Kreis Pinneberg. In Pinneberg, Wedel und Elmshorn soll Gras für Mitglieder angebaut werden. Internet-Karte gibt Aufschluss, wo konsumiert werden darf.
Wer darf kiffen? Wo darf konsumiert werden? Und wer verkauft demnächst das Cannabis an wen? Nachdem die von der Bundesregierung beschlossene Teillegalisierung von Cannabis seit Monatsanfang wirksam ist, soll zum 1. Juli dieses Jahres ein nächster Schritt die Abkehr der bisherigen Drogenpräventionspolitik deutlich machen - und auch im Kreis Pinneberg stehen die Gründer und Cannabis-Fans dafür in den Startlöchern.
Sogenannte Social Clubs können dann mit ihrer Pflanzenzucht – auch auf gesetzlich sicherem Boden – beginnen. Sofern das Gesetz bis dahin tatsächlich festgezurrt ist. Dann darf Cannabis angebaut werden, die getrockneten Blüten mit dem psychoaktiven Wirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) erhalten dann die maximal 500 Vereinsmitglieder des jeweiligen Clubs. Und nur diese, da der kommerzielle Handel weiterhin verboten bleibt.
Cannabis: Social Clubs für den Anbau in Pinneberg, Wedel und Elmshorn
Im Kreis Pinneberg planen bisher drei solcher Clubs ihre Gründung. Der Cannabis Social Club – kurz CSC – Pinneberg, der „Highmatverein“ in Wedel und „Hazegrow“ in Elmshorn. Alle drei Vereine sind organisiert im Bundesverband Cannabis Social Club i.G. – also noch in der Gründungsphase, bis das Gesetz steht.
Die Namen spielen auf den Marihuana-Kontext an. Mit dem englischen Wort „High“ ist etwa der berauschende Zustand gemeint, „Haze“ ist eine Cannabis-Sorte, die zunächst in den 1960er-Jahren in Kalifornien (USA) gezüchtet worden ist und bei den rauchenden Konsumenten eher eine anregende Wirkung auslösen soll.
Kreis Pinneberg: Verantwortliche der Cannabis-Clubs bleiben vorerst anonym
Die Verantwortlichen aus den Cannabis-Clubs des Kreises Pinneberg wollen noch nicht in der Öffentlichkeit auftreten. „Damit schützen wir unsere Mitglieder und uns selber vor Repressalien der längst überfälligen Entkriminalisierung und Legalisierung“, heißt es etwa in einer schriftlichen Stellungnahme des Pinneberger Clubs, der sich, wie geschrieben, noch in der Gründungsphase befindet.
Bislang verbinden sich die möglichen Mitglieder nur online. „Unser Hauptziel ist es, durch Bildungs- und Aufklärungsarbeit ein tiefgreifendes Verständnis für Cannabis sowie dessen gesetzliche Regelungen und Wirkungen zu schaffen“, schreiben die Verantwortlichen. Grundsätzlichen loben die Initiatoren der Vereine die Legalisierung. Sie kritisieren allerdings den „bürokratischen Aufwand“, der betrieben werden müsse, um Organisationen zu bilden und Anbauflächen zu legalisieren.
Wo darf öffentlich gekifft werden? Bubatzkarte Pinneberg gibt Aufschluss über legale Konsumzonen
Bis dahin ist das Konsumieren von Cannabis zumindest öffentlich erlaubt, aber nicht überall. So ist das Kiffen in allen Fußgängerzonen bundesweit gesetzlich zwischen 7 und 20 Uhr verboten. Daran halten sich offenbar nicht alle, wie eine Stichprobe in der Pinneberger Fußgängerzone zeigt. Verstöße wegen eines verdächtig süßlichen Geruchs seit Anfang April sind jedenfalls wahrscheinlich.
Über die Sperrbereiche für den Konsum von Joints im Kreis Pinneberg gibt im Internet die sogenannte „Bubatzkarte“ Aufschluss. Mit dem in Mode gekommenen Kunstbegriff „Bubatz“ ist Marihuana, also Gras, gemeint. „Die Bubatzkarte basiert auf den öffentlichen Daten von OpenStreetMap, und kann unvollständig sein; jeder ist für sein Handeln selbst verantwortlich“, sichern sich die Betreiber rechtlich ab.
Bubatzkarte: In rot gekennzeichneten Flächen ist das Kiffen verboten
In den rot gekennzeichneten Bereichen der interaktiven Karte ist der Konsum laut Bubatzkarte nicht erlaubt, unter anderem, weil sich Schulen, Kindergärten oder Sportvereine dort befänden. Beispielsweise ist das Kiffen auf sämtlichen weitläufigen Ländereien der Golfclubs im Kreis Pinneberg verboten, etwa im Golfpark Weidenhof, Gut Peiner Hof (Pinneberg/Prisdorf) oder auf Gut Wulfsmühle in Tangstedt. Sie gelten als Sportstätten, dort ist der Konsum tabu.
Kurios: Besucher der Jürgen-Schumann-Kaserne in Appen dürften dort laut Bubatzkarte theoretisch einen mit Gras befüllten Joint anzünden. Nur in Nähe des Sportplatzes der Kaserne nicht. Zumindest sehen es die Homepagebetreiber so. Im Impressum ist Block Services aus Fellbach (Baden-Württemberg) als Betreiber der Bubatzkarte angegeben.
Kreis Pinneberg: Kiffen auf dem Flugplatz – laut Bubatzkarte legal
Ein Konsumverbot soll zudem nur im Eingangsbereich des Flugplatzes Uetersen/Heist herrschen. Wer nicht selbst fliegt, Auto oder Fahrrad fährt, könnte somit im Umkehrschluss landende und startende Flugzeuge unter Gras-Einfluss beobachten.
Generell ist jedoch zu beachten, dass an nicht-öffentlichen Plätzen über das jeweilige Hausrecht des Besitzers Marihuana-Konsum verboten werden darf. Gesetzlich verboten ist der Konsum „in unmittelbarer Gegenwart von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben“.
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Darüber hinaus gilt das Verbot in und an bundesweit allen Schulen – laut Gesetz „in deren Sichtweite“. Gleiches gilt für Kinderspielplätze, Kinder- und Jugendeinrichtungen und den bereits angesprochenen Sportstätten. Dies soll künftig auch für die Anbauvereinigungen – sprich Social Clubs – gelten. Die Sichtweite gilt bei einem Abstand von mindestens 100 Metern vom Eingangsbereich bereits als überschritten.
Landwirtschaft: Cannabis als Anbauprodukt? – Gerüchte in Elmshorn
In der Landwirtschaft ist der Anbau bislang noch kein Thema. Das bestätigt eine Sprecherin der Landwirtschaftskammer gegenüber dem Abendblatt. Für medizinische Zwecke gibt es unter strengen Auflagen eine Anbaufläche bei Neumünster.
Vieles ist für die Zukunft ohnehin noch ungewiss, da die Bundesregierung ebenfalls laufende Analysen angekündigt hat, welche Auswirkungen die einzelnen Maßnahmen der Teillegalisierung hätten.
Zudem keimen auch immer wieder Gerüchte auf: Während in einer Facebook-Gruppe in einem Beitrag bereits darüber berichtet wird, dass die Stadt Elmshorn für den Social-Club bereits Räume zur Verfügung stellen würde, widerspricht der Oberbürgermeister dieser Darstellung. Volker Hatje stellt klar: „Als Stadt werden wir sicherlich so einen Raum nicht anbieten!“
Bundesgesetz: Cannabis gilt nicht als Kleingartenpflanze
In den Schrebergärten wird sich das neue Gesetz ebenfalls nicht so rasch durchsetzen. „Da die Cannabispflanze laut Bundeskleingartengesetz nicht als Kleingartenpflanze gilt, ist sie bei uns im Verein auch nicht geduldet“, sagt etwa Martin Neuhaus vom Vorstand des Schrebergarten-Vereins Wedel. Das bestätigt auch Uwe Heyn von den Quickborner Laubenpiepern.
Indes bietet die Wedeler Firma Nynomic AG nun auch für den deutschen Markt ihr Messgerät Purpl Pro an. Damit lässt sich unter anderem die Stärke des Cannabis durch den Prozentwert des THC-Gehalts bestimmen. Laut Strafverfolgungsbehörden und dem Zoll liegt der durchschnittliche THC-Gehalt von Cannabisblüten bei circa 14 Prozent, bei Cannabisharz – also den zu sogenanntem Haschisch zusammengepressten Drüsen der Pflanze – bei circa 20 Prozent.