Norderstedt. Umstrittene Kostenexplosion bei Prestigebau: Beinahe wäre die Finanzierung eingefroren worden. Heftige Debatte zwischen Fraktionen.

  • Stadtvertretung über Finanzierung für Bildungshaus gespalten
  • Harte Debatte um Vergleich mit Investitionen in Schulen
  • CDU: Nicht automatisch allen Kostensteigerungen zustimmen

Die Bauarbeiten für das Bildungshaus in Norderstedt kommen voran, und auch die Finanzierung ist weiterhin gesichert. Die Stadtvertretung bewilligte nun in der letzten Sitzung des Jahres mit knapper Mehrheit von 29 zu 26 Stimmen zusätzliche 10,31 Millionen Euro für das wegen einer Kostenexplosion massiv in die öffentliche Kritik geratene Prestigeprojekt am Herold-Center. Das Geld fließt in den ebenso beschlossenen Nachtragshaushalt 2024/2025, die Investition steigt somit auf 57,77 Millionen Euro, es ist eines der teuersten Vorhaben der Stadtgeschichte.

Die Debatte hierzu war wenig besinnlich. Gunnar Becker, Fraktionschef der CDU, listete noch einmal auf, wie sich das Preisschild über die Jahre verändert habe. Von rund 13 Millionen Euro (2015) auf 19,5 Millionen Euro (2019), „damals noch mit Tiefgarage“, im März 2022 verfügte die Politik dann einen Kostendeckel von 33,9 Millionen Euro, im Juni 2023 waren es dann 47,58 Millionen Euro – und Ende 2024 dann noch einmal mehr als 20 Prozent plus.

Trotz massiver Kritik an Kostenexplosion: 10 Millionen Euro mehr für das Bildungshaus in Norderstedt

Gunnar Becker (geb. 14.5.69), der neue Fraktionsvorsitzende der CDU in Norderstedt, beim Interviewtermin im Rathaus (21.12.23).
Gunnar Becker, Fraktionschef der CDU: Die Christdemokraten lehnten die Erhöhung ab. © Christopher Mey | Christopher Mey

Becker erinnerte Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder an eine Aussage, die einige Monate zurückliegt und getätigt wurde, als die Bauzeitverlängerung bis 2026 verkündet wurde. „Ich habe die Oberbürgermeisterin gefragt, ob das mit einer Kostensteigerung verbunden ist. Die Antwort war: Nein.“

Es seien Stimmen anderer Parteien zu gehören gewesen, dass man keine Ruine wolle, dass es ein kräftiger Schluck sei, „da müssen wir jetzt durch“, so Becker, der fragte: „Ist das so? Müssen wir automatisch allen Kostensteigerungen zustimmen? Wie glaubwürdig sind wir gegenüber den Wählern, wenn wir uns mit der Aussage ‚Wir haben keine Wahl‘ aus der Verantwortung nehmen?“ Die CDU stimmte der Erhöhung tatsächlich nicht zu., forderte vielmehr, bei der Innenausstattung notfalls wesentliche Abstriche zu machen. „Sollte das Bildungshaus als Rohling erbaut werden, trägt nicht die Politik die Verantwortung dafür.“ Zudem, so seine Kritik, gebe es „kein Nutzungs- und Betreiberkonzept für das Bildungshaus“.

Kosten-Schock für Norderstedt: Das Bildungshaus soll noch einmal mehr als 20 Prozent teurer werden, die Investition steigt von 47,5 auf 57,8 Millionen Euro. Das Prestigeprojekt in Garstedt soll 2026 eröffnet werden.
2026 soll die Einrichtung, die Stadtbücherei, VHS und Stadtarchiv vereint und ein Treffpunkt für Kultur, Bildung und Gesellschaft werden soll, eröffnet werden. © Christopher Mey | Christopher Mey

FDP: „Wir haben den Kostendeckel bei Weitem gebrochen“

Ähnlich äußerte sich die FDP. Stadtvertreter Michael Reimers betonte: „Wir haben den Kostendeckel bei Weitem gebrochen. Zeitgleich wurden alle Schulen im Stadtgebiet marode, müssen saniert oder neugebaut werden. Das ist den Bürgern nicht mehr zu vermitteln.“ Es gehe nicht darum, das Bildungshaus nicht fertigzustellen. „Aber das ist mit den vorhandenen Mitteln möglich.“

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ingrid Betzner-Lunding warnte ausdrücklich davor, Investitionen in Schulen und in das Bildungshaus gegeneinander auszuspielen.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ingrid Betzner-Lunding warnte ausdrücklich davor, Investitionen in Schulen und in das Bildungshaus gegeneinander auszuspielen. © Christopher Mey | Christopher Mey

Ingrid Betzner-Lunding, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, wollte das nicht so stehen lassen. Sehr wohl sei im September im Kulturausschuss ein Nutzungskonzept präsentiert worden, es sei „Unsinn“, was die CDU behaupte, sie verschickte im Anschluss die entsprechende Präsentation sogar per Mail an einige Christdemokraten. Zum eigentlichen Streitpunkt sagte sie: „Das Bildungshaus wird vielleicht zu teuer. Und wenn wir gewusst hätten, wie viel es wird, hätten wir es vielleicht gar nicht gemacht.“

„Ich bin sicher, die Norderstedter werden das Bildungshaus nutzen und lieben“

Ausdrücklich warnte sie davor, Investitionen in Schulen gegen das Bildungshaus auszuspielen, und zählte auf: Norderstedt habe die Grundschulen bereits auf den Offenen Ganztag umgestellt, es gebe in jeder Schule WLAN, der Baustart für den Campus Glashütte stehe bevor. „Wir haben immens in Schulen investiert. Der absolute Löwenanteil unserer Investitionen geht in die Schulen.“ Und auch das Bildungshaus befürwortete sie: „Jeder kann sich das Angebot leisten. Ich bin mir sicher, die Norderstedter werden es nutzen und lieben.“

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Und ja, so Betzner-Lunding, das Bildungshaus sei „eine freiwillige Leistung“, aber das seien auch die Förderung des Sports, die Förderung der Musik, des Feuerwehrmuseums und der Kultur.

Katrin Fedrowitz (SPD) sagte, das Bildungshaus stehe nicht in Frage.
Katrin Fedrowitz (SPD) sagte, das Bildungshaus stehe nicht in Frage. © SPD | SPD

Bildungshaus in Norderstedt: Auch SPD und WiN/Freie Wähler winken 10 Millionen Euro durch

Auch die SPD stimmte letztlich für die Finanzierung. „Für uns steht das Bildungshaus nicht in Frage“, so Katrin Fedrowitz. „Aber in Zukunft erwarten wir eine frühzeitigere, deutlichere Kommunikation – und, den Kostenrahmen zu halten oder zu reduzieren.“

Sonja Gebert (Wir in Norderstedt/Freie Wähler) sagte in Richtung der Verwaltung, man sei „über die Kommunikation sehr enttäuscht“. Jetzt stünde man „mit dem Rücken zur Wand“. Zukünftig sollten „solche Kostensteigerungen von mehr als 200 Prozent nicht mehr vorkommen“, forderte sie.