der hohen Impfquote, der geringeren Gefahr durch Omikron und die beherrschbare Lage in Krankenhäusern. Was sagen Einzelhändler, Gastronomen und Kunden zu den Lockerungen?

Stormarner Händler und Kunden blicken gespalten auf Ende der 2G-Pflicht

Der Tenor der Einzelhändler ist deutlich: Sie begrüßen das Ende der 2G-Regel. „Wir freuen uns auf die Lockerungen“, sagen Karin Grimme und Gabriele Jestel, Inhaberinnen des Secondhandladens Känguruh in der Ahrensburger Innenstadt. „Uns sind unter 2G auf jeden Fall Kunden weggeblieben.“ Immer wieder hätten sie zudem Ungeimpften den Zutritt verwehren müssen. Sorgen um ihre Sicherheit oder die ihrer Kunden machen sie sich nicht. „Omikron ist nicht mehr so gefährlich wie die vorherigen Varianten. Die Maskenpflicht wird es ja weiterhin geben“, sagen sie.

Ähnlich sieht es auch Renate Christensen, Inhaberin des Bekleidungsgeschäfts H2O an der Großen Straße. „Es können auch wieder Kunden kommen, die nicht geimpft sind, das finde ich gut“, sagt sie. Dass die in der Vergangenheit fernbleiben mussten, habe sich am Umsatz bemerkbar gemacht. Dankbar ist sie ihren Stammkunden. Christensen: „Ich habe viel Rückhalt erfahren.“

Kontrolle der Nachweise war für Händler aufwendig

Karin Grimme und Gabriele Jestel, Inhaberinnen des Geschäfts Secondhandladens Känguruh, begrüßen die Lockerungen.
Karin Grimme und Gabriele Jestel, Inhaberinnen des Geschäfts Secondhandladens Känguruh, begrüßen die Lockerungen. © Juliane Minow | Juliane Minow

Auch Ulrike Nelkowski, Inhaberin des Modegeschäfts Schnieke Stücke in Ahrensburg, hält die Lockerungen für richtig. „Das Kontrollieren der 2G-Nachweise ist für mich mit einem großen Aufwand verbunden und hat bei Kunden eine zusätzliche Hemmschwelle für einen Einkauf aufgebaut.“ Den verringerten Umsatz habe Nelkowski deutlich gespürt. Ob ihr Geschäft überhaupt überlebe, werde sich erst im Laufe des Jahres zeigen. „Wir haben viele Kunden an den Onlinehandel verloren, die kommen auch nicht zurück“, sagt sie.

Grundsätzlich hätte sie sich mehr Unterstützung von der Politik gewünscht. Stattdessen seien den Einzelhändlern ständig Steine in den Weg gelegt worden. „Die Regeln wurden so oft geändert, dass wir kaum planen konnten.“ Trotzdem ist auch sie dankbar für die Solidarität ihrer Stammkunden. Nelkowski: „Auf die konnte ich mich in dieser schwierigen Zeit verlassen.“

Das Infektionsrisiko für Mitarbeiter steigt

Auch die Händlerverbände atmen auf. „Der Wegfall der 2G-Regelung wird dem Einzelhandel Erleichterung bringen“, ist Andreas Werning überzeugt. Der Ahrensburger ist stellvertretender Vorsitzender der Kaufleutevereinigung Stadtforum und betreibt zwei Juweliergeschäfte am Rondeel und an der Großen Straße. „2G ist eine Umsatzbremse“, sagt er. Erst vor wenigen Tagen habe ein Gespräch mit einem Kollegen aus Niedersachsen gehabt. „Das war ja eines der ersten Bundesländer, in dem die Regelung nach einem Gerichtsurteil aufgehoben wurde. Er hatte danach spürbar mehr Kunden in seinem Laden.“

Dennoch sei der Wegfall von 2G ein zweischneidiges Schwert. „Einerseits hoffen wir auf mehr Kundschaft, andererseits steigt das Infektionsrisiko für die Mitarbeiter“, gibt Werning zu bedenken. Er sagt: „Ich kann es mir nicht leisten, die Hälfte meiner Belegschaft in Quarantäne zu schicken. So geht es vielen anderen kleineren Betrieben auch.“

Bei den Kunden gehen die Meinungen auseinander

Der Juwelier Andreas Werning ist stellvertretender Vorsitzender der Ahrensburger Kaufleutevereinigung Stadtforum.
Der Juwelier Andreas Werning ist stellvertretender Vorsitzender der Ahrensburger Kaufleutevereinigung Stadtforum. © Filip Schwen | Filip Schwen

Bei Uwe Bölt, dem Vorsitzenden der Gewerbevereinigung Glinde (GVG), überwiegt der Optimismus. „Je mehr Beschränkungen es gibt, desto weniger Lust haben die Kunden, einkaufen zu gehen“, sagt er. Insofern sei jede Beschränkung, die wegfalle, gut. „Dennoch wird es wohl noch eine ganze Zeit brauchen, bis die Umsätze wieder das Niveau von vor der Pandemie erreichen“, sagt Bölt.

Bei den Kunden gehen die Meinungen auseinander. Daniel Jürgens aus Ahrensburg begrüßt die Erleichterungen. Seiner Meinung nach sind das Schritte hin zu einer Normalität. „Das hilft nicht nur der Wirtschaft, auch ich als Privatperson finde das gut“, sagt er. Omikron sei nicht mehr so gefährlich wie vorherige Varianten. Jürgens ergänzt: „Angesichts der hohen Impfquote im Land fühle ich mich relativ sicher.“

Gastronomen hatten auf weitere Lockerungen gehofft

Jutta Möller hingegen hält Lockerungen zum aktuellen Zeitpunkt angesichts hoher Infektionszahlen für falsch. „Ich fand es gut, dass beim Einkaufen Nachweise verlangt wurden“, sagt sie. Sie selbst meide die Geschäfte zurzeit eher. Der Wegfall von 2G bereitet der Ahrensburgerin Sorgen. „Bis es wieder besser wird, mache ich keine unnötigen Einkäufe. Ich bleibe vorsichtig“, sagt sie.

Unmut über die Lockerungen kommt von den Gastronomen. „Wir hätten uns gewünscht, dass wir stärker berücksichtigt werden“, sagt Axel Strehl, Inhaber des gleichnamigen Restaurants am Reeshoop in Ahrensburg und Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Schleswig-Holstein. Vor allem auf einen Wegfall der Beschränkung privater Veranstaltungen auf zehn Personen habe die Branche gehofft. Die gilt nämlich weiterhin. Strehl: „Vielen Kollegen, die von Firmen- oder Familienfeiern leben, bereitet diese Begrenzung große Probleme.“

Nicht alle Restaurantbetreiber stehen 2G-plus ablehnend gegenüber

Die Aufhebung der Sperrstunde begrüßt der Dehoga-Präsident. Davon profitierten vor allem Kneipen, Bars und Gaststätten mit Tresenbetrieb, die ab 23 Uhr ihr Hauptgeschäft machen. Zu 2G-plus gibt es in der Branche laut Strehl unterschiedliche Meinungen. „Einige Kollegen wollen die Regelung möglichst schnell gekippt haben, andere vertreten die Einschätzung, dass gerade sie dazu beiträgt, dass Kunden wieder ausgehen. Sie befürchten, dass eine Aufhebung sogar zu einem Gästerückgang führen könnte“, sagt der Gastronom. Der Dehoga-Chef hofft jetzt auf weitere Lockerungen im März. Strehl sagt: „Die Situation ist für die Branche unbefriedigend, aber wir sehen Licht am Ende des Tunnels.“