Tornesch. Alina Amman aus dem Kreis Pinneberg holt nach dem Freilufttitel auch den Hallensieg über 800 Meter. Was das für Paris 2024 bedeutet.
Die Formel klingt doch so einfach wie einleuchtend: Sie ist amtierende deutsche Meisterin über 800 Meter draußen; jetzt ist sie auch ganz frisch deutsche Meisterin über 800 Meter in der Halle. Das muss doch für Alina Ammann das Ticket nach Paris für die Olympischen Spiele in diesem Sommer in Frankreichs Hauptstadt sein, oder nicht?! Aber Pustekuchen!
„Ganz so einfach ist es dann leider doch nicht“, sagt die Leichtathletin des TuS Esingen. Sie hat aber Verständnis dafür, dass Interessierte ohne tieferen Einblick in die Materie glauben können, dass eine amtierende doppelte Titelträgerin schon mit einem Fuß bei den Weltspielen sein müsste. „Qualifikationen für internationale Meisterschaften, also auch Olympia, funktionieren ausschließlich über Normzeiten, die zu unterbieten sind, sowie über das recht komplexe System der Weltrangliste.“
Der Hallentitel könnte zur Initialzündung für Alina Amman werden
Also sind die 2:07,55 Minuten von Leipzig und das erneut (wie schon im Juli 2023 in Kassel) bestechende Finish gegen Vizemeisterin Christina Hering (LG Stadtwerke München) nur ein Muster ohne Wert? Ganz und gar nicht, meint die in Hamburg wohnende Psychologiestudentin. Auch ohne direkten Nutzen für ihren Weg zu höheren Aufgaben könnte der 800-Meter-Triumph von Leipzig zur Initialzündung für die 26-Jährige werden.
„Ich muss sagen, dass ich aus diesem Titelgewinn noch einmal mehr Selbstbewusstsein mitgenommen habe; Leipzig hat bestätigt, dass ich wirklich so stark bin, wie ich mich fühle und dass Kassel kein Ausrutscher war“, sagt Alina Amman. „Der erneute Erfolg in einem Meisterschaftsrennen zeigt, dass wir mit meinem Trainingsplan auf dem richtigen Weg sind, dass alles so funktioniert, wie geplant.“
Die Hallen-Titelkämpfe hatten keinen besonderen Platz in Alina Ammanns Trainingsplan
Dabei hatte die Tornescherin gar nicht gezielt auf dieses Meisterschaftsrennen und die Hallensaison hingearbeitet; außerdem war sie nach einigen Jahren des Aussetzens in der Halle mit deutlich weniger Rennerfahrung ins Halbfinale und den Endlauf von Leipzig gestartet. „Wir sind ganz normal in unserem Trainingsrhythmus geblieben, als hätte ich keinen Wettkampf zu bestreiten und haben nur ein, zwei kleine Wettkampf-spezifische Einheiten eingelegt.“
Wichtiger war für die Mittelstreckenspezialistin, die im vergangenen Dezember infolge ihres DM-Triumphs als Schleswig-Holsteins Sportlerin des Jahres ausgezeichnet wurde, das Feeling, das sie durch die Meisterschaftsläufe in Leipzig erlangen wollte.
Der 800-Meter-Lauf in der Halle ist riskanter als im Freien
„In der Halle ist es eine ganz andere Art von Rennen, du nimmst die Strecke ganz anders wahr, zumal du vier anstelle von zwei Runden läufst“, sagt Ammann. „Und es ist eine große Herausforderung. Die Kurven sind enger, du läufst dichter aufeinander, und die Gefahr für Rangeleien und Stürze ist deutlich größer als draußen.“ Der Hallenlauf bietet also mehr Reibefläche und erhöht die Wettkampfhärte – Qualitäten, die sich auf internationalem Parkett auszahlen können.
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Beide Titel miteinander vergleichen möchte sie nur ungern, die Meisterschaften haben ihren jeweils ganz eigenen Wert für die junge Frau, die ihrem Heimatverein die Treue hält trotz räumlicher Nähe am Wohnort zu größeren Vereinen der Leichtathletikszene. „Kassel war natürlich viel emotionaler, weil das schließlich mein erster Titel bei den Erwachsenen gewesen ist“, sagt die Läuferin mit der Freiluftbestzeit von 2:01,42 Minuten. „Aber hier in Leipzig ist die Meisterschaft nun so wichtig, weil ich mich dadurch bestätigen konnte. Außerdem ist es ein unbeschreiblich schönes Gefühl, beide Titel gleichzeitig zu besitzen.“
Die Gesundheit ist der Schlüssel für den weiteren Erfolg
Von nun an liegt der Fokus für Alina Amman wieder auf der Freiluftsaison. Und natürlich wird sie Teilnahmen an Wettkämpfen ansteuern, bei denen sie die Normzeiten für Olympia angreifen kann. „Und deswegen ist für mich jetzt die Gesundheit das A und O“, sagt Ammann, die sich mit dem Hallentitel für ihren 26. Geburtstag zwei Tage zuvor selbst beschenkt hat. „Mein Trainingsplan funktioniert; wenn also die Gesundheit mitspielt, ist alles möglich.“ Und in diesen Sommer voller Möglichkeiten geht sie nun mit einer gehörigen neuen Portion an Selbstvertrauen hinein. Leipzig sei Dank.