Pinneberg. Kreis bewilligt zwar erste Kosten, aber Stadt soll nicht aus der Verantwortung gelassen werden. Problem wurde jahrelang vernachlässigt.
Der Umweltausschuss des Kreistages hat jetzt einen Teil der Kosten für die Aufklärung des schwer belasteten Bodens und des Grundwassers in der Pinneberger Innenstadt bewilligt. Dort sind im Bereich der Bahnhofsstraße, Fahltskamp und beidseitig der Straße Am Damm krebserregende chlorierte Kohlenwasserstoffe im Boden und im Grundwasser entdeckt worden, deren Grenzwerte um das 70.000-fache überschritten wurden.
Der Umweltausschuss hat die erforderlichen Mittel in Höhe von knapp 200.000 Euro allerdings einstimmig mit einem Sperrvermerk versehen. Das heißt, die Untere Bodenschutzbehörde der Kreisverwaltung muss sich jede weitere Geldsumme in dem Fall von der Kreispolitik erneut genehmigen lassen. Ein Gutachten, das die Stadt Pinneberg in Auftrag gegeben habe, sei damit nun abgedeckt, heißt es aus der Kreisverwaltung.
Gift im Grundwasser: Jedes weitere Vorgehen muss extra bewilligt werden
Ein weiteres, das notwendig sein werde, um das gesamte Ausmaß der Altlast im Boden und im Grundwasser festzustellen und ein Sanierungskonzept zu erarbeiten, müsse noch folgen. Das soll jetzt ausgeschrieben werden, damit die entsprechenden Untersuchungen und Bohrungen veranlasst werden könnten.
Das enge finanzielle Korsett sei kein Misstrauen gegen die Bodenschutzbehörde des Kreises, argumentierten die Kreispolitiker. „Wir wollen der Stadt Pinneberg damit das klare Signal senden, dass wir sie in dieser Sache nicht aus der Verantwortung herauslassen“, betonte Umweltpolitiker Oliver Kusber (CDU).
Ausschussvorsitzender Schmitz: Stadt Pinneberg hat das jahrelang unter dem Deckmantel gehalten
Und Ausschussvorsitzender Mathias Schmitz kritisierte, dass die Stadtverwaltung ihre politischen Gremien über die hochgiftige Altlast erst Ende September informiert habe, erst nachdem das Thema dem Kreis-Umweltausschuss von der Kreisverwaltung bekannt gemacht wurde, um die jetzt beschlossene Finanzierung abzusichern.
„Pinneberg hat das komplett unter dem Deckmantel gehalten“, wundert sich Schmitz. Möglicherweise sei noch nicht einmal die damalige Bürgermeisterin darüber informiert worden, mutmaßte er. Dabei hatte wie berichtet bereits im Jahr 2017 ein Gutachten zum Bebauungsplan 147 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Erdboden und im Grundwasser hochbrisante Altlasten schlummern. Als mögliche Verursacher kämen laut Schmitz chemische Reinigungen, metallverarbeitende Betriebe und Druckereien in Frage.
Trinkwasser nicht gefährdet, aber Grundwasser erheblich belastet
Bürgermeister Thomas Voerste, der erst seit Anfang dieses Jahres im Amt ist, hatte das auf Anfrage des Abendblatts mit der Komplexität des Problems begründet. „Ich glaube, allen Beteiligten war klar, dass es sich um ein ernstes Problem handelt. Allerdings brauchten die Untersuchungen ihre Zeit.“ Diese seien bis Anfang dieses Jahres erfolgt. Zumal es sich um 36 Verdachtsflächen gehandelt habe.
„Diese mussten alle untersucht werden, was das Verfahren weiter in die Länge gezogen hat. Zudem gibt es unterschiedliche Besitz- und Eigentumsverhältnisse, auch das hat die Sache erschwert.“ Inzwischen sei klar, dass lediglich sieben Flächen in der Ausdehnung von zwei Hektar betroffen seien.
- „Ernstes Problem“: Gift im Grundwasser - verschleppt Pinneberg die Aufklärung?
- Gift im Grundwasser von Pinneberg: Behörde nennt konkrete Gefahrenlage für Gebiet
- Extreme Giftwerte im Grundwasser von Pinneberg: Wer ist dafür verantwortlich?
Christiane Timmermann von der Bodenschutzbehörde kündigte an, dass nun mit der Kreisstadt abgestimmt werde, auch die Raumluft in den Gebäuden über der vergifteten Fläche gemessen werden solle, um festzustellen, ob auch sie mit Tri- und Tetrachlorethen (Trivialnamen Tri und Per) verunreinigt ist. „Durch den Beschluss des Umweltausschusses sind wir nun weiter handlungsfähig.“ Sie betont aber auch: „Das Trinkwasser ist nicht gefährdet.“