Pinneberg. Neue Imagekampagne in sozialen Medien interessiert fast eine Million Menschen pro Monat. Wie es gelingt, Aufmerksamkeit zu wecken
Von wegen, PI ist nur die Hamburger Abkürzung für Provinzidiot. Pinneberg scheint nach einigen mehr oder weniger guten Versuchen, mit Imagekampagnen sein Ansehen aufzupolieren, jetzt der große Wurf zu gelingen. Ein Hashtag hat die Welt der Kreisstadt nämlich gründlich verändert, und erzählfreudige Unternehmer spielen dabei auch eine Rolle.
Der eine oder die andere kann sich sicherlich noch an die Kampagne mit Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg als Punkerin erinnern. Zehn Jahre ist es her, dass Pinneberg mit dem Slogan „Wir können auch anders“ warb. Jetzt wird viel schlichter argumentiert, und zwar mit dem Hashtag #fuerPINNEBERG. Dieses für die Suche im Internet besonders ausgezeichnete Schlagwort mit Raute scheint zu funktionieren. Zu Wort sowie ins Bild bis in den Film kommen unter diesem Schlagwort vor allem Geschäftsleute und Vereinsvertreter.
Land und Stadt fördern Imagekampagne für Pinnebergs City
Vor elf Monaten ist die Kampagne gestartet. Auftraggeber und Architekt ist das Team des Stadtmarketings um den Noch-Geschäftsführer Sebastian Hoyme, der im kommenden Jahr in die Wirtschaftsförderung im Rathaus wechselt. Finanziert wird die öffentlichkeitswirksame Aktion aus Mitteln der Innenstadt-Förderung des Landes Schleswig-Holstein und aus der Pinneberger Stadtkasse.
Sebastian Hoyme erklärt: „Wir stellen bei dieser Kampagne den Menschen in den Vordergrund.“ Die Geschäftsleute und Verantwortliche aus Vereinen erzählen in kleinen Videos, was sie antreibt, was sie erlebt haben und wie sich die Firma entwickelt hat.
Warum das Keks-Backstübchen auf Eier bewusst verzichtet
So berichtet beispielsweise Petra Reimann, wie das Keks-Backstübchen aus der Küche der Mutter über einen kleinen Laden in einem Hinterhof zu einer feinen Manufaktur an der Dingstätte ausgebaut wurde. Sie verrät, dass die Hühnerei-Allergie ihrer Schwester das besondere Backwerk ausgelöst hat, und dass der Lakritz-Kürbiskern-Florentiner bei den norddeutschen Kunden der absolute Hit des „we are family“-Geschäftes ist.
Genauso nutzen die alteingesessenen Betriebe die vielfältige Plattform des Stadtmarketings. In der mehr als 250 Jahre alte Adler-Apotheke berichtet Christopher Schwartz, dass er gemeinsam mit seinem großen Team seit der Corona-Pandemie wieder mehr Medikamente selbst herstellt. „Ohne die Adler-Apotheke kann ich mir eine Stadt Pinneberg nicht vorstellen“, erzählt Christopher Schwartz schmunzelnd, dessen Familie in vierter Generation bereits die Apotheke führt.
Außer den Unternehmen werden über Instagram, Facebook und Co. Bildungseinrichtungen und Kulturstätten vorgestellt. Darüber hinaus sind die zahlreichen Veranstaltungen des Stadtmarketings Pinneberg und anderer Pinneberger Veranstalter Thema.
Basis für die Berichte auf Instagram und Co ist die Homepage „fuer-pinneberg.de“
Basis ist die Website www.fuer-pinneberg.de. Sie wird von Sebastian Hoyme, der Social-Media-Expertin Catharina Hoops und dem Fotografen Henning von Holdt gestaltet und mit Leben gefüllt. Die Interviewten plaudern aus dem Nähkästchen, erzählen Anekdoten, Geschichten und Informatives.
Die Reichweiten, die dabei generiert werden, sind beeindruckend. Allein im August erreichte die Kampagne mehr als 900.000 Menschen im Kreis Pinneberg und weit über die Stadtgrenzen hinaus, auch in der Metropolregion Hamburg. „Das sind im Durchschnitt 30.000 Menschen pro Tag“, sagt Hoyme und freut sich.
Fast eine Million Menschen interessieren sich im August #fürPINNEBERG
Ebenso beeindruckend ist für die Kampagnenmacher die Resonanz. „Wir sind noch nie so oft auf unsere Arbeit angesprochen worden wie in den vergangenen Monaten“, sagt Sebastian Hoyme. Fotograf Henning von Holdt: „Ich finde es mega cool, dass wir als Team Stadtmarketing den Menschen in Pinneberg zeigen, was diese Stadt zu bieten hat. Außerdem bin ich selbst sehr neugierig und freue mich mit meiner Kamera selbst auch hinter die Kulissen der Unternehmen gucken zu können! Pinneberg hat viel zu bieten, und wir zeigen genau das den Leuten.“
Die Kampagne spült nach Ansicht des Stadtmarketing „reihenweise neue Kunden und Besucher in die Innenstadt, die durch die Bilder, Videos und Interviews endlich wieder die Lust entdecken, einen Blick in die Geschäfte zu werfen“. Sebastian Hoyme ist sich sicher: „So effektiv war bislang noch keine Kommunikationsstrategie in Pinneberg.“
„Pinneberg hat viel mehr zu bieten, als die meisten denken“
Tim Glindmeyer, Inhaber Modehaus Glindmeyer, bestätigt diesen Eindruck: „Wir bekommen sehr viel positive Resonanz und werden oft auf die Kampagne angesprochen. Wir merken, dass die Sichtbarkeit der Stadt deutlich erhöht wird, und in unserer digitalen Zeit muss man solch ein breites Spektrum nutzen.“
Catharina Hoops, Head of Social Media, sieht das genauso: „Unsere Stadt hat viel mehr zu bieten, als die meisten denken. Und genau das wollen wir hier aufzeigen. Was kann die City? Warum soll ich nach Pinneberg kommen? Welches Angebot finde ich hier? Wir zeigen es euch und nehmen euch mit, mit hinter die Kulissen.“
Kampagne will online zeigen, was offline zu wenig erkannt wird
Die Idee dahinter ist bestechend einfach: „Wir machen mit der Kampagne online sichtbar, was bereits offline passiert, und erzählen die Geschichte hinter den Unternehmen“, sagt Catharina Hoops. „Die Menschen informieren sich heutzutage online und nutzen Social Media als Plattform für Inspiration, Neuigkeiten und bewusst als Suche nach Produkten, die sie kaufen können.“
Florian Mott, Inhaber Mott Optik im Rübekamp, lobt ebenfalls die Kampagne. Er sagt: „Bücherwurm, Keks-Backstübchen, Meusels Landdrostei, Livet, Glindmeyer & last but not least: Mott Optik… Apropos: Es gibt ja doch nicht nur Optiker, Bäcker und türkische Supermärkte in Pinneberg. Und dann alles noch so nett aufgearbeitet. Ganz ohne meckern über den doofen Standort und ohne Vergleiche zur Hamburger Innenstadt, wo ich zumindest auch nur zwei bis drei Läden habe, die ich regelmäßig besuche, und damit wahrscheinlich sogar über dem Durchschnitt liege.“ Mott-Optik hat wegen der Kampagne seine eigene Instagram-Tätigkeit „extrem ausgebaut, um nicht zu sagen aufgenommen“.
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Dieser Teil der Kampagne soll nur der Anfang sein, um auf eine moderne Stadt aufmerksam zu machen. „Pinneberg wird sich in den kommenden zehn, 15 Jahren maßgeblich verändern“, sagt Sebastian Hoyme. „Unser Bürgermeister Thomas Voerste und unser Erster Stadtrat Jens Bollwahn stellen gerade die Verwaltung um, um vor allem die Bürgerfreundlichkeit und Zugänglichkeit zu verbessern. Hinzukommt, dass Anfang der 2030er-Jahre das modernste Krankenhaus in Schleswig-Holstein und der Metropolregion Hamburg entstehen wird, in unserer Stadt. Dieses Potenzial wollen wir aufzeigen und verdeutlichen, was jetzt schon alles geht.“