Pinneberg. Krasser Fall: Eltern streiten für versierte Bankerin und Lerntherapeutin, die nicht mehr unterrichten darf, weil sie nicht studiert hat.
Landauf, landab werden händeringend Lehrer gesucht, die unsere Kinder begeistern und zum Lernen motivieren. Es sind einfach zu wenige ausgebildete Pädagogen da, sodass in den meisten Kollegien die Not groß ist. Die große Stunde für Quereinsteiger, Seiteneinsteiger und Naturtalente. Eine Frau in Pinneberg hat fünf Jahre lang bewiesen, dass sie es kann, doch statt weiter gefördert zu werden, muss sie zu Hause bleiben. Eltern, Kollegen und Kinder wehren sich: am Wochenende bei einer Demonstration.
Mehr als 100 Erwachsene und Kinder versammelten sich vor dem Kreiskulturzentrum Drostei. Auf Plakaten warben sie für die Weiterbeschäftigung der beliebten Lehrerin Annika Dockhorn (46), über die landesweit berichtet wird. Mit vielen Herzen hatten die Kinder die Plakate geschmückt. Die Argumente sind eindeutig: „Sie ist eine tolle Mathelehrerin, immer hilfsbereit, verständnisvoll, immer für uns da.“
Kinder berichten: „Wir vermissen unsere Lehrerin. Warum fragt uns keiner?“
Immer wieder heißt es: „Wir vermissen unsere Lehrerin“. „Wir brauchen Dich!“ Alle Aussagen rankten sich um die Aussage: „Frau Dockhorn muss bleiben!“ „Wir haben ein Recht auf gute Bildung und Lehrer.“ Und die Kinder bemängelten: „Warum fragt uns keiner?“
Mit diesen Plakaten zogen Kinder und Eltern durch die Fußgängerzone und über den Wochenmarkt. Dabei sammelten sie Unterschriften, um die Forderung zu unterstützen. Mehr als 500 kamen an diesem Tag zusammen. Online läuft die Petition weiter. Bislang sind knapp 70 Prozent der benötigten 2000 Unterstützer zusammen.
Zweiter krasser Fall: Sechs Klassenlehrer in vier Jahren Grundschulen
Bei den Gesprächen erfuhren die Akteure von ähnlichen Schicksalen. Eine Mutter berichtete von ihrem Sohn, der auf eine andere Pinneberger Grundschule ging. Sie erzählte von sechs Klassenlehrerwechsel in vier Jahren. Viele Menschen zeigten sich fassungslos, wie so etwas passieren kann.
Claudia Hippe, ausgebildete Pädagogin und Kollegin der geschassten Lehrkraft, äußerte sich begeistert über die Aktion: „Das war eine super Gelegenheit, den Kindern den Inbegriff von Demokratie zu vermitteln. Sie haben Ihre Meinung vertreten, haben für ihre Überzeugung gekämpft, sie sind sehr zusammen gewachsen, sie haben richtig viel erreicht und waren glücklich, etwas machen zu können.“ Die Lehrerin meint: „Positiver kann man Politik kaum vermitteln. Die Kinder haben den ganzen Weg von der Enttäuschung, der Hoffnung, der Ideenfindung, der Planung und der Durchsetzung den ganzen Weg begleitet.“
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Für viele Eltern war die Aktion ein Ventil, um aktiv etwas tun zu können. Eine Mutter, die nicht namentlich erwähnt werden möchte, beschrieb die Gefühlslage: „Manchmal liegen schöne Momente und grausame Realität so dicht beieinander. Heute gab es das erste Treffen seit Beginn der Sommerferien, bei dem unser Sohn seine Lehrerin wiedersehen konnte. Es war herzzerreißend für uns als Eltern und unfassbar schön zu sehen, welches Vertrauen Frau Dockhorn von den Kindern geschenkt bekommt.“
Satminder Mann, Mutter eines Kindes an der Helene-Lange-Schule, freute sich, wie die Schüler und Schülerinnen auf die Erwachsenen in der Pinneberger Fußgängerzone zugegangen sind: „Das hat unsere Kinder selbstbewusst gemacht.“ Und auch Nicole Raslanas, die die Demo angemeldet hat, lobt, „wie mutig die Kinder durch die Stadt und über den Markt gelaufen sind, um fleißig Unterschriften zu sammeln.“ Jetzt hoffen die Mütter und die vielen anderen Unterstützer von Annika Dockhorn, dass die Auseinandersetzung im Sinne der Kinder und der Schule ein positives Ende findet.