Wedel. Die Verwaltung hält ihre Baugenehmigung für einwandfrei. Zwei Politiker zweifeln die Entscheidung an. Noch immer seien Fragen offen.
Der Umbau eines Hauses in Wedel schlägt weiterhin Wellen – und sorgt für Unmut in der Politik. In einer von Flachbauten dominierten Wohngegend ragt ein Spitzdach in die Höhe. Dies würde nicht den Vorschriften des gültigen Bebauungsplans entsprechen, es handele sich um eine planrechtswidrige Bebauung, so der Vorwurf. Die Genehmigung seitens der Stadtverwaltung für das Dach hätte so nicht erteilt werden dürfen, behaupten mittlerweile mindestens zwei Wedeler Fachleute.
Denn: Die Politiker des Planungsausschusses hätten solchen extremen Abweichungen im Bebauungsplan zustimmen müssen. Den Protest ins Rollen gebracht hatte der ehemalige Ratsherr Olaf Wuttke (74). Nun hat sich auch Wolfgang Rüdiger (76) eingeschaltet, der der Sache noch einmal auf den Grund gehen will. Rüdiger sitzt für die SPD nach wie vor im Wedeler Rat.
Umbau am Rosenweg: Baugenehmigung ist im Jahr 2021 erteilt worden
Beide haben sich bei der Bauaufsicht im Rathaus erkundigt. Die Baugenehmigung für das Haus am Rosenweg ist bereits im Jahr 2021 erteilt worden. „Es war also zu einer Zeit, in der ich selbst noch Mitglied des Planungsausschusses in Wedel war. Damit betrifft es also, anders als ich anfänglich dachte, nicht nur die neuen Ratsgremien, sondern bereits mich und andere ehemalige Politiker“, sagt Wuttke.
Den beiden sei bewusst, dass das Dach nicht mehr zurückgebaut werde, weil die Stadt ihre Baugenehmigung nachträglich nicht für fehlerhaft erklären werde. Vielmehr sei der Fakt entscheidend, dass die Stadtverwaltung wohl am dafür zuständigen Planungsausschuss vorbei entschieden habe.
Wedeler Politiker sind verwundert: Umbau verstößt gegen drei von vier Vorschriften im Bebauungsplan
Der Umbau im Rosenweg verstoße aus ihrer Sicht gegen drei von vier im B-Plan getroffenen Festsetzungen: Die zulässige Dachneigung sei überschritten und somit die zulässige Gebäudehöhe, die Geschossflächenzahl und auch die Baugrenze. Lediglich die Ausweisung „reines Wohngebiet, eingeschossig und in offener Bauweise“ habe weiterhin Bestand.
Aus diesen Gründen hätten aus Sicht der Politiker bei dem regelmäßigen Tagesordnungspunkt ‚Mitteilungen über bedeutsame Vorhaben‘ die Planungsausschusspolitiker zwangsläufig über den Bauantrag informiert werden müssen. Auch sei es damals versäumt worden, die schriftliche Zustimmung für den geplanten Umbau wenigstens der unmittelbar angrenzenden Nachbarn einzuholen.
Wuttke hat ein gut sortiertes Privat-Archiv seiner politischen Arbeit. Er habe nach eigenen Angaben sämtliche Planungsausschuss-Mitteilungsvorlagen von November 2017 bis sicherheitshalber November 2022 durchsucht. Es gab 474 besprochene Bauvoranfragen- und Bauanträge in diesem Gremium. Der Vorgang am Rosenweg fehlte aber.
Stadtverwaltung sieht keine Verstöße bei Erteilung der Baugenehmigung
„Die damalige Fachdienstleiterin hat uns diesen Bauantrag vorenthalten. Ich selbst fühle mich dadurch nachträglich betrogen“, sagt er. Laut Recherchen von Rüdiger haben Grundstückskäufer im Rosenweg einst teilweise sogar Verträge mit der Stadt Wedel abgeschlossen, die zur Einhaltung der B-Plan-Bestimmungen verpflichtend unterzeichnet worden waren.
Bisher heißt es von der Stadtverwaltung auf Einwohnernachfragen in den Sitzungen des Planungsausschusses, dass es in diesem Fall keine Verstöße gegeben haben soll – und die Baugenehmigung rechtlich einwandfrei erteilt worden sei. Eine Teilhabe des Planungsausschusses bei dem Bauantrag sei nicht erforderlich gewesen.
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Eine Abendblatt-Anfrage liegt der zuständigen Bauaufsicht seit dem 29. Oktober vor. Die Fragen blieben bislang unbeantwortet. Auch die Antworten, die Wuttke und Rüdiger in der Planungsausschusssitzung am Dienstagabend erhielten, ließen sie nicht von ihrem eigenen Standpunkt abweichen.
Karl-Heinz Grass, Leiter des Fachdienst Stadt- und Landschaftsplanung, erläuterte das aus Sicht der Verwaltung rechtmäßige Vorgehen im Rosenweg. Wuttke: „Für mich waren es abermals Halbwahrheiten und eine absolute Enttäuschung. Offenbar hat das Rathaus einfach immer recht, auch wenn es Unrecht hat.“