Kaltenkirchen/Henstedt-Ulzburg. Katzen, Kaninchen, Vögel in Not: Krasser Fall aus Kaltenkirchen zeigt, wie nötig der Neubau des Tierasyls in Henstedt-Ulzburg ist.
Es ist einer jener extremen Fälle eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz, die zeigen, wie hart der Alltag im Tierheim Henstedt-Ulzburg oftmals ist und wie dringend man für die Einrichtung einen Neubau im Kreis Segeberg benötigt: Die Aufnahmeeinrichtung musste Mitte April von jetzt auf gleich 85 verwahrloste Tiere aufnehmen.
Das Ordnungsamt Kaltenkirchen hatte die Sicherstellung der unfassbaren Menge an Tieren in einer einzelnen Privatwohnung angeordnet. „Bei einer Kontrolle wurde vom Veterinäramt festgestellt, dass die Tiere völlig vernachlässigt von einer Privatperson gehalten wurden. Das war nicht artgerecht, es mangelte an Hygiene, und viele Tiere waren auch schon krank“, sagt Meike Wölfel, Sprecherin der Stadtverwaltung Kaltenkirchen.
Tierheim Henstedt-Ulzburg: Extremfall untermauert Platznot
Die Behörde stieß auf etliche Katzen, aber auch auf Kaninchen, Schildkröten, Vögel, Mäuse und Ratten. Die Tiere vegetierten teilweise in Käfigen vor sich hin. Bei der Durchsetzung der Beschlagnahme mussten Polizeibeamte das Ordnungsamt begleiten, wie die Polizeidirektion Bad Segeberg bestätigt. Gegen die Person, die im Besitz der Tiere war und sich dabei offenbar völlig übernommen hatte, wurde vom Ordnungsamt Kaltenkirchen ein Bußgeldverfahren wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz eröffnet, außerdem stellt das Veterinäramt die Kosten der Beschlagnahmung und Begutachtung der Tiere in Rechnung.
Die 85 Tiere wurden schließlich in das Tierheim Henstedt-Ulzburg am Kirchweg gebracht und dort aufgenommen. Also dort, wo der Platz für Tiere in Not und ihre Helfer sowieso schon begrenzt ist. Doch es geht nicht anders. Umso größer ist nun die Erleichterung beim Verein Tierschutz Henstedt-Ulzburg darüber, dass sich die Städte und Kommunen, die das Tierheim finanzieren, endlich auf einen Neubau für das Tierasyl geeinigt haben. Nach einem Grundsatzbeschluss 2023 werden nun konkrete Verhandlungen über ein neues Grundstück geführt.
„Gas geben, was den Neubau anbelangt“
Die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Fundtiere Segeberg-West traf diesen Beschluss. Dort ist ab sofort Stefan Bohlen, Bürgermeister von Kaltenkirchen, Vorsteher. „Es ist wichtig, jetzt Gas zu geben, was den Neubau anbelangt“, sagte Bohlen. Das unterschrieben auch Ulrike Schmidt, Bürgermeisterin von Henstedt-Ulzburg, sowie Norderstedts Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder. Ellerau sowie die Ämter Kisdorf und Auenland Südholstein sind ebenso Mitglieder. „Wir möchten Einigkeit demonstrieren, möchten positiv in die Zukunft blicken“, sagte Schmidt.
Bohlen betonte, es soll kein „Tierheim von der Stange“ werden. Es gibt eine Berechnung, wie viel Platz nötig wäre. Das Gebäude müsste rund 1500 Quadratmeter Fläche haben, ebenerdig sein, plus Außenbereich käme man auf über 6000 Quadratmeter. Räume und Zwinger für Hunde, Katzen, Kleintiere, Personal, medizinische Untersuchungen, Büro und Empfang, all das muss berücksichtigt werden. Eine erste Kostenschätzung geht von 5 Millionen Euro aus, allerdings für ein fiktives Grundstück.
Neubau: Acht Standorte wurden beraten
Denn der Standort steht noch nicht fest. In der Sitzung wurden acht Optionen diskutiert, übrigens hinter verschlossenen Türen, auch wenn die Flächen zuvor bekanntgeworden waren. Sehr viel deutet darauf hin, dass es letztlich ein Areal in der Gemeinde Alveslohe werden könnte, wie auch im Beschlussvorschlag genannt.
Offiziell verkündete Stefan Bohlen aber nur, dass nun über einen Erbbaurechtsvertrag verhandelt werde. Auch Matthias Bornholdt, Bürgermeister von Alveslohe und zu Gast in der Sitzung, hielt sich bedeckt. In der zweiten Jahreshälfte soll es Klarheit geben.
Lange Warteliste: 50 Hunde, 25 Katzen, zehn Kleintiere
Für den Verein ist wichtig, dass etwas passiert. Die Vorsitzende Gaby Krambehr sprach bei ihrem Bericht über die Situation. Demnach stünden derzeit auf den Wartelisten 50 Hunde, davon 20 akute Fälle, 25 Katzen und zehn Kleintiere. Die mangelnde Kapazität ist auch der einzige Grund, warum die Zahlen der Aufgabetiere leicht zurückgehen. Denn die Not ist unverändert. Die Arbeit selbst ist dafür durchaus beliebt. „Wir freuen uns, dass wir gut ausbilden können. Wir hören von anderen Tierheimen, wie schwer es ist, Fachpersonal zu bekommen.“
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Ursprünglich war der Verein nur für Fundtiere zuständig, das kann mal ein Hund sein, der an einer Autobahnraststätte zurückgelassen wird, oder ein Riesenkaninchen, das im Gebüsch ausgesetzt wird. Dafür gibt es eine jährliche Pauschale, die nun noch einmal deutlich erhöht wird, da die Kosten für die Unterbringung und für den Tierarzt immer weiter zunehmen.
Tierheim Henstedt-Ulzburg: Absage an Erweiterung des Einzugsgebiets
Oftmals melden sich Tierhalter auch selbst, dann wird von Fall zu Fall entschieden. Der dritte Bereich, und dieser nimmt zu, sind Sicherstellungen durch Behörden wie in diesem Jahr in Kaltenkirchen. „Sie leisten exzellente Arbeit, halten uns als Kommunen den Rücken frei“, so Stefan Bohlen, „wir sind sehr froh, dass wir sie haben.“ Daher gelte auch das Versprechen, „ihnen beim Neubau entgegenkommen zu wollen“.
Weil die Zusammenarbeit zwischen Verein und Kommunen so gut funktioniert, gibt es großes Interesse anderer Orte, sich am Zweckverband zu beteiligen. Das kommt momentan aber nicht in Frage. „Es ist nicht unser Ansinnen, den Bedarf anderer Kommunen mitzubefriedigen. Auch wenn wir uns damit nicht beliebt gemacht haben“, sagte Katrin Schmieder recht deutlich. Perspektivisch könnte sich das vielleicht ändern, aber nur, wenn das Tierheim größer ist und mehr Personal hat.
Wer mehr über das Tierheim erfahren möchte: Am Sonnabend, 3. August, 11 bis 14 Uhr, wird am Kirchweg 124 ein Sommerfest gefeiert.