Bönningstedt. Am Stadtrand formiert sich Widerstand gegen einen Hamburger Investor. Er plant dort fünf riesige Anlagen. Das sind die Argumente.

Große Aufregung herrscht in der 4615 Einwohner zählenden Gemeinde Bönningstedt direkt an der Stadtgrenze zu Hamburg. Ein Investor aus der Hansestadt plant, dort im nördlichen Ortsteil Winzeldorf, fünf jeweils 241 Meter hohe Windkraftanlagen zu errichten. Das hat zahlreiche Anwohner aufgeschreckt.

Etwa 60 aufgebrachte Bürgerinnen und Bürger kamen jetzt zur Sitzung des Bauausschusses, um lautstark ihren Unmut über diese geplante „Windindustrieanlage“ kundzutun, die ihr Landschaftsschutzgebiet vor der Haustür zerstören und den Wert ihrer Häuser erheblich vermindern würde.

Bönningstedt: Fünf Windkraftanlagen auf 90 Hektar Fläche mit 241 Meter Höhe geplant

Die meisten kamen zu Wort und konnten ihren Ärger äußern, wenn auch der Ausschussvorsitzende Björn Kass (CDU) reichlich Mühe hatte, den verbalen Tumult zu moderieren. Gleichwohl beschloss das Bönningstedter Gremium gegen eine Stimme, das notwendige Bauleitverfahren für den Windpark einzuleiten.

So soll eine etwa 90 Hektar große Fläche nördlich und südlich des Tangstedter Weges und des Wulfsmühlenweges an der Bek als Sondergebiet Windpark ausgewiesen werden. Bürgermeister Rolf Lammert wurde  beauftragt, mit dem Investor Greenfox Energy aus Hamburg einen städtebaulichen Vertrag für das Projekt abzuschließen.

Der Zuschauerraum war voller Kritiker, als der Bauausschuss in Bönningstedt jetzt den Aufstellungsbeschluss mehrheitlich fasste, um das Gebiet im Norden des Ortes in ein Sondergebiet Windpark auszuweisen.
Der Zuschauerraum war voller Kritiker, als der Bauausschuss in Bönningstedt jetzt den Aufstellungsbeschluss mehrheitlich fasste, um das Gebiet im Norden des Ortes in ein Sondergebiet Windpark auszuweisen. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Die Anlieger würden noch einmal gesondert auf einer Einwohnerversammlung über alle Details des geplanten Windparks informiert werden, versuchte Kass die Gemüter zu beruhigen. Zudem könnten sie im weiteren Anhörungsverfahren danach noch ihre kritischen Anmerkungen und Bedenken schriftlich äußern, die dann von den politischen Gremien abgewogen werden.

Das Verfahren wird voraussichtlich 1,5 Jahre dauern

„Das Ganze dauert bestimmt eineinhalb Jahre, bis es endgültig beschlossen würde“, erklärte Kass. „Wir brauchen aber erst einmal Daten und Fakten dazu.“ Die sollen jetzt die Gutachten liefern, die der Investor beauftragen und auch bezahlen müsse. Und die würden abklären, wie hoch der Geräuschpegel und wie der Schattenschlag sein wird, den die Windräder erzeugen.

Anlieger Klaus Niemöhlmann, der mit seiner Frau vor fünf Jahren nach Bönningstedt in die Winzeldorfer Straße gezogen ist und etwa einen Kilometer von dem nächsten Windrad entfernt wohnen würde, kann das nicht nachvollziehen. „Ich verstehe nicht, welchen Nutzen das für die Gemeinde Bönningstedt haben soll.“ Er glaubt, dass die Immobilienpreise purzeln und der Zuzug der Menschen aus Hamburg in den Vorort mit seiner bisherigen grünen Idylle vorbei sein werde, wenn diese „Riesen-Windräder“ die „Natur unwiederbringlich zerstören“ würden.

Anwohner Niemöhlmann will eine Bürgerinitiative gründen

„Diese Türme wären fast so hoch wie der Hamburger Fernsehturm“, ärgert er sich und fürchtet, dass allein seine gekaufte Immobilie etwa 150.000 Euro an Wert verlöre, wenn die Winzeldorfer Landschaft plötzlich zu einer „Industriezone“ würde. „Alle Menschen,. Mit denen ich in Bönningstedt gesprochen habe, sind gegen diesen Windpark“, sagt Niemöhlmann und kündigt an, eine Bürgerinitiative dagegen zu gründen. Etwa 30 Mitstreiter habe er bereits.

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Einige weitere Kritiker äußerten sich vor den Bönningstedter Kommunalpolitikern. So klagte Martin Steiner, der am Wulfsmühlenweg wohnt, dass das Erbe seines Vaters auf dem Spiel stünde. Der habe seinerzeit durchgesetzt, dass dieses Gebiet zu einem Landschaftsschutzgebiet erklärt wurde. „Jetzt soll dieses  Landschaftsschutzgebiet kaputtgemacht werden“, kritisiert Steiner. „Da leben seltene Vögel und andere Tiere.“ Radfahrer kämen zu Tausenden aus Hamburg, um hier radelnd die „grüne Natur“ zu genießen, sagte er. Das alles werde zerstört „und die Leute werden ruiniert“, warnte er.

CDU-Politiker Kass: Die Gemeinde bekommt 80.000 Euro im Jahr

CDU-Politiker Kass argumentierte, der geplante Windpark würde sowohl der Gemeinde wie auch den Bürgern einen Mehrwert bringen. So habe der Investor angekündigt, dass Bönningstedt und die ebenfalls mitbetroffenen Nachbargemeinden Ellerbek, Tangstedt und Hasloh mit ihren zusammen 15.000 Einwohnern jedes Jahr rund 250.000 Euro an Ertrag vom Windkraftbetreiber erhalten würden, was für Bönningstedt allein etwa 80.000 Euro ausmachen werde.

CDU-Politiker und Bauausschussvorsitzender Björn Kass: Der geplante Windpark hat einen direkten finanziellen Vorteil für die Bönningstedter Bürgerinnen und Bürger.
CDU-Politiker und Bauausschussvorsitzender Björn Kass: Der geplante Windpark hat einen direkten finanziellen Vorteil für die Bönningstedter Bürgerinnen und Bürger. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Zudem verspräche der Windpark den Bönningstedtern erheblich günstigere Stromtarife, die um bis zu 15 Cent oder etwa ein Drittel sinken würden, wenn der grüne Windstrom in Bönningstedt produziert wird. „Es gibt also einen direkten Vorteil für die Bönningsteder Bürgerinnen und Bürger“, sagte Kass. Dem widersprach Anwohner Arne Hansen. „Hier gibt es einen Nutzen für wenige, aber einen Schaden für viele.“

Der erzeugte Windstrom würde für gut 30.000 Haushalte reichen

Der Investor Greenfox Energy, der sich nicht auf der Sitzung dazu äußerte, hat angekündigt, dass die fünf jeweils sechs Megawatt-Windkraftanlagen zusammen 106.000 Megawattstunden Strom im Jahr erzeugen würden. Damit ließe sich der Jahresverbrauch von mindestens 30.000 Haushalten mit Strom versorgen.

Bönningstedts Grünen-Fraktionschef Michael Terrey (rechts) ist gegen den Windpark. Diese fünf Fernsehtürme, wie ich sie nenne, passen nicht in unsere Landschaft. 
Bönningstedts Grünen-Fraktionschef Michael Terrey (rechts) ist gegen den Windpark. Diese fünf Fernsehtürme, wie ich sie nenne, passen nicht in unsere Landschaft.  © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Weitere kritische Fragen drehten sich darum, wie die großen Rotoren und Masten überhaupt auf die bislang landwirtschaftlich genutzte Fläche kommen sollen. Dazu müssten die Wege durch die Feldmark natürlich verbreitert werden, erklärte Politiker Kass. Aber diese würden wieder  zurückgebaut. „Da gibt es hohe Auflagen der Umweltbehörden“, sagte Kass, der selbst Straßenbauingenieur sei.

Grünen-Fraktionschef Terrey ist gegen das Projekt

Aber auch innerhalb der Bönningstedter Politik regt sich Widerstand gegen das Windkraftprojekt. Ausgerechnet der Grünen-Fraktionschef Michael Terrey stimmte gegen das Vorhaben. „Ich halte es für zu überdimensioniert für Bönningstedter Bedürfnisse“, sagt er. „Diese fünf Fernsehtürme, wie ich sie nenne, passen nicht in unsere Landschaft. Der Eingriff in die Natur ist zu gravierend“, findet er. Dafür würde für die Bürger zu wenig bei rumkommen. „Wenn ich den Strom selber erzeuge, sinken die Kosten auf ein Viertel.“