Haseldorf. Betreiber wpd möchte im Kreis Pinneberg zehn Anlagen zwischen den H-Dörfern aufstellen. So konkret sind die Pläne schon.

In früheren Jahren gab es sie zuhauf: Handelsvertreter, die von Dorf zu Dorf zogen, um Waren an den Mann oder die Frau zu bringen. Kleinere Vertreter dieser Zunft sind selten geworden, doch ein ganz dicker Fisch hat sich nun die Haseldorfer Marsch vorgenommen.

Windparkbauer und -betreiber wpd wendet sich eigeninitiativ an alle Grundstückseigentümer der Region und will diesen den Verkauf ihrer Liegenschaften schmackhaft machen. Hier soll zwischen Haseldorf, Heist, Holm und Hetlingen ein Windpark mit zehn Windrädern von bis zu 250 Metern Höhe entstehen.

Windparkbauer wpd präsentiert in nicht öffentlicher Sitzung den Grundstückseignern das Projekt

Im Februar bekamen die Gemeinden nicht-öffentlichen Besuch von wpd. Nun haben die Gemeindevertreter in ihren Umweltausschüssen Bericht erstattet – Transparenz zu erzeugen heißt die Devise. Nach den Holmern Ende Februar erhielten die Haseldorfer Ausschussmitglieder und anwesende Zuhörer von Bürgermeister Daniel Kullig Details zu dem, was nach Wunsch des Windparkbauers gern zu Beginn des kommenden Jahrzehnts Realität werden darf.

In der markierten Fläche möchte Betreiber wpd zehn Windräder errichten. 
In der markierten Fläche möchte Betreiber wpd zehn Windräder errichten.  © Frank Hasse / Hamburger Abendblatt | Frank Hasse

„Das Wichtigste vorab: Es ist überhaupt nichts entschieden“, so die einleitenden Worte von Daniel Kullig. Zur Vorstellung von wpd wusste der Bürgermeister anzumerken, dass diese Firma sowohl Windparkbauer als auch -betreiber sei und auch dessen Wartung übernehme, was wpd von anderen Anbietern auf dem Windenergiemarkt abhebe.

Unternehmen wpd reagiert mit der Initiative auf die Ankündigung eines neuen Regionalplans

Zur Motivation von wpd, mit einer Niederlassung in Hamburg, sich nun an die Grundstückseigner der Marsch-Dörfer zu wenden, führt das Haseldorfer Gemeindeoberhaupt die gute Informationslage der Branche auf. „Die haben halt Wind davon bekommen, dass wir in Schleswig-Holstein einen neuen Regionalplan aufstellen“, sagte Kullig. „Außerdem gibt es eine neue Gesetzgebung, durch die Kommunen Flächen für Windenergiegewinnung wieder bevorzugt ausweisen können.“

Doch der Bürgermeister lässt keinen Zweifel daran, dass wpd seine Eigenpräsentation vorerst rein prophylaktisch vorgenommen habe. „Die versuchen, so sage ich mal, durch frühzeitige Willenserklärungen von Grundstückseigentümern Rechte zu sichern, wenn es denn einmal dazu kommen könnte. Und auch das sei nochmal betont: Momentan darf bei aktueller Rechtslage kein Windpark gebaut werden.“

Haseldorfer Marsch: Brücke Grüner Damm soll im Zentrum des angedachten Windparks liegen

Im Gespräch ist eine Potenzialfläche rund um die Brücke Grüner Damm. „Für diese Fläche vermutet wpd, dass diese in Zukunft bei Aufstellung des neuen Regionalplans als bevorzugte Fläche für Windenergie ausgewiesen werden könnte. Nur für diesen Eventualfall hat diese Präsentation stattgefunden.“

Ebenfalls wichtig ist dem Bürgermeister, zu betonen, dass nichts über die Köpfe der Dörfer hinweg entschieden werden könne. „Die Gemeinden haben die Planungshoheit. Wenn wir sagen, wir wollen das alles nicht, dann passiert auch gar nichts. Schließlich müssten auch B-Pläne und Flächennutzungspläne entsprechend erstellt werden. Und wenn auch nur ein Grundstückseigentümer nicht mitziehen möchte, wird es schwierig für das Gesamtprojekt.“

Hohe Geldbeträge sollen die Zustimmung zum Windpark schmackhaft machen

Damit diese Grundstückseigentümer, zu denen auch die Gemeinden selbst gehören, zumindest ein offenes Ohr für die Vorschläge des Windparkbetreibers haben, gibt es wenig überraschend als verlockende Argumente die Füllung von Gemeindekassen und Privatkonten. „Die machen große finanzielle Versprechungen, da geht es um hohe sechsstellige Summen, die jährlich fließen sollen“, sagte der Haseldorfer Bürgermeister. „Natürlich hört man sich das mal an.“

Basierend auf den Erkenntnissen dieser Präsentation würden die vier Bürgermeister von Haseldorf, Holm, Heist und Hetlingen nun gemeinsam einen Brief an wpd verfassen. „In dem Schreiben werden wir auch unser Unverständnis äußern, dass nicht erst die Gemeinden informiert werden, sondern gleich die Eigentümer“, sagte Kullig. „Denn wenn die unterschreiben, hätten die danach großes Interesse an einer Realisierung und wir Gemeinden säßen dann gar nicht mit im Boot. Aber zumindest Haseldorf ist auch um Grüner Weg herum mit rund 8000 Quadratmetern Eigner der potenziellen Fläche des Windparks.“

Windkraft: Der Bewerber zeigte sich bestens vorbereitet

Respekt nötigt dem Haseldorfer Bürgermeister die Professionalität des Bewerbers um die Gunst der Grundstückseigner ab. „Sie sind hochprofessionell; die hatten auf wirklich jede Frage eine passende Antwort“, sagte Kullig. „Das umfasste auch Fragen zur, Nähe zu Gebäuden, Einfluss auf den benachbarten Flugplatz und natürlich Naturschutz.“

Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte habe wpd ein Areal von rund 198 Hektar Fläche im Auge. Das entspricht einer imposanten Fläche von gut 278 Fußballfeldern. Auf diesem Grund würde das international aktive Unternehmen Windräder der größten Bauweise mit einer Höhe von bis zu 250 Meter errichten wollen. „Von diesen angedachten zehn Windrädern würden dann allein vier auf Haseldorfer Gelände stehen“, weiß Kullig und sieht damit ein nicht zu verachtendes Argument für einen möglichen Windpark.

Allein für die Windräder müsste wpd angeblich um die 70 Millionen Euro investieren

Der Windpark, der laut Kulligs Vortrag allein für die Windräder selbst eine Investition von rund 70 Millionen Euro für wpd bedeute, habe pro Windrad eine Nennleistung von 7,2 Megawatt. Neben den individuell verlockenden Angeboten könnten die jeweiligen Gemeindekämmerer frohgemut in die Zukunft blicken.

Kullig: „Die Gemeinden würden 90 Prozent der Gewerbesteuer erhalten, die die Windräder abwerfen, die jeweils auf Gemeindegebiet stehen. Im Fall von Haseldorf wären das vier Windräder. Das ist also eine Geschichte, die man zumindest diskutieren muss. Man sollte nicht alles gleich schwarz malen, aber natürlich auch nicht sofort gut finden“, sagte der Bürgermeister mit Blick auf die anfallenden und durch wpd kalkulierten rund 500.000 Euro Gewerbesteuer. „Allein an Haseldorf fielen so jährlich über 200.000 Euro. Das muss man fairerweise mit berücksichtigen.“

Der Realisierungszeitraum beträgt ungefähr acht Jahre

Doch die Mühlen, die so ein Projekt Wirklichkeit werden lassen könnten, würden auch sehr langsam mahlen, weiß das Gemeindeoberhaupt. „Sollte dies alles über den Regionalplan möglichen werden, den es in diesem Jahr noch auf keinen Fall geben wird, würde es immer noch sieben bis acht Jahr dauern, bis so ein Windpark in Betrieb gehen könnte.“

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Es gelte nun, die Pros und Contras genau abzuwägen. Wunsch von wpd sei es, dass sich die Grundstückseigner zusammentäten, um später mit einer Stimme zu sprechen. Für einen ersten Vertragsentwurf habe wpd eine Bedenkzeit von sechs Wochen gegeben.

Landschaftsschutz dürfte zu einem großen Kritikpunkt für das Projekt werden

Kullig: „Eins sei aber auch klargestellt; der Erstbeste bekommt auf keinen Fall eine Unterschrift, nur weil er der Erste ist. Sollte es wirklich Potenzialgebiet werden, dann würden wir nochmal alle Möglichkeiten absprechen.“

Bis dahin werde es aber auch viele grundsätzliche Erörterungen geben, auch mit Blick auf alternative Wege zur Energiegewinnung wie zum Beispiel Solarparks und Abwägungen des Natur- und Landschaftsschutzes. Letzteres ein Punkt, der auch prompt aus dem Plenum heraus angemahnt wurde. Es wird also noch sehr viel Wind über die Dörfer der Marsch wehen, ehe sich ein Windrad dort drehen kann – wenn überhaupt.