Norderstedt. Gebäude am aktuellen Standort sind marode, manche Räume können nicht genutzt werden. Welcher Beschluss jetzt im Schulausschuss fiel.
- Teile der Fassade und des Dachs sind baufällig, deshalb muss bald etwas passieren.
- Was am aktuellen Standort möglich wäre, untersucht eine Studie, die kurz vor dem Abschluss steht.
- Nun wird auch untersucht, ob man an Fadens Tannen neu bauen könnte, das beschloss die Politik.
Teilsanierung, oder doch ein kompletter Neubau? Und falls ja, am selben Standort, oder an einem ganz anderen Ort? Derzeit werden mehrere Optionen für das Gymnasium Harksheide in Norderstedt diskutiert, der Umzug in eine Übergangs-Unterkunft inklusive. Denn es besteht „akuter Handlungsbedarf“, sagt Schulleiterin Kristin Vorwerck. Nachdem schon im April die Gebäudefassade abgesperrt werden musste, weil Teile herunterfielen, wurden jetzt auch Mängel am Dach festgestellt. Die könnten im Winter sogar dazu führen, dass die Schule geschlossen werden muss.
„Aus meiner Sicht muss so schnell wie möglich etwas passieren“, sagt Kristin Vorwerck. Denn die Situation habe sich aktuell noch einmal verschärft. „Seit Kurzem steht hier ein zusätzliches Gerüst, eine Art Kletterturm“, so die Schulleiterin. Der sei dafür da, dass Personen auf das Dach können, um dort Schnee abzuräumen. Denn: „Ab einer bestimmten Menge Schnee ist die Tragfähigkeit nicht mehr gegeben. Das bedeutet, wir müssten die Schule dichtmachen und auf Homeschooling umsteigen, wie zu Corona-Zeiten.“
Gymnasium Harksheide: Neubau an der Straße Fadens Tannen?
Schon seit Ostern schränken die Baumängel den Schulbetrieb stark ein. Wegen der Absperrungen sind Teile des Innenhofes nicht mehr für die Schüler nutzbar. Auch Innenräume sind betroffen, im Verwaltungstrakt. „Dort gibt es ein Glasdach. Weil Fassadenteile darauf fallen könnten, können bestimmte Lehrer-Aufenthaltsräume nicht genutzt werden“, sagt Kristin Vorwerck.
Plan: Auf dem Sportplatz könnten Behelfs-Klassenräume aufgebaut werden
Bei der Stadtverwaltung sind die Baumängel bekannt. Und es gibt auch schon Planspiele für eine Teil- oder Komplettsanierung oder einen Neubau der Schule. Im Schulausschuss stellte Tim Bernitt, Leiter des Amtes für Gebäudewirtschaft, kürzlich einen Plan vor, nachdem die Schule während einer Umbauphase in Modulbauten umziehen könnte, die dann in der Mitte des Sportplatzes der Schule aufgestellt werden könnten. Steht also der nächste Not-Umzug einer Schule oder eines Teils der Schülerschaft an, nachdem sich im Sommer an der Willy-Brandt-Schule plötzlich herausstellte, dass Teile der Zwischendecken im Altbau einsturzgefährdet sind?
Zustand aktuell? „Im Moment laufen Probebohrungen“
Im Schulausschuss hieß es dazu kürzlich, dass der Schulbetrieb an dem Gymnasium aktuell gesichert sei. Eine aktuelle Stellungnahme dazu aus der Bauverwaltung oder dem Schulamt gab es am Mittwoch nicht. Wie akut die Baumängel wirklich sind, wird offenbar aktuell untersucht. „Im Moment laufen Probebohrungen in dem Gebäude“, sagt Kristin Vorwerck. Zudem läuft schon seit 2019 eine Machbarkeitsstudie zu dem Schulstandort.
In dem Gutachten, das das Beratungsunternehmen Drees & Sommer erarbeitet, geht es darum, was vor Ort möglich wäre – also etwa eine Kernsanierung, eine Aufstockung, ein teilweiser oder ein kompletter Neubau – und was das kosten würde. Diese Studie ist laut Kristin Vorwerck offenbar in der Schlussphase, nach ihrer Kenntnis soll sie im Dezember oder Januar vorgestellt werden.
CDU-Vorschlag: Neubau für das Gymnasium am Standort Fadens Tannen
Einen neuen Lösungsvorschlag hat nun die CDU vorgelegt. In einem Antrag für den Schulausschuss am kommenden Mittwoch regt sie an, das Gymnasium Harksheide komplett neu zu bauen. Allerdings nicht mehr am alten Standort, sondern an der Straße Fadens Tannen. Dort, wo sich aktuell – im früheren Gebäude der Gemeinschaftsschule Harksheide – eine Flüchtlingsunterkunft befindet. Für die Geflüchteten müsste eine neue Unterkunft geschaffen werden, dann könnte nach Vorstellung der CDU das Gebäude abgerissen werden und Platz für einen Neubau machen, in den dann das Gymnasium Harksheide einzieht.
Die aktuellen Schulgebäude des Gymnasiums an der Falkenbergstraße könnten dann, soweit noch nutzbar, in eine „Ausweichschule“ umgewandelt werden. Es würde nach Stand der Dinge den Fachraum-Trakt betreffen. Die Ausweichweichschule würde dann auch jene Modul-Container auf dem Sportplatz langfristig nutzen, die in einem ersten Schritt die Schüler des Gymnasiums Harksheide nutzen würden. Eine Ausweichschule – die seit langem im Gespräch ist – wäre in Zukunft ein Ort für alle Norderstedter Schulen, die von Baumaßnahmen betroffen sind.
CDU: Durch Nachbarschaft zur Gemeinschaftsschule würden „Synergien“ entstehen
„Wir glauben, dass diese Variante die günstigste und beste wäre“, sagt Gunnar Becker, Fraktionschef der CDU. Die Verwaltung wird daher beauftragt, sie spätestens bis April zu prüfen, so der Beschlussvorschlag. Aus Sicht der CDU sprächen auch „Synergieeffekte“ für diese Lösung. Becker: „Direkt neben dem Standort Fadens Tannen liegt die Gemeinschaftsschule Harksheide, auch die Grundschule Falkenberg ist ganz in der Nähe.“ Aus seiner Sicht könnten Fachräume und Sportanlagen gemeinsam genutzt werden, es sei eine „gemeinsame Schulsozialarbeit“ möglich, zudem würde die nachbarschaftliche Lage zu einer „besseren Umsetzbarkeit der Durchlässigkeit der Schulsysteme“ führen.
Generalunternehmer könnte „seriell“ bauen
Bleibt die Frage, wie die Bauverwaltung, die ohnehin schon recht ausgelastet ist – unter anderem mit den Schulzentren Nord und Süd – noch einen Neubau schultern soll. Dazu Gunnar Becker: „Aus unserer Sicht schaffen wir das nur mit externer Hilfe.“ Nach Beckers Vorstellung könnte ein Generalunternehmer beauftragt werden, der den Neubau dann „seriell“ realisiert – also nach einem festen Vorbild baut, das es schon gibt.
Nach diesem Muster entstanden in den 60er- und 70er-Jahren viele Schulbauten in Deutschland, aus Beckers Sicht wäre es lohnenswert, zu diesem Prinzip zurückzukehren. „Aktuell dauern Schulbau-Planungen bei uns in Norderstedt sehr, sehr lange.“ Das serielle Verfahren mit Generalunternehmer habe unter anderem den Vorteil, dass man auf einen Architektenwettbewerb verzichten könnte und auch nicht alle Gewerke einzeln ausschreiben müsste.
Wie Kristin Vorwerck die Idee findet
Passiert an Fadens Tannen also demnächst etwas ganz Neues, nach einem alten Muster? Zumindest Kristin Vorwerck kann mit dem Vorschlag der CDU wenig anfangen. Sie stört vor allem der Standort. „Synergieeffekte“ kann sie dort nicht sehen. „Ich frage mich, auf welcher Datenbasis dieser Vorschlag entstanden ist“, sagt sie. Fachräume oder Sporthallen könne man nicht einfach gemeinsam nutzen, „wenn man drei Schulen hat, braucht man auch drei Sporthallen.“
Eine „Durchlässigkeit“ des Schulsystems habe man bereits jetzt, auch bei der Schulsozialarbeit gebe es „viel Vernetzung“. Aber die gemeinsame Nutzung von Räumen könne sogar „negativ“ sein, da „Rückzugsräume“ im individuellen Schul-Umfeld wichtig seien. Generell ist Vorwerck keine Freundin von sehr großen, integrierten Schulstandorten. „Da würde ein System von 3000 Schülern entstehen“, die Folgen wären aus ihrer Sicht nicht gut, auch für die Schulsozialarbeit nicht.
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Vorwerck fürchtet außerdem, dass der CDU-Vorstoß einen möglichen Neubau oder eine Sanierung jetzt, wo die Lage dringend ist und außerdem bald die Machbarkeitsstudie vorliegt, nur noch weiter verzögern würde. „Dann müssten wir wieder von vorne anfangen!“
Was der Schulausschuss am Mittwoch beschlossen hat
Die Verwaltung wird diesen Vorschlag jetzt trotzdem auf eine mögliche Realisierung hin prüfen – das hat am Mittwochabend (4.12.) der Schulausschuss beschlossen, mit den Stimmen von CDU und SPD. Die ursprüngliche Vorlage der CDU wurde aber, nach längerer Debatte, noch abgeändert. Geprüft werden soll nun der Bau einer „vierzügigen weiterführenden Schule“ am Standort Fadens Tannen, das muss nicht notwendigerweise das Gymnasium Harksheide sein.
Im selben Zuge soll die Verwaltung aufzeigen, wo eine neue Unterkunft für Geflüchtete gebaut werden könnte, als Ersatz für die derzeitige Unterkunft Fadens Tannen. Darauf hatte die SPD gedrungen. Das Ergebnis dieser Prüfung soll die Verwaltung bis spätestens April vorlegen.