Wedel. Vor der Entscheidung am Sonntag berichten Julia Fisauli-Aalto und Timo Steyer über die letzten Tage und den „Kuschelwahlkampf“.

Nur noch wenige Tage, dann wählt Wedel einen neuen Bürgermeister in einer Stichwahl. Am Sonntag, 8. Dezember, entscheiden gut 27.000 Wahlberechtigte, ob die CDU-Kandidatin Julia-Fisauli Aalto die kommenden sechs Jahre an der Spitze der Verwaltung steht. Oder aber sie entscheiden sich für den parteilosen Bewerber Timo Steyer als neuen Bürgermeister von Wedel. Wie ist die Stimmung vor dem weichenstellenden Votum?

Lediglich die SPD in der Stadt spricht vor der anstehenden Entscheidung auf der Homepage indirekt eine Wahlempfehlung aus. Die Genossen warnen dabei vor einer zu dominanten Rolle der CDU und weisen darauf hin, dass viele Herausforderungen der Stadt wegen falscher Entscheidungen der größten Ratsfraktion entstanden seien. Der Wedeler Ortsverein der Christdemokraten schießt verbal zurück.

Bürgermeister in Wedel: Wird es Julia Fisauli-Aalto oder Timo Steyer?

In der ersten Runde der Bürgermeisterwahl vor knapp drei Wochen lag die CDU-Kandidatin Fisauli-Aalto (51) mit 49,1 Prozent der Stimmen klar vorn und verpasste nur knapp die direkte Wahl per absoluter Mehrheit. Bekanntlich führt die Unionsfrau seit der Abwahl von Gernot Kaser die Verwaltung bereits stellvertretend. Timo Steyer zog mit 22,1 Prozent der Stimmen in die Stichwahl ein. „Das Ergebnis im ersten Wahlgang war sehr deutlich“, sagt Steyer. Dies habe bei ihm zu einem Strategiewechsel im Wahlkampf geführt.

Nachdem er zuvor insbesondere auf digitaler Ebene um Wählerstimmen gekämpft hatte, versuchte er es in den vergangenen gut zwei Wochen vermehrt auf klassischer Ebene – und war „hochfrequent“ auf Wochenmärkten oder in den Welau Arcaden in Wedel unterwegs, um die Wedeler von sich und seinen Ansichten zu überzeugen.

Chefposten im Rathaus: Timo Steyer will Wedeler Wähler mobilisieren

Steyer, hauptberuflich in der Medienbranche als Direktor für digitale Strategien und Kundenberatung tätig, ist darauf angewiesen, Stimmen von den in der ersten Runde unterlegenen Kandidaten Claudia Wittburg (SPD, 19,8 Prozent) und Andreas Kuhn (parteilos, 9,1 Prozent) zu erhalten. Und vor allem auch aus der großen Nichtwählerschaft, die er mobilisieren möchte. Die Wahlbeteiligung lag insgesamt bei 41,6 Prozent.

Bürgermeisterwahl Wedel
Vor der Bürgermeisterwahl in Wedel bei der Podiumsdiskussion im Johann-Rist-Gymnasium: Timo Steyer (parteilos, v. l.), Julia Fisauli-Aalto (CDU), Claudia Wittburg (SPD) und Andreas Kuhn (parteilos). In die Stichwahl zogen die CDU-Politikerin und der parteilose Steyer ein. © Frederik Büll | Frederik Büll

Erfahrungsgemäß ist die Wahlbeteiligung bei einer Stichwahl meist noch geringer. Diesem Trend hoffen die beiden Kandidaten entgegenzuwirken. Steyer ist aus seiner Sicht viel mehr darauf angewiesen, weil er 3049 Stimmen weniger als Fisauli-Aalto holte. Im Einzugsgebiet der Albert-Schweitzer-Schule lag die Beteiligung in Runde eins beispielsweise bei nur 29,6 Prozent, im Bereich Moorweg waren es fast 50 Prozent, im Wedeler Norden am Johann-Rist-Gymnasium gab es mit 55 Prozent die höchste Wahlbeteiligung.

Wedels Bürgermeisterkandidat Steyer: „Ich kann ihr nur raten, sich ihrer Sache nicht zu sicher zu sein“

Trotz Fisauli-Aaltos bisherigem Vorteil in der Wählergunst gibt sich der 42 Jahre alte Steyer hoffnungsvoll und kämpferisch. „Es wird ein enges Rennen. Trotz des Vorsprungs. Ich kann ihr nur raten, sich ihrer Sache nicht zu sicher zu sein“, sagt Steyer.

In den Wedeler Facebook-Gruppen hatte es zuletzt Kritik gegeben an der laschen Art der Wahlkampfführung, der mehr an einen „Kuschelwahlkampf“ erinnern würde. „Die Herausforderungen für Wedel sind klar und für alle Bewerber gleich. Dann ist es aus meiner Sicht auch verständlich, dass die inhaltlichen Unterschiede auch nicht riesengroß sind“, sagt der in Wedel geborene und aufgewachsene Steyer.

Fisauli-Aalto: „Wozu sollte man sich persönlich angehen, wenn sachlich und fachlich alles klar ist?“

Er begrüße es sehr, dass der Wahlkampf auf inhaltlicher und nicht auf persönlicher Ebene geführt worden ist. Allen Kandidaten sei das Fair Play und ein kooperativer Umgang untereinander wichtig gewesen. Es ging wertschätzend, fast schon freundschaftlich zu. Alle vier Kandidaten duzen sich.

„Aus meiner Sicht ergeben Angriffe auf persönlicher Ebene keinen Sinn“, meint Steyer. So etwas gehöre sich einfach nicht, weil sich in einer Kleinstadt wie Wedel „alle nach dem Wahlkampf auch wieder in die Augen gucken müssen“. Fisauli-Aalto pflichtet ihm bei: „Ich bin absolut kooperativ und der festen Überzeugung, dass das der Weg sein muss. Schließlich sind wir auf kommunaler Ebene und treffen uns alle immer wieder. Wozu sollte man sich persönlich angehen, wenn sachlich und fachlich alles klar ist?“

Wedel hat 100 Millionen Euro Schulden – Haushaltsentwurf noch nicht genehmigt

Beherrschendes Thema ist das riesige Haushaltsdefizit Wedels von 100 Millionen Euro und den dazugehörigen Wegen aus dieser Krise. Zuletzt hatte die Landesregierung einen ersten Entwurf für 2025 abgelehnt, der ein Minus von gut 17,4 Millionen Euro aufwies. In den kommenden Wochen muss für eine Genehmigung an noch zu bestimmenden Stellschrauben dringend finanziell gedreht werden. Kurz: Es muss hart gespart werden.

Wer dann künftig Impulse im Rathaus setzen darf, entscheidet sich am Sonntag. Gewählt wird zwischen 8 und 18 Uhr in sieben Wahllokalen in der Stadt. „Am Sonntag werde ich mit meiner Familie erstmal ein ausgiebiges Adventsfrühstück machen“, sagt die Bürgermeisterkandidatin über ihren Tagesablauf.

Wedel: Bürgermeisterkandidatin Fisauli-Aalto richtet Dankesfeier für Helfer aus

Anschließend werde sie noch ein wenig beruflich die folgende Woche vorbereiten. Von 16 Uhr an gibt es eine kleine Dankesfeier „für alle Helferinnen und Helfer bei einem netten Italiener in Wedel“. Die Interimsbürgermeisterin sagt: „Es hat mich sehr berührt, wie ich von Freunden und Freundinnen und von Parteikolleginnen und Kollegen unterstützt wurde. Ob beim Plakate putzen und aufstellen, beim Flyer verteilen, ob als Schutzschild bei Facebook oder als Unterstützung am Wahlkampfstand, jeder und jede war eine Bereicherung!“

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Timo Steyer möchte auf denselben Ablauf des Wahlsonntags vom 17. November setzen. Der Tag beginnt mit einem gemütlichen Frühstück mit Partnerin Martina und den Söhnen. Anschließend gibt es einen ausgiebigen Spaziergang durch die Stadt, „um die Stimmung aufzusaugen“.

Abends sind beide Kandidaten im Ratssaal, wenn die Ergebnisse ausgezählt werden. Die Verwaltung hat auf ihrer Homepage wichtige Wahlinfos für die Bürger zusammengestellt. Ist Fisauli-Aalto sicher, Bürgermeisterin zu werden? „Ich bin überhaupt nicht sicher. Ich habe mich sehr über das erste Wahlergebnis gefreut, weiß aber auch, wie fragil eine Stichwahl ist. Insofern ist alles auf null gesetzt, und am Sonntag wissen wir mehr.“

Inhalte und Wahlkampftermine: www.juliafisauli.de und www.timosteyer.de