Kreis Pinneberg. Vorab muss aber eine Lizenz beantragt werden. Welche Regeln von der Behörde verlangt werden – und warum ein Club schon aufgibt.
Seit dem 1. Juli ist Phase zwei der Teillegalisierung von Cannabis gestartet. Nachdem Privatpersonen seit Anfang April in begrenztem Maße selbst Marihuana für den Eigenkonsum anbauen dürfen, gibt es nun grünes Licht für die sogenannten Cannabis Social Clubs (CSC) in Deutschland.
Damit kann jetzt die amtliche Erlaubnis dafür beantragt werden, gemeinschaftlich und verantwortungsbewusst die Droge, die auch im medizinischen Bereich eingesetzt wird, innerhalb gesetzlicher Vorschriften anzubauen. In Hamburg haben nach aktuellem Stand vier Vereine Anträge gestellt.
Cannabis Social Clubs im Kreis Pinneberg halten sich bedeckt – einer gibt schon auf
Im Kreis Pinneberg stehen einige dieser CSCs in den Startlöchern. Im Internet auffindbar sind etwa der CSC Pinneberg, die Greenkeeper ebenfalls in Pinneberg, der „Highmatverein“ in Wedel und „Hazegrow“ in Elmshorn. Alle diese Vereine sind organisiert im Bundesverband Cannabis Social Club.
Doch allzu offensiv wird das Vorhaben öffentlich bisher noch nicht angegangen. Die meisten Seiten befinden sich derzeit im „Maintenance-Modus“, also quasi noch auf Warteposition. Bereits Anfang April wollten sich die Verantwortlichen gegenüber dem Abendblatt noch nicht äußern. Daran hat sich wenig geändert – E-Mails blieben weitgehend unbeantwortet.
Nun gibt es sogar einen ersten Rückzieher. Der CSC Pinneberg gibt – zumindest vorläufig – sein Vorhaben auf, für den Eigenbedarf der Clubmitglieder Cannabis anzubauen. Auf Abendblatt-Anfrage heißt es: „Nach vielen Überlegungen und Diskussionen, auch mit Fachleuten, haben wir uns schweren Herzens entschieden, die Gründung des Vereins vorerst auf Eis zu legen.“
Kreis Pinneberg: CSC Pinneberg von Auskunftspflicht gegenüber Behörden abgeschreckt
Diese Entscheidung sei den Verantwortlichen nicht leicht gefallen, aber einige offene Fragen und Unsicherheiten machten es ihnen momentan schwierig, „den Club so zu realisieren, wie wir es uns vorgestellt haben“. Ein Knackpunkt: Die Auskunftspflicht gegenüber den zuständigen Behörden.
„Der CSC wäre verpflichtet, mindestens einmal jährlich umfassende Informationen offenzulegen, die die Behörden dann auch zur späteren Prüfung kopieren dürften. Das wirft eine Menge Datenschutzfragen auf, die uns Bauchschmerzen bereiten“, erklären die CSC Pinneberg-Verantwortlichen.
Teillegalisierung: Rechtliche Lage für Cannabis Social Clubs noch schwammig
Hinzu käme aus Sicht der Pinneberger „die unzureichende Definition dessen, was im Club erlaubt sein soll und was nicht. Das Recht ist hier ziemlich schwammig und sogar Experten und Rechtsanwälte sind sich nicht einig. Das macht es für uns extrem schwer, klare Richtlinien für unseren Club zu definieren“.
Und auch mit den eigenen Vereinsmitgliedern scheint es suboptimal zu laufen. Kritisiert wird das Engagement: „Viele von euch sind super interessiert am Thema Cannabis, aber es gab bisher nur wenige, die aktiv im Club mitarbeiten möchten und bereit sind, Freizeit zu investieren. Die meisten Anfragen drehten sich um die Abnahme von Cannabis, was zwar verständlich, aber für den Kern und die Ziele eines solchen Clubs nicht ausreichend ist.“
Cannabis-Anbau in Clubs unterliegt gesetzlichen Vorschriften
Sprich: Die meisten Clubmitglieder wollen gern konsumieren, aber möglichst wenig dafür tun. Deshalb möchte der Club jetzt zunächst abwarten, bis die Lage – auch rechtlich – klarer wird, und „wie sich die Dinge entwickeln“.
Der Anbau von Cannabis unterliegt mit dem Inkrafttreten strengen gesetzlichen Vorschriften, es herrschen Dokumentationspflichten gegenüber den Behörden. Und die Clubs werden auch von den Behörden des jeweiligen Bundeslandes kontrolliert. Erlaubt sind als Anbauvereinigungen Vereine und Genossenschaften, Stiftungen und Unternehmen nicht.
Ein Ziel dieser Clubs soll es sein, den Schwarzmarkt weiter einzudämmen. Die berauschenden, getrockneten Blüten werden unter den maximal 500 Vereinsmitgliedern – nicht-kommerziell – verteilt. Mitglieder müssen sich dabei nicht zwingend um die Aufzucht kümmern, um Marihuana zu bekommen. Doch um die Pflanzen selbst dürfen sich nur Clubmitglieder kümmern, keine externen Mitarbeiter.
Behörden kontrollieren die Cannabis-Clubs in Deutschland
Erst wenn die Genehmigung für den jeweiligen Club erteilt ist, kann der Anbau starten. Bis die Pflanze erntereif ist, dauert es – in der Regel – gut drei Monate, anschließend beginnt ein wochenlanger Trocknungsprozess der geernteten Blüten.
Die CSC-Mitglieder müssen dann ihr Cannabis persönlich vor Ort in ihrem jeweiligen Verein entgegennehmen – und ihren Mitgliedsausweis und einen amtlichen Lichtbildausweis vorlegen. Ein Kaufpreis ist verboten, die Vereine sollen sich durch die jeweiligen Mitgliedsbeiträge finanzieren. Geregelt sind auch Dokumentationspflichten für die Vereine und regelmäßige amtliche Kontrollen.
Cannabis Social Clubs: Lizenz ist sieben Jahre gültig
Die Erlaubnis für den Anbau gilt befristet für sieben Jahre, nach fünf Jahren kann sie verlängert werden. Die Bearbeitungszeit der Anträge soll drei Monate betragen. Im Antrag für die Lizenz zum Anbauen nötig: Unter anderem die Mitgliederzahl des CSC, Standort und Größe der Anbauflächen, voraussichtliche Cannabis-Jahresmengen, Sicherungsmaßnahmen und ein Gesundheits- und Jugendschutzkonzept.
Die Vereine müssen ihre Mitglieder über das Thema Sucht informieren. Verboten ist der Anbau in Wohngebäuden, eine auffällige Beschilderung und Werbung ebenso. Die geschätzte Jahresmenge orientiert sich am Eigenbedarf der Mitglieder – zu viel geerntetes Gras muss dann vernichtet werden. Der Verkauf an Dritte ist strengstens untersagt.
- Cannabis: Warum die Legalisierung viel Arbeit für Polizei und Justiz bedeutet
- Cannabis legal: VNW-Chef - „Kiffen schafft Streit unter Nachbarn im Treppenhaus“
- Cannabis Pinneberg: Wo gekifft werden darf - Drei Social-Clubs gehen an den Start
Pro CSC-Mitglied, jedes muss älter als 18 Jahre sein, dürfen bis zu 50 Gramm pro Monat ausgegeben werden. Mitglieder müssen mindestens drei Monate Teil des Vereins sein und sechs Monate in Deutschland leben, um „Drogentourismus“ zu vermeiden. Vorstandsmitglieder dürfen nicht wegen Drogendelikten vorbestraft sein.
Cannabis-Anbau: 50 Gramm pro Social-Club-Mitglied im Monat
Für die Konsumenten der Altersspanne zwischen 18 und 21 Jahren ist dabei in den CSCs eine Menge von monatlich bis zu 30 Gramm erlaubt – mit einem Wirkstoffgehalt von maximal 10 Prozent.
Die Wedeler Firma Nynomic hat ein Testgerät zur Ermittelung dieses Wertes entwickelt und möchte sich auch auf dem Cannabis-Sektor – auch bei der Aufzucht – mit weiteren Produkten etablieren.
Kiffen in Deutschland: Seit April ist es teilweise legal
In der Cannabis-Pflanze sorgt der psychoaktive Wirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) für die berauschende Wirkung. Dieser ist hauptsächlich in den Blüten und den Harzdrüsen vorhanden, die auch zum sogenannten Haschisch gepresst werden.
Seit dem 1. April dürfen Erwachsene in Deutschland 25 Gramm straffrei in der Öffentlichkeit bei sich tragen. 50 Gramm in den eigenen vier Wänden sind ebenfalls erlaubt. Die kleingemahlenen Blüten werden größtenteils zu Joints gerollt – und geraucht. Pur oder mit Tabak vermengt. Der Wirkstoff kann jedoch auch oral, etwa über Kekse, zu sich genommen werden.
THC-Grenzwert für Autofahrer soll auf 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blut steigen
Der THC-Grenzwert für Autofahrer soll künftig auf 3,5 Nanogramm der Hauptwirkstoffkomponente pro Milliliter Blut erhöht werden. Bisher lag dieser bei 1,0. Für Fahranfänger ist Cannabis in der zweijährigen Probezeit, wie beim Alkohol auch, verboten. Das Gesetz ist vom Bundestag Anfang Juni verabschiedet worden, jedoch bisher noch nicht vom Bundesrat, um Gültigkeit zu erlangen. Der Punkt steht auf der Tagesordnung für die Sitzung des Gremiums am Freitag, 5. Juli.
Der Wert entspricht laut Experten circa einem Alkohol-Wert von 0,2 Promille. Allerdings ist die Abbauzeit des THC-Wirkstoffs im Blut ebenfalls individuell verknüpft mit dem eigenen Konsummuster und dem körpereigenen Stoffwechsel. Bei Überschreitung droht in der Regel ein Bußgeld von 500 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot. Mischkonsum mit Alkohol ist verboten. Werden beide Stoffe bei der Kontrolle festgestellt, beträgt das Bußgeld mindestens 1000 Euro. Wiederholt sich dieses Delikt sind es bis zu 3500 Euro.