Wedel. Ein neues Konzept für die Wedeler Innenstadt wird erarbeitet. Das sind die Wünsche des Marketingvereins. Was die Elbe damit zu tun hat.
Bundesweit kämpfen Innenstädte mit einem großen Problem: Leerstand. Auch im Kreis Pinneberg ist der Trend der urbanen Bewohner, sich nach dem Shoppen noch stundenlang in der Innenstadt aufzuhalten, rückläufig. Was kann unternommen werden, um die City attraktiver zu gestalten, nachdem durch den Online-Handel, die Corona-Pandemie plus vermeintlich unattraktiver Geschäfte der Einzelhandel in Wedel sich seit geraumer Zeit auf Talfahrt befindet?
In Wedel sollen Geschäfte und Restaurants in der Bahnhofstraße zum Konsumieren animieren. Doch wer durch die insgesamt gut einen Kilometer lange City-Meile vom S-Bahnhof bis zur Doppeleiche flaniert, dem fallen einige verlassene Flächen auf. Und einige Geschäftsleute wollen ihr Geschäft aufgeben: Die Pizzeria Mondo (Bahnhofstraße 65) steht beispielsweise beim Kleinanzeigen-Portal zum Verkauf.
Stadt Wedel: „Mehrere Ladenleerstände“ in Bahnhofstraße
„Die Innenstadt von Wedel weist aktuell insbesondere im Bereich der Bahnhofstraße mehrere Ladenleerstände auf, die angesichts ihrer Größendimensionierung und räumlichen Verortung zum Teil strukturprägend sind und sich negativ auf das Stadtbild sowie die Funktionsstruktur auswirken“, heißt es im besten Behördendeutsch von zuständiger Stadtseite aus dem Fachdienst Bauverwaltung und öffentliche Flächen.
Dies gilt insbesondere für die räumlich gebündelt in Erscheinung tretenden Leerstände im Bereich Bahnhofstraße der Hausnummern 38-40, Bahnhofstraße 43 und Bahnhofstraße 45. „Weitere prägende Leerstände sind in der Bahnhofstraße 9, Bahnhofstraße 10 und Feldstraße 3 verortet. Diese Leerstände zeigen aufgrund ihrer zentralen Lage in der Innenstadt einen erhöhten Handlungsbedarf auf“, so eine zuständige Wedeler Rathausmitarbeiterin.
Bahnhofstraße in Wedel: Rathaus-Apotheke sollte umziehen – jetzt ist sie ganz weg
In der Bahnhofstraße 9 war einst neben Woolworth die Rathaus-Apotheke, die Immobilie quasi direkt gegenüber auf der Ecke Gorch-Fock-Straße mit der Hausnummer 10 steht schon lange leer. Zuletzt war dort eine VR-Bank. Die Pläne, dass die Apotheke dort einzieht, schlugen offenbar fehl. Neben dem Optiker Fielmann, ein gutes Stück die Bahnhofstraße hinunter, wäre großflächig auch noch Platz vorhanden oder aber schräg gegenüber neben der Deutschen Bank. Gegenüber des Bio-Markts zieht bald ein thailändischer Massage-Salon ein.
Eine Leerstandsquote werde durch die Stadt Wedel nicht erhoben. Im Rahmen des Innenstadtentwicklungskonzeptes war zuletzt eine Bestandsaufnahme durchgeführt worden. Das Gesamtkonzept werde aktuell von Seiten der Stadt Wedel erarbeitet: „Ein wesentliches Ziel dieses Konzeptes ist es, die Innenstadt zukunftsfähig aufzustellen. Hierdurch soll auch bestehender Leerstand einer neuen, langfristigen Nutzung zugeführt und weiterer Leerstand verhindert werden.“
Wedel: AktivRegion Pinneberger Marsch und Geest fördert das Innenstadtentwicklungskonzept
Um eine Innenstadt aufzupolieren, ist neben pfiffigen Ideen auch vor allem viel Geld nötig. Einmal war die Stadt Wedel bei einer Maßnahme, Fördergelder zu erhalten, einfach zu langsam. „Die Mittel aus dem ‚Programm zur Förderung der Innenstadtentwicklung und der Stadt- und Ortszentren‘ (Innenstadtprogramm) waren bei der Antragstellung durch die Stadt Wedel im Mai 2022 leider bereits erschöpft. Daher wurden seitens der Stadt Wedel Fördergelder über andere Programme eingeworben“, heißt es dazu aus der Verwaltung.
Das Innenstadtentwicklungskonzept werde nun mit Mitteln der AktivRegion Pinneberger Marsch und Geest e.V. gefördert. „Außerdem wurde über die Stelle eines Citymanagements beraten, das etwaige Maßnahmen aus dem Innenstadtentwicklungskonzept mit durchführen helfen soll. Über dessen Umsetzung werden die politischen Gremien der Stadt voraussichtlich im September 2024 entscheiden“, so die Antwort aus dem Rathaus über Belebungsmöglichkeiten der Wedeler City.
„Fahrradstraße light“ – Umfrage unter Gewerbetreibenden ist geplant
Anfang Juli 2023 war die Bahnhofstraße in eine „Fahrradstraße light“ umgewandelt worden. Radfahrer in Richtung Doppeleiche teilen sich die Straße mit Autos, haben auf der Fahrbahn immerhin Vorrecht. Welche Effekte haben sich aus dem Verkehrsversuch ergeben? Wie ist das Feedback der Gewerbetreibenden? Die Stadt verweist auf die wesentlichen Ergebnisse einer Umfrage im Januar 2024 auf ihrer Homepage. Eine ergänzende Umfrage unter den Gewerbetreibenden sei geplant. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) Wedel, der ebenfalls Leute in der Straße befragt hatte, sah die Situation deutlich kritischer.
„Der Plan ist, dass wir mit allen Gewerken der Stadt Wedel, inklusive eines neuen Bürgermeisters oder Bürgermeisterin, uns intensiv austauschen, um die Zukunft der Bahnhofstraße zu gestalten“, sagt Daniel Frigoni, Vorsitzender von Wedel Marketing. Es sei nicht mit zwei Konzepten getan, sondern mit jahrelanger Arbeit und einer viel besseren Vernetzung aller Beteiligten als zuletzt. Auch engagierte Wedeler sollen sich unbedingt daran beteiligen.
Wedel Marketing: Flensburg könne ein Vorbild für gelungene Neu-Belebung sein
Wedel habe mit der Lage an der Elbe einen „Schatz“, der quasi gehoben werden müsste. Als Vorbilder zur gelungenen Neu-Belebung könnten Städte wie beispielsweise Flensburg dienen. Diese Stadt habe es geschafft, seine Innenstadt mit attraktiven Geschäften, Cafés und Verweilzonen quasi bis zur Flensburger Förde zu verlängern.
Man müsse sich aus seiner Sicht von dem Gedanken verabschieden, dass ein Einzelhandelsriese sich in der Wedeler Bahnhofstraße ansiedelt und so zum alleinigen Heilsbringer avanciere. Vielmehr müsste eine Vielzahl von kleineren „Frequenzbringern“ für eine qualitative Aufwertung der Wedeler Innenstadt sorgen.
„Es gibt in Wedel echte Goldschätze, zum Beispiel die Kultur-Einrichtungen Reepschlägerhaus, Batavia oder die Villa, die man unbedingt besser für Projekte in der Innenstadt einbinden müsste“, sagt der 40-Jährige. Auch die städtische Aktion „Aufm Platz“, bei der kürzlich Wedeler Vereine auf dem Rathausplatz sich und ihre Arbeit vorstellten, sei aus Frigonis Sicht ein schönes Element gewesen.
Ladenbesitzer in der Bahnhofstraße scheuen Google und Co
Alexander Fröschke, beim Stadtmarketing für Projektarbeit zuständig, spricht davon, dass Ladenbesitzer in der Bahnhofstraße oft generell offener gegenüber den modernen Zeiten eingestellt sein müssten. Eine bessere Vernetzung des eigenen Ladens mit der digitalen Welt würde sich oftmals positiv auswirken.
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So würde laut Fröschke teilweise sogar der mittlerweile obligatorische Google-Eintrag bei einigen Händlern in Wedels City fehlen. „Es geht darum, dass die Ladeninhaber auch innovativere Konzepte gedanklich an sich heranlassen und sich dem nicht aus traditioneller Prinzipientreue komplett verschließen“, so Fröschke.
Exklusive Produkte aus dem Internet – in „Flagship-Stores“ in Wedel
Eine andere Idee der beiden: Kurz- oder mittelfristig angelegte „Flagship-Stores“ in der Bahnhofstraße, in denen etwa auch exklusive Produkte aus dem Online-Sektor, zum Beispiel etwa im sozialen Netzwerk Instagram angepriesen, auch bequem vor Ort in Wedel gekauft werden können. Es könnte auch wechselnde Themenmärkte in der Wedeler Innenstadt geben. Frigoni ist weiterhin dafür, dass das Wohnen im Erdgeschoss in Gebäuden dieser Einkaufsstraße erlaubt werden sollte.
Was ihm persönlich in der Wedeler Bahnhofstraße besonders fehle: „Ein schönes, jung-modernes Café.“ So in Richtung Scho‘Café, das vor einigen Jahren seinen Betrieb in der nahegelegenen Mühlenstraße eingestellt hatte. Und auch Frigonis Einstellung bleibt modern: „Dass es hier in der Bahnhofstraße in Wedel mehrere orientalische Geschäfte gibt, ist doch ein Zeichen der Vielfalt. Das finde ich super.“