Norderstedt/Elmshorn. Einzelhandelskette zahlungsunfähig, Schutzschirmverfahren läuft. Was das für Filialen in den Kreisen Segeberg und Pinneberg bedeutet.
Deko-Artikel, Geschirr, Besteck, Garten- und Balkonmöbel, Geschenkpapier: Das und mehr findet man in den Filialen des Einzelhändlers Depot. Doch die Kette, die mehr als 500 Geschäfte in Deutschland, Österreich und in der Schweiz betreibt, ist wirtschaftlich in schweres Fahrwasser geraten. Jetzt wurde eine sogenannte Insolvenz in Eigenverantwortung beantragt – das hat Folgen auch für die Filialen in Norderstedt, Kaltenkirchen und Elmshorn.
Die Norderstedter Filiale befindet sich im Obergeschoss des Herold-Centers. Dort lief am Mittwoch der Verkauf ganz normal, gleich am Eingang sind Luftmatratzen, Wasserspielzeuge und Handtücher aufgebaut. Utensilien für den Strandurlaub. Doch für die Mitarbeiter dürfte es ein ungewisser Sommer werden. „Ich darf leider nichts sagen“, sagt die Verkäuferin. Und kassiert weiter Artikel ab, von denen viele um 30 Prozent reduziert sind. Großflächig ins Schaufenster geklebte Plakate weisen unübersehbar darauf hin.
Depot insolvent: Zukunft der Läden in Norderstedt, Kaltenkirchen und Elmshorn ungewiss
Hinter der Marke Depot steht das Einzelhandelsunternehmen Gries Deco Company GmbH mit Sitz im bayerischen Niedernberg. Anfang der Woche war bekannt geworden, dass das Unternehmen eine Insolvenz in Eigenverantwortung beantragt hat. Das Amtsgericht Aschaffenburg bewilligte ein Schutzschirmverfahren und bestellte einen vorläufigen Sachwalter sowie einen vorläufigen Gläubigerausschuss, wie eine Gerichtssprecherin sagte.
Das Insolvenz-Schutzschirmverfahren soll in die Krise geratene Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger schützen. Die Geschäftsführung kann das Unternehmen weiter verantwortlich lenken und selbstständig sanieren. Ihr wird allerdings ein Anwalt als sogenannter Sachwalter zur Seite gestellt.
„Löhne sind bis September 2024 gesichert“
Depot im Kreis Segeberg zweimal vertreten, mit der Filiale im Norderstedter Herold-Center und einer weiteren Filiale im Einkaufszentrum Ohland-Park in Kaltenkirchen. Im Kreis Pinneberg ist Depot in Elmshorn vertreten, in der Königstraße. Auf eine Abendblatt-Anfrage zur Zukunft dieser drei Filialen verweist die Sprecherin Amelie Geiger auf eine Pressemitteilung des Unternehmens zum Schutzschirmverfahren.
Darin heißt es: „Der Geschäftsbetrieb des Unternehmens läuft uneingeschränkt weiter. Die Löhne und Gehälter der Beschäftigten in Deutschland sind für die Monate Juli bis September 2024 gesichert. Alle Aushilfslöhne sind bezahlt.“ Bis zum Herbst gilt also eine Art Galgenfrist.
Depot insolvent: Filialen auf dem Prüfstand
In den kommenden Wochen und Monaten dürften allerdings sämtliche Filialen in Deutschland unter die Lupe genommen werden. Schon Ende März hatte Firmeninhaber Christian Gries bekannt gegeben, dass 90 Filialen in Deutschland auf dem Prüfstand stehen. Das wäre etwa jeder dritte Standort hierzulande. Konkrete Informationen, welche Filialen zur Disposition stehen, gab es damals nicht.
In der Mitteilung zum Schutzschirmverfahren sagt Christian Gries nun: „Wir werden sehr zügig auf alle Beteiligten – insbesondere natürlich Mitarbeiter, Vermieter, Lieferanten und Geschäftspartner – zugehen und gemeinsam die nächsten Schritte besprechen.“ Klares Ziel sei es, „das künftige Geschäftsmodell von Depot im Schulterschluss mit allen Stakeholdern in Richtung eines weg- und zukunftsweisenden Schulterschlusses für nachhaltig erfolgreichen und resistenten Einzelhandel auszurichten.“
Rabatt-Aktionen sollten Geld in die Kasse bringen
Schon vor einigen Wochen waren die deutschlandweiten Rabatt-Aktionen in den Depot-Filialen aufgefallen. Sie sollten offenbar Geld in die Kassen bringen. Das Unternehmen, das 1948 mit Christbaumschmuck begann und Anfang der 90er-Jahre das erste „Depot“-Geschäft in Aschaffenburg eröffnete, hatte in den vergangenen Jahren immer wieder Probleme.
Nach dem Einstieg des Schweizer Handelsriesen Migros im Jahr 2009 hatte Depot einen aggressiven Expansionskurs verfolgt. Die Zahl der Filialen stieg von 109 auf 500, der Umsatz kletterte gewaltig. Die Gewinne wuchsen aber nicht im gleichen Tempo, im Gegenteil: Das Unternehmen machte Verluste. 2019 verkaufte Migros seine 90-prozentige Beteiligung an dem Wohnaccessoire-Anbieter an den bisherigen Unternehmenschef und Gründerenkel Christian Gries. Er war bis dato mit 10 Prozent am Unternehmen beteiligt.
Depot insolvent: Neuausrichtung bis Anfang 2025
Gries hat nun Anfang 2024 wieder selbst die operative Führung des Unternehmens übernommen, um das Unternehmen „trotz der hohen Dynamik der Veränderungen der Einzelhandelsmärkte auch dauerhaft weiter in einer führenden Marktposition zu halten“, wie es in einer Mitteilung des Unternehmens heißt.
Das jetzt gewählte Schutzschirmverfahren verkürze den Transformationsprozess, der eigentlich auf mehrere Jahre angelegt war, nun auf „wenige Monate.“ Vorgesehen sei nun, spätestens zum Jahreswechsel 2024/25 einen „finalen Plan zur Neuausrichtung zur Abstimmung zu bringen.“
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Abzuwarten bleibt, was das genau für die Filialen in Norderstedt, Kaltenkirchen und Elmshorn bedeutet. Sicher ist, dass der klassische, stationäre Einzelhandel schon seit Jahren zu kämpfen hat, deutschlandweit und branchenübergreifend. Das wurde auch im Herold-Center sichtbar, das 2023 mit „Gerry Weber“ einen großen Einzelhändler verlor, der ebenfalls ins Insolvenzverfahren ging. 2020 hatte Karstadt die Filiale in der angrenzenden De Gasperi-Passage schließen müssen. Auf Teilen der Flächen zogen neue Mieter wie „Rusta“ ein, in anderen Bereichen wird immer noch umgebaut.
(Mit Material von dpa)