Pinneberg. Nachdem die erste Idee für das verlassene Modehaus geplatzt ist, soll es allen offen stehen. Denn: „Zeit großer Kaufhäuser ist vorbei“.

Die Problemfälle mitten in der Pinneberger Innenstadt sind zwei große Einkaufshäuser – das PiZ und das ehemalige Modehaus Kunstmann. Beide Gebäude stehen seit Monaten leer. Sie sind nicht nur kein schöner Anblick, sondern werden immer mehr zur Belastung für die Stadt. Zuletzt wurde ein Diebstahl im PiZ bekannt, mit weitreichenden Folgen für Telekom-Kunden, dann meldete der Eigentümer und Investor des PiZ Insolvenz an.

Doch nun gibt es eine positive Nachricht aus dem Rathaus Pinneberg: Die Verwaltung hat ein umfangreiches Konzept für eine Neu- und Nachnutzung des ehemaligen Kunstmann-Gebäudes in der unteren Dingstätte erarbeitet und möchte dies in einem der nächsten Stadtentwicklungsausschüsse der Politik vorstellen. Das Abendblatt hatte bereits Auszüge berichtet.

Leerstand in der City: Stadt Pinneberg präsentiert Pläne für Kunstmann-Gebäude

Ein Teil der Stadt-Idee ist es, dass Bildungsangebote wie zum Beispiel die Volkshochschule und die Musikschule in dem 2150 Quadratmeter großen Gebäude, das seit anderthalb Jahren verwaist ist, untergebracht werden. Beide Einrichtungen haben derzeit ihre Räume an der Adresse Am Rathaus. Außerdem könnten Teile des Bürgerservices dort integriert werden. „Neu bei Kunstmann“ nennt die Verwaltung intern dieses Projekt, an dem mehrere Fachbereiche beteiligt sind.

Aus Sicht der Stadt-Verwaltung brächte diese Neunutzung des Kunstmann-Gebäudes gleich mehrere Vorteile mit sich. „Wir könnten so einen attraktiven, barrierearmen und zentralen Ort für Bürger- und Bildungsangebote schaffen und gleichzeitig die untere Dingstätte beleben“, erläutert Bürgermeister Thomas Voerste. „Außerdem würden wir einen Teil unserer reichen Stadtgeschichte erhalten und es mit einem lebendigen neuen Konzept quasi recyceln – ohne ein Gebäude mit so langer Tradition und guter Bausubstanz abreißen zu müssen.“

Voerste: „Zeiten der großen Kaufhäuser sind vorbei“

Er verstehe, dass sich manche Bürgerinnen und Bürger eher ein Kaufhaus zurückwünschen würden. „Aber der Blick auf Karstadt und Galeria-Kaufhof zeigt: Die Zeiten der großen Kaufhäuser sind vorbei“, sagt Thomas Voerste. „Der Strukturwandel, der Online-Handel und das veränderte Einkaufsverhalten sind schon lange Realität. Unsere Aufgabe ist es, solche Kleinode wie das Kunstmann-Gebäude sinnvoll und zum Wohle aller weiterzuentwickeln und zu nutzen.“

Das Ehepaar Katrin und Hermann Wilhelm Kunstmann betrieben bis Anfang 2023 das traditionsreiche Modehaus Kunstmann in Pinneberg.
Das Ehepaar Katrin und Hermann Wilhelm Kunstmann betrieben bis Anfang 2023 das traditionsreiche Modehaus Kunstmann in Pinneberg. © Anne Dewitz | Anne Dewitz

Die Pinneberger Idee habe bereits viele Vorbilder in anderen Städten. So richte Lübeck gerade eine Schule in einer alten Karstadt-Filiale ein, Hanau plane Freizeit- und Bildungseinrichtungen in einem ehemaligen Galeria-Haus und Oldenburg habe einen FoodCourt und Co-Working-Spaces in einem Ex-Hertie etabliert.

Auch Polizei Pinneberg könnte bei Kunstmann einziehen

Die Eigentümer und auch die Bildungseinrichtungen Musikschule und die Volkshochschule hätten bereits großes Interesse signalisiert. Auch die Politik steht dem Projekt nach einer ersten Vorstellung Idee wohlwollend gegenüber.

Selbst die Polizei könnte sich vorstellen, dort mit einem Büro vertreten zu sein, zumal das Gebäude des Polizeireviers Pinneberg an der Elmshorner Straße aus dem Jahr 1982 inzwischen völlig marode und in einem unhaltbaren Zustand ist.

Kunstmann-Gebäude in Pinneberg soll dritter Ort werden

Erste Überlegungen zur Einteilung der im Kunstmann-Gebäude zur Verfügung stehenden Fläche haben außerdem ergeben, dass VHS und Musikschule nach ihrem Umzug mehr Fläche als bislang zur Verfügung stünden. Die im Bereich des Rathauses frei werdenden Bereiche würden wiederum dazu genutzt werden, die Verwaltung moderner und effizienter aufzustellen.

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„Dieses Projekt hat das Potenzial, ein Leuchtturm moderner Stadtentwicklung in der Metropolregion zu werden“, sagt Thomas Voerste. „Wir werden das Projekt auf jeden Fall jetzt in enger Abstimmung mit der Politik, Eigentümern und möglichen Mietern weiter voranbringen“, sagt der Bürgermeister. „Wenn es gelänge, haben wir erstmals einen sogenannten dritten Ort ist der Stadt. Das ist ein Begriff aus der Stadtentwicklung und beschreibt einen Ort, in dem man sich gern in seiner Freizeit über alle Gruppen hinweg aufhält und begegnet.“

Modehaus Kunstmann in Pinneberg schloss nach 161 Jahren

Das Modehaus Kunstmann in Pinneberg ist seit Anfang 2023 geschlossen. In Pinneberg ging nach 161 Jahren Familienbetrieb eine Ära zu Ende. Mit dem Wegfall von Kunstmann ging der unteren Dingstätte auch ein Einkaufsmagnet verloren.

Die Brüder Savas und Namik Ardic aus Pinneberg hatten die Immobilie an der unteren Dingstätte von der Familie Kunstmann gekauft. Sie wollten dort zunächst ein Hotel eröffnen, aber die wirtschaftliche Lage ließ es nicht zu. Nun könnte der dritte Ort eine Lösung bringen.