Norderstedt. Etliche Schulen in Norderstedt müssen saniert werden. Das Abendblatt hat sich bei Elternbeiräten umgehört: So beurteilen sie Situation.
- Eltern in Norderstedt üben Kritik: Die Stadt gönne sich ein „Luxus-Bildungshaus“, lasse aber die Schulen zerfallen.
- Viele Schulgebäude in Norderstedt sind marode und müssen dringend saniert werden.
- Aber es gibt auch Lob für die Ganztagsbetreuung an den Grundschulen.
Wer Eltern in Norderstedt, die sich in den Elternbeiräten für die Schulgemeinschaft engagieren, zur Situation der Schulen in der Stadt befragt, der bekommt viel Kritik zu hören. „Die Stadt gönnt sich ein Luxus-Bildungshaus, während unsere Schulen Ruinen gleichen.“ „Die Stadt tut nur dann was, wenn sie muss.“ „Weder die Stadt noch das Land investieren genügend Geld in die Bildung.“ Die Kritik überwiegt deutlich, Lob wird sparsam verteilt, wie eine Umfrage des Abendblatts unter den Eltern zeigt.
„Die Stadt hat zu lange mit dem Neubau gewartet, am Aurikelstieg steht ja immer noch das alte Schulgebäude“, sagt Astrid Cornils, Elternvertreterin der Klasse 3c und Mitglied im Elternbeirat der Grundschule Lütjenmoor. Die Schule platze aus allen Nähten. Lob findet Astrid Cornils für die Containerräume: Sie seien toll ausgestattet, es gebe gute Beschäftigungsmöglichkeiten.
Norderstedt: Stadt baut „Luxus-Bildungshaus, aber Schulen gleichen Ruinen“
„Die Stadt hat in Sachen Bau und Instandhaltung der Schulen komplett versagt. Und das seit vielen Jahren“, sagt Katrin Bunkrad, Elternvertreterin der Klasse 2a an der Grundschule Lütjenmoor. Vor sieben Jahren sei der Abriss und Neubau der Schule am Aurikelstieg geplant gewesen. Passiert sei „absolut gar nichts“.
„Im Hinblick darauf, dass sich die Stadt ein Luxus-Bildungshaus gönnt und dafür den einzigen Spielplatz im Umkreis (ersatzlos) abriss, zeigen sich die Prioritäten doch mehr als deutlich“, sagt Katrin Bunkrad weiter. Sie kenne niemanden, der nach so einem Gebäude verlangt hat – nun explodierten die Preise für das Bildungshaus, „während unsere Schulen Ruinen gleichen. Die Stadt und deren Vertreter sollten sich schämen“. Weder die Stadt noch das Land investierten genug in die Bildung.
Willy-Brandt-Schule: Schulgemeinschaft trotzt Baumängeln
Schulleitung, Lehrerkollegium und Schüler rückten zusammen und versuchten, mit Pragmatismus, Ideenreichtum und Einsatz die Schule am Laufen zu halten. „Und genau mit diesem Zusammenhalt in der Schulgemeinschaft kann die Willy-Brandt-Schule (WBS) auch in Zukunft für sich werben und neue Schüler für sich gewinnen“, sagen die Elternbeiräte Anna Molzahn, Astrid Jodeit und Anja Hanke – im Altbau der Gemeinschaftsschule sind 40 Prozent des Gebäudes nach einem Wasserschaden nicht nutzbar, die Schüler der Oberstufe müssen auf die ehemalige Schule am Rodelberg an der Dunantstraße ausweichen.
Auf solch eine Notsituation hätten sich weder die WBS noch die Stadt vorbereiten können. „Und doch wäre sie sicherlich einfacher aufzufangen gewesen, wären längst geplante Schulbauvorhaben (Aurikelstieg) bereits in die Tat umgesetzt worden“, sagen die Elternvertreterinnen.
Coppernicus-Gymnasium: Zahl der fehlenden Räume steigt
Auch ohne solche Notsituationen gerate das Norderstedter Schulsystem immer weiter an seine Grenzen. Die Stadt müsse zielgerichteter planen und zügiger umsetzen und ja, das werde Geld kosten. „Investitionen in unsere Kinder und deren Bildung gehören zu den wichtigsten Aufgaben unserer Gesellschaft und werden sich in jedem Fall als gewinnbringend auszahlen.“
Auch ein Haus weiter wird Kritik an der Stadt laut: „Uns fehlen sieben Klassenräume. Im Zuge der geplanten Baumaßnahmen sollen ab Januar 2025 nur vier neue Räume geschaffen werden. Perspektivisch wird die Anzahl der fehlenden Räume weiter steigen“, sagen Meike Sonnenburg, Nadin Glindemann, Sandra Wiltfang, Julia Poschadel und Dhana Kleinwort, Vorstände des Elternbeirats am Coppernicus-Gymnasium.
Gymnasium Harksheide: Baumängel müssen schnell behoben werden
Der allgemeine Zustand der Gebäude lasse zu wünschen übrig. So falle mitunter Putz von der Decke, die elektrischen Leitungen seien mangelhaft. Außerdem gebe es sehr häufig Probleme mit dem von der Stadt zur Verfügung gestellten WLAN MobyEdu. „Das Coppernicus Gymnasium wird aufgrund des umfangreichen Lernangebots dennoch auch zukünftig großen Zulauf erhalten, die Schülerzahlen werden weiter steigen.“ Bei der Anmeldung neuer Fünftklässler werde Baulärm daher keine entscheidende Rolle spielen, zumal er perspektivisch nahezu alle Norderstedter Gymnasien betreffe.
Lesen Sie auch
„Unter den Eltern ist es momentan ziemlich ruhig, wahrscheinlich, weil es schnell vorangeht“, sagt Oliver Kraushaar, Vorsitzender des Elternbeirats am Gymnasiums Harksheide – Teile der Fassade und des Dachs sind baufällig, die Mängel müssen schnell behoben werden. Der Schulbetrieb sei aber gesichert, hieß es im Schulausschuss.
Eltern favorisieren eine Sanierung am jetzigen Standort
Zurzeit erarbeiten Gutachter eine Lösung: Kernsanierung, teilweiser oder kompletter Neubau, eventuell auch am Standort Fadens Tannen, wo jetzt Flüchtlinge im ehemaligen Gebäude der Gemeinschaftsschule Harksheide untergebracht sind. Die Ergebnisse sollen spätestens im Januar vorliegen.
Die Eltern favorisieren, so Kraushaar, eine Sanierung am jetzigen Standort. Die Fachräume seien von Bauarbeiten nicht betroffen, der Schulsport auch nicht, und zu den Klassenräumen bestehe eine räumliche Distanz. Der Elternbeiratsvorsitzende geht davon aus, dass mögliche Bauarbeiten kaum Einfluss darauf haben, ob sich Eltern bei der Wahl der weiterführenden Schule für das Gymnasium Harksheide entscheiden, zumal an anderen Norderstedter Schulen ebenfalls saniert oder erweitert werde.
Norderstedt hat für viele Millionen Ganztagsbetreeung eingerichtet
„Die mangelnde Tragfähigkeit des Dachses war bekannt, da hätte die Stadt was tun können. Aber sie tut nur dann was, wenn sie muss“, sagt Kraushaar. Er sieht ein Problem darin, dass die Stadt keine Rücklagen für Reparaturen oder den Ausbau von Schulen bilde. „Dann wären nötige Investitionen nicht Teil des öffentlichen Haushaltes, den die Politiker beschließen müssen. Die Ausgaben für die Schulen stünden dann nicht im Wettbewerb mit anderen Projekten und Maßnahmen wie dem Straßenbau“, sagt der Vorsitzende des Elternbeirats.
Allerdings bekommt die Stadt auch Lob: „Die Stadt hat durchaus in den letzten Jahren in die Bildung investiert und für viele Millionen die Ganztagsbetreuung an den Grundschulen eingerichtet.“
Lise-Meitner-Gymnasium: Neubau ist kein Problem, sondern eine Chance
„Wir gehen davon aus, dass der Neubau nur geringe Auswirkungen auf den laufenden Schulbetrieb haben wird“, sagt Michael Braun, Vorsitzender des Elternbeirats am Lise-Meitner-Gymnasium zum geplanten Bau des Campus Glashütte, der das Schulzentrum Süd mit Lise-Meitner-Gymnasium und Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark ersetzen wird.
Der Unterricht werde kaum eingeschränkt. Die Eltern sehen den Neubau nicht als Problem, sondern als Chance. Es sei sichergestellt, dass ein vernünftiger Unterricht stattfinden kann, bis der Neubau fertiggestellt ist. Danach zögen die Schüler in ein modernes Schulgebäude mit einem guten Raumkonzept. „Das alleine sollte doch für das Schulzentrum Süd bei der Wahl der weiterführenden Schule sprechen.“ Auch die gute Schulgemeinschaft mit einem guten und regelmäßigen Austausch zwischen Lehrern, Eltern und Schülern sei ein Pluspunkt.
Neubau des Campus Glashütte hat sich zu lange verzögert
Die Stadt habe die Mängel zwar rechtzeitig erkannt – die Planung des Neubaus habe ja schon vor mehr als zehn Jahren begonnen –, aber: „Leider wurde das Vorhaben dann immer wieder auf den Prüfstand gestellt und dadurch verzögert – aus unserer Sicht mindestens einmal zu oft.“
Eine Auffassung, die Heiko Tank-Achilles vom Elternbeirat der Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark teilt. Die meisten Eltern befürchteten keine Einschränkungen durch die Baumaßnahmen. Nur die eingeschränkte Parkplatz-Situation und der geänderte Schulweg verunsicherten die Eltern noch.
Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark: Mit UNESCO-Projekten punkten
Die Schule sollte mit den eigenen Stärken punkten und den Neubau als Chance sehen, sagt Tank-Achilles: „Die zukünftigen Fünftklässler werden definitiv noch in den Genuss der dann modernsten Schule in Norderstedt kommen.“ Die Schule punkte mit einem tollen Stundenplankonzept, UNESCO-Projekten sowie diversen Projekten aus dem „Perspektiv Schulprogramm“.
„Wenn der neue Solitärbau fertig ist, wird auch die Containerschule in Betrieb genommen. Die Wege sind kurz, Klassen- und Fachräume sind gut ausgestattet, daher ist die Qualität des Unterrichts gesichert“, sagt Björn Rentergent vom Elternbeirat der Gemeinschaftsschule Friedrichsgabe – das Schulzentrum Nord wird seit Jahren saniert und erweitert.
Gemeinschaftsschule Friedrichsgabe: Bauarbeiten ziehen sich in die Länge
Natürlich verursachten Baustellen Lärm und Schmutz. „Durch eine durchdachte Bauplanung werden diese Belastungen jedoch so gering wie möglich gehalten“, sagt der Elternvertreter. Ein modernes und ansprechendes Schulgebäude wie der Neubau sei für viele Eltern ein wichtiges Kriterium, wenn es um die Wahl der weiterführenden Schule geht.
Zu den seit Jahren dauernden Bauarbeiten sagt Rentergent: „Die Mängel sind seit geraumer Zeit bekannt. Die Planung und Ausführung der Bauarbeiten ziehen sich erheblich in die Länge.“ In den letzten Jahren habe die Stadt verstärkt die Bildung und die Schulen ins Blickfeld gerückt. „In der Vergangenheit war dies jedoch nicht der Fall, was dazu geführt hat, dass viele Schulgebäude heute erhebliche Mängel aufweisen, die dringend behoben werden müssen.“
.