Bad Bramstedt. Psychotherapeuten und Pfleger kämpfen für einen Tarifvertrag und kürzere Arbeitszeiten. Was der Streiktag für die Patienten bedeutet.
Patientinnen und Patienten der Schön Klinik in Bad Bramstedt, einer Fachklinik für Psychosomatik, müssen sich am Donnerstag auf Einschränkungen einstellen. Der Klinikbetrieb wird nicht wie gewohnt laufen, denn die Gewerkschaft ver.di hat für diesen Tag einen Warnstreik angekündigt. Der soll um 8 Uhr beginnen und bis 22.30 Uhr dauern. Das Klinikum Bad Bramstedt, das ganz in der Nähe liegt, aber nicht zum selben Klinikkonzern gehört, ist davon nicht betroffen.
Die Beschäftigten wollen mit dem Streik erreichen, dass sie künftig nach Tarif bezahlt werden. Aktuell gibt es nur einen Hausvergütungsrahmen, den die Geschäftsführung aber „regelmäßig anpasst“, wie es vonseiten des Unternehmens heißt. Nach Angaben von ver.di hatten sich Vertreter der Belegschaft schon 2023 an die Gewerkschaft gewendet. „Im Mai 2024 hat ver.di den Arbeitgeber zu Tarifverhandlungen aufgefordert“, sagt Imke Wriedt, Fachbereichssekretärin des Bezirks Schleswig-Holstein-Süd-West bei der Gewerkschaft. Dieser habe aber am 10. Oktober der Gewerkschaft mitgeteilt, dass er „Tarifverhandlungen mit ver.di ablehnt“, so Imke Wriedt.
Schön Klinik Bad Bramstedt: Personal streikt am Donnerstag
Das Krankenhaus in Bad Bramstedt, das knapp 500 Betten hat und etwa 3600 Patienten pro Jahr behandelt, ist die größte psychosomatische Fachklinik Deutschlands für die Akut- und Rehabilitationsbehandlung. Unter anderem werden Depressionen, Burnout, Angststörungen, Zwangsstörungen und Essstörungen behandelt, ein Schwerpunkt ist die Behandlung Jugendlicher.
Das Haus gehört zur Gruppe Schön Klinik mit Sitz in München. Das Privatunternehmen betreibt Krankenhäuser und Gesundheitszentren an 26 Standorten in Deutschland, darunter zwei in Hamburg und vier in Schleswig-Holstein. Die Gruppe besitzt auch Kliniken in Großbritannien.
Therapiesitzungen werden am Donnerstag abgesagt
Wie Imke Wriedt sagt, werde sich Pflegepersonal an dem Warnstreik beteiligen, zudem würden psychologische Psychotherapeuten streiken. Ärzte sind weniger betroffen, da sie vom Marburger Bund vertreten werden. Was das für die Patienten bedeutet, schildert Imke Wriedt so: „Es werden Einzel- und Gruppentherapiesitzungen abgesagt. Wir haben aber eine Notdienstbesetzung mit zwei Therapeuten zur Krisenintervention geplant.“
Eine der Kernforderungen der Therapeuten, so Wriedt, betreffe die Verkürzung der Arbeitszeit von aktuell 40 auf 37 Wochenstunden. „Die 40-Stunden-Woche ist in dem Bereich einfach aus der Zeit gefallen“, so Wriedt. Sie sagt auch: „Wir haben einen extrem hohen Rückhalt im Betrieb, unser Organisationsgrad liegt bei 50 Prozent. Das ist sehr ungewöhnlich in der Branche.“
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Wie Wriedt sagt, wird es bei einem Warnstreiktag nicht bleiben. „Wir gehen davon aus, dass wir auf relativ viel Widerstand stoßen werden. Deshalb haben wir einen weiteren Warnstreiktag geplant und auch schon einen zweitätigen Warnstreik.“ Die Termine würden kurzfristig bekannt gegeben.
2016 stieg US-Investor bei dem Familienunternehmen ein
Das 1985 gegründete Unternehmen Schön Klinik ist ein Familienunternehmen. Allerdings holte sich die Unternehmensführung vor acht Jahren einen US-Investor ins Haus, die Private Equity-Gesellschaft Carlyle Group. Diese hat seitdem eine Minderheitsbeteiligung an dem Unternehmen. Imke Wriedt sagt, dass sich in der Klinik in Bad Bramstedt seit dem Einstieg des Investors „das Klima verändert“ habe. Sie sagt auch: „Das Unternehmen will die Gewerkschaft nicht am Tisch haben.“ Aber man sei zuversichtlich, dass man letztlich Erfolg haben werde.
Was die Schön-Gruppe zu dem Streiktag sagt
Zu dem Warnstreik und auch zum Abbruch der Gespräche Anfang Oktober nahm die Schön-Gruppe am Mittwoch auf Abendblatt-Anfrage Stellung. So teilt Pressesprecherin Astrid Reining mit: „Wir, die Schön Klinik Bad Bramstedt, sind als Arbeitgeber durchaus bereit, über die Forderungen von ver.di inhaltlich zu sprechen. Allerdings streben wir hierfür auch weiterhin eine innerbetriebliche Regelung mit unserem Betriebsrat an.“
Man sei „der festen Überzeugung, dass sich viele Aspekte besser zwischen den Betriebspartnern, das heißt Betriebsrat und Arbeitgeberin, regeln lassen als in einem Tarifvertrag“, so Reining weiter. „Denn aus unserer Sicht kennen die Betriebsparteien die Besonderheiten unseres Hauses besser als die Gewerkschaft. Dies haben wir der Verhandlungskommission von ver.di dargelegt, zu einer weiteren Diskussion dieses Lösungswegs war ver.di nicht bereit.“
Die Schön Klinik Bad Bramstedt engagiere sich seit vielen Jahren für eine „hohe Mitarbeiterzufriedenheit“, dazu gebe es auch „regelmäßige anonyme Mitgliederbefragungen“. Man gehe davon aus, „auch in der aktuellen Diskussion gemeinsam mit dem Betriebsrat eine gute Lösung“ zu finden.
Nicht betroffen: das Klinikum Bad Bramstedt, das nicht zur Schön-Gruppe gehört
Nicht betroffen von dem Streiktag ist das Klinikum Bad Bramstedt. Das Krankenhaus mit 1000 Beschäftigten, das unter anderem für seine Orthopädie und Rheumatologie bekannt ist, gehört nicht zur Schön-Gruppe. Es war jahrelang im Besitz der Deutschen Rentenversicherung Nord, Anteile hielten auch das Universitätsklinikum Eppendorf und die Stadt Bad Bramstedt.
Das Klinikum war nach der Corona-Krise in finanzielle Schieflage geraten, ging 2023 insolvent und wechselte erst kürzlich den Besitzer. Seit Oktober gehört es einem Privatinvestor, der IGPmedical GmbH aus Norderstedt. In der Vergangenheit hatten allerdings auch die Beschäftigten des Klinikums Bad Bramstedt mehr Lohn gefordert, da sie wegen der finanziellen Schieflage auf Geld verzichtet hatten und deutlich unter Tarif bezahlt werden.