Norderstedt. „Ramschläden, Leerstand, Niedergang!“: Was Centerchef Carsten Gogol zu negativen Online-Rezensionen von Norderstedtern sagt.
- Kunden kritisieren den Verlust von Fachgeschäften und die Zunahme von Billigläden
- Herold-Center sieht sich „pauschal schlecht gemacht“
- Management will auch Kunden mit kleinem Geldbeutel etwas bieten
„Niedergang“, „Vielfalt hat gelitten“, „Billigläden“, „Leerstand“: Manche Kunden gehen öffentlich hart ins Gericht mit dem Herold-Center, etwa bei Google Maps und in Facebook-Foren wie „Wir, mein Norderstedt“. Rezensionen wie diese sind keineswegs der allgemeine Tenor – aber sie fallen ins Auge und müssen ernst genommen werden in einer Zeit, in der der stationäre Einzelhandel zu kämpfen hat, einst dominierende Ketten wie Görtz und Warenhäuser wie Karstadt Insolvenz anmelden müssen.
Carsten Gogol, 54, leitet seit neun Monaten das Center, das zur ECE Group gehört und das seit Jahrzehnten die erste Einkaufsadresse für viele Norderstedter ist. Gogol, das wird beim Treffen spürbar, scheint für diesen Job durchaus zu brennen, er glaubt an die Welt der Einkaufszentren – und an sein Herold-Center. Mit dem Abendblatt sprach er über negative Kundenrezensionen und wie man in der Abteilung Centermanagement damit umgeht.
Centermanager: „Ich biete jedem das Gespräch an und antworte auch immer“
„Wir sind total offen für Kritik“, versichert Gogol. Die könne man auf vielen Wegen äußern und bekomme dann auch Antworten, die über die etwas allgemein klingenden Antworten des Centermanagements bei Google Maps hinausgehen („Hallo und danke für dein ehrliches Feedback!“, heißt es da etwa und es wird auf ein Kontaktformular verwiesen). Carsten Gogol sagt: „Man kann mich auch direkt anschreiben, zum Beispiel über Instagram, oder anrufen. Ich biete jedem das Gespräch an und antworte auch immer.“
Gogol sagt aber auch: „Manche Diskussionen kann ich nicht so nachvollziehen. Ich finde es schade, wenn das Herold-Center pauschal schlecht gemacht wird. Und man tut auch den Mitarbeitern unrecht, die tagtäglich ihr Bestes geben.“
„Wir müssen für jeden Geldbeutel etwas anbieten und das wollen wir auch“
Emotional wird Carsten Gogol bei dem Vorwurf, sein Center befinde sich im Niedergang, es gebe dort „Ramschläden“. Gogol: „Wir haben keine Ramschläden im Herold-Center! Diese Diskussion kann ich nicht verstehen. Wir bieten ein breites Sortiment an, bei uns kann man zum Beispiel auch einen Boss-Anzug bei P&C bekommen und auch eine teure Uhr bei Christ. Auch Only und Camp David sind nun bei Weitem keine Ramschläden. Aber wir haben natürlich auch Konzepte, die eher niedrigpreisig sind, wie Pepco. Wir sind der Nahversorger für das Umfeld, hier kaufen viele Familien mit Kindern ein. Wir müssen für jeden Geldbeutel etwas anbieten und das wollen wir auch. Der Mix macht’s.“
Tedi und Rusta sind in der De-Gasperi-Passage – nicht im Herold-Center
Gogol sagt auch, dass manche Kunden gar nicht genau wissen, dass das Herold-Center und die De-Gasperi-Passage völlig getrennte Bereiche sind, die zu unterschiedlichen Firmen gehören. Anders als das Herold-Center wird die Passage mit ihren Ankermietern Rewe und Saturn nämlich von der MEC Metro ECE Centermanagement GmbH mit Sitz in Düsseldorf betrieben. Gogol: „Manchen Kunden, die mit Kritik auf uns zukommen, müssen wir das erstmal erklären. Tedi und Rusta gehören nämlich zum Beispiel in den Bereich der De-Gasperi-Passage.“ Gogol sagt auch: „Wir als Management des Herold-Centers sind auch gar nicht für das Parkdeck bei Saturn zuständig.“
Auch den Vorwurf, es gebe nicht mehr Vielfalt bei den Läden im Herold-Center, kontert Gogol: „Bei uns kann man alles bekommen, auch Bratpfannen und Nähgarn. Wir haben längst nicht nur Filialisten bei uns, sondern auch inhabergeführte Geschäfte wie den Tee- und Gewürzladen und den Spielwarenladen Peggy Diggeldey. Und vergessen wir nicht, dass wir direkt am Center immer freitags einen Wochenmarkt haben. Da bekommt man zum Beispiel tolle, frisch gekochte Mittagsgerichte.“
Aktuell stehen acht Läden leer, das enstpricht fünf Prozent der Fläche
Und das Thema Leerstände? Wer durch das Center geht, sieht einige Ladenflächen ohne Mieter. Manchmal sind die Fensterflächen mit großformatigen Foto-Motiven aus der Region abgeklebt, an anderer Stelle hat man aus Not eine Tugend gemacht. So gibt es schon länger einen Ausstellungsraum im Obergeschoss, hier zeigt aktuell der Fotoclub Norderstedt seine Werke. Im Erdgeschoss wurde die Fläche von Gerry Weber nach der Insolvenz der Textilkette frei. Zur Freude vieler Kinder ist hier nun das „Herold Science Center“ mit wechselnden Experiment-Stationen zu finden. Gogol sagt aber auch, dass man die Fläche natürlich „perspektivisch wieder gewerblich vermieten“ wolle.
Auf die Fläche der ehemaligen Konzertkasse kommt bald Sarah‘s Delicious
Aktuell gebe es acht Leerstände im Center. „Das entspricht fünf Prozent der Fläche, das ist absolut im Rahmen“, so der Centermanager. Aber Gogol sagt auch: „Jeder Leerstand ist natürlich einer zu viel. Wir sind mit Hochdruck dran, die Flächen wieder zu vermieten.“ Spruchreif sei noch nichts, mit einer Ausnahme: Auf der Fläche der ehemaligen Konzertkasse zieht Mitte März Sarah’s Delicious ein, mit einem „gastronomischen Konzept“. Bei Sarah’s Delicious gibt es unter anderem handgemachte Waffeln und Eis. „Da freuen wir uns schon drauf.“
Die Filiale der insolventen Kaffee- und Süßwarenkette Arko im Herold-Center hat aktuell noch geöffnet. Gogol ist vorsichtig optimistisch, dass das auch weiterhin so bleiben wird: „Wir sind da im Gespräch mit dem Insolvenzverwalter und ich bin guten Mutes.“
Warum es so schwierig ist, ein Sportgeschäft als Mieter zu bekommen
Daraus, dass die Lage schon mal einfacher war, macht Gogol kein Geheimnis. Er räumt ein, dass sich der Einzelhandel in den vergangenen Jahren generell stark verändert habe. „Das ist nicht mehr dasselbe wie vor 30 Jahren, da war die Kaufkraft höher und die Inflation niedriger“, sagt er. Deshalb sei die „Expansionsbereitschaft“ bestimmter Einzelhandelsfirmen nicht mehr so hoch. „Es ist zum Beispiel sehr schwierig, ein Sportgeschäft mit vollem Sortiment zu bekommen. Es sind weniger Firmen geworden und die, die es noch gibt, expandieren nicht. Zum Teil auch deshalb nicht, weil sie das Personal gar nicht bekommen.“
Bekleidungshändler wie Zara hingegen setzten auf riesige Flächen, die das Herold-Center so gar nicht bietet. „Allgemein dauert es heute eher nicht mehr drei Monate, eine Fläche zu vermieten, sondern schon mal zehn, zwölf Monate.“ Das habe auch damit zu tun, dass viele Kunden „das Geld eher zurückhalten, es sehr gezielt ausgeben“. Zudem seien die Menschen „nicht mehr so viel unterwegs wie früher“, was viel mit dem Trend zum Homeoffice zu tun habe. Manch einer kaufe seit Corona auch mehr im Internet.
Positive Nachricht: Kunden gehen wieder in stationäre Reisebüros
Trotzdem gibt es auch positive Nachrichten – und Gogol ist es wichtig, sie hervorzuheben: „Wir merken, dass die Kunden in den stationären Handel zurückkehren. Im Herold-Center hatten wir 2023 eine Million Kunden mehr als 2022. Das ist ein tolles Signal, das freut uns natürlich.“ Außerdem gebe es eine „Rückbesinnung auf Qualität“. Gogol: „Wir merken das zum Beispiel bei Schuhen, Textilien und auch bei den Reisebüros.“ Die Kunden kehrten nämlich zurück in die traditionellen Büros, auch jüngere. „Viele schätzen die Beratung und freuen sich, wenn sie eine Person anrufen können, wenn es ein Problem gibt. Das hat sicher auch damit zu tun, dass manche schlechte Erfahrungen mit Internet-Buchungen gemacht haben.“
Bauvorhaben in Garstedt als große Chancen für das Herold-Center
Allgemein ist Carsten Gogol „sehr optimistisch“, was die Zukunft seines Centers anbetrifft, sagt er. Das begründet er so: „Ich habe viele Center in Deutschland gesehen und kann sagen, dass das Herold-Center sehr gut aufgestellt ist. Norderstedt ist eine wachsende Stadt, im Umfeld des Centers entstehen Wohnungen, zum Beispiel auf der ehemaligen Kabs-Fläche. Und auch das Bildungshaus und der Neubau des Willy-Brandt-Parks bieten enorme Chancen für uns.“
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Insgesamt habe man, trotz gelegentlicher Kritik, „eine sehr wertschätzende und treue Kundschaft“. Das Herold-Center, so sieht Gogol es, ist „alles in allem ein tolles Center“. Die Norderstedter könnten da ruhig „ein bisschen Lokalpatriotismus haben“. Und: „Lokal einzukaufen ist ein guter Weg, den zu zeigen.“ Eine besondere Gelegenheit dafür bietet sich am 28. April. Für diesen Tag ist nämlich der nächste verkaufsoffene Sonntag geplant.