Tornesch. 800-Meter-Läuferin Alina Ammann hat an ihren Schwächen gefeilt. Nun ist sie Deutsche Meisterin. Was sie an sich verbessert hat.
Für viele Regionen Deutschlands hatten die Wetter-Apps über die vergangenen Tage Hitze-Warnungen ausgegeben. Die empfohlenen Verhaltensregeln: Schatten aufsuchen, wenig belasten, viel trinken. Nun ja, eins von drei ist zwar keine so tolle Quote, aber wenn man sieht, was Alina Ammann daraus gemacht hat, dass sie es beim Trinken beließ, will gewiss niemand meckern – und sie am wenigsten, als frischgebackene Deutsche Meisterin über 800 Meter.
Leichtathletik Meisterin: Bei der Sommerhitze dreht Alina Amman erst richtig auf
Die Leichtathletin des TuS Esingen hat sich bei den nationalen Titelkämpfen in Kassel jedenfalls nicht von den Temperaturen über 30 Grad ausbremsen lassen und auch dankend auf angebotene Hilfsmittel verzichtet. „Man hatte uns im Auestadion eine klimatisierte Halle zur Verfügung gestellt, in der wir uns aufhalten und auch für die Wettbewerbe aufwärmen durften“, berichtete die 25-Jährige.
Die hatte auf den dramatischen letzten 50 Metern des Finallaufs ihre Konkurrentinnen Christina Hering (LG Stadtwerke München) und Majtie Kolberg (LG Kreis Ahrweiler) noch abgefangen und überholt (wir berichteten online). „Ich hab mich aber nicht in diesen Hallen warm gemacht und dort auch nicht runtergekühlt. Ich habe mich sogar in langer Hose für den Lauf aufgewärmt, um den großen Kontrast zwischen drinnen und draußen zu vermeiden. Ich wollte meinem Kreislauf dieses auf und ab ersparen.“
Im Saisonverlauf stand Alina Ammann nicht unter den Top Ten des DLV
Hitze kann sie also ab, die Psychologiestudentin, die ihren Bachelor mittlerweile in der Tasche hat und sich nun bald an den zweijährigen Mastergang machen will. Doch das allein kann ja nicht das Rezept gewesen sein, um die junge Frau, die im bisherigen Saisonverlauf nicht in den
Jahresbestenlisten des DLV unter den Top Ten geführt wurde, nun mit einem Schlag auf das Siegerpodest von Kassel zu katapultieren.
„Also von meinen Trainingsergebnissen her wusste ich ja jetzt – und auch in den Jahren zuvor –, was ich leisten kann“, sagte Alina Ammann. „Ich bin über die vergangenen Jahre immer wieder durch Erkrankungen oder Verletzungen ausgebremst worden, die mich halt in ungünstigen Momenten ereilt hatten.“ Dieses Mal aber lief alles mehr oder weniger reibungslos für die Tornescherin, die schon seit einigen Jahren in Hamburg wohnt.
Vater Michael ist immer noch Alina Ammans wichtigster Trainer
Allein der Rhythmus in der Vorbereitung war nicht so sehr darauf ausgerichtet, bereits vorher auf sie aufmerksam zu machen. „Ich trainiere unverändert mit meinem Vater Michael; das passt sehr gut, weil er mich nach so vielen Jahren mit allen Stärken und Schwächen gut kennt“, sagt die 800-Meter-Spezialistin, die sich aber auch gerne Mal an die 400 Meter oder auch die 1500 Meter ranmacht.
„Zusätzlich habe ich mich verschiedensten Leuten aus Hamburg angeschlossen. Da sind zum Beispiel einige Sprinter der TSG Bergedorf und auch ein Freund und eine Freundin vom TuS Finkenwerder.“
Zwei Wochen zuvor in Lübeck läuft Alina Amman ihre Generalprobe für Kassel
Sprinter als Trainingspartner? Also ist das das Geheimrezept für den Erfolg auf der Zielgeraden von Kassel? Vielleicht ein bisschen, aber nicht nur meint Amman. „Zwei Wochen vor Kassel war ich bei den norddeutschen Meisterschaften in Lübeck, da bin ich am ersten Wettkampftag die 1500 Meter taktisch gelaufen; bin die letzten 500 Meter nach vorne gegangen und habe einen Steigerungslauf draus gemacht“, blickt die neue Deutsche Meisterin zurück. „Tags darauf bin ich über die 800 Meter auf Sieg gelaufen, bis kurz vor Schluss an Position zwei geblieben und dann am Ende nach vorn gegangen; also irgendwie eine Generalprobe für Kassel.“
Was aber nicht hätte klappen können, hätte Alina Ammann nicht vorher noch konsequent an einer ihrer ärgerlichsten Schwächen gearbeitet. „Letztes Jahr hatte ich Probleme auf den letzten 200 Metern, ich konnte den Schritt nicht mehr ziehen, bin in der Hüfte weggesackt“, beschreibt Ammann das Manko, das es zu beseitigen galt.
Mit einer befreundeten Physiotherapeutin absolviert sie ein individuelles Krafttraining
„Ich habe dann mit einer befreundeten Physiotherapeutin ein durch sie ausgearbeitetes Krafttraining begonnen. Ich bin jetzt jetzt von der Physis viel besser aufgestellt.“ Aus dieser Verbesserung resultierten dann auch andere Trainingseinheiten in Sachen Schrittfrequenz. „Mit kürzerer Frequenz erhöht sich dann meist auch deine Geschwindigkeit.“
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Und das sollte sich in Kassel auszahlen: „Da habe ich im Finale auf der Gegengeraden realisiert, dass ich ja auf einem Medaillenrang laufe und dachte: Das muss ich halten. Und auf der Zielgeraden dann waren Christina und Majtie so dicht zusammen, da wusste ich, mit einmal überholen schaffe ich es ganz nach vorn.“