Henstedt-Ulzburg. Seit zwei Wintern geschieht auf der Baustelle in Henstedt-Ulzburg nichts. Der Investor ist für Nachfragen nicht erreichbar.
- Neubau war als Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen geplant.
- Die Gemeinde hat vergeblich versucht, mit dem Investor Kontakt aufzunehmen.
- Für den Neubau wurde trotz Protest eine 80 Jahre alte Linde gefällt.
Die Baustelle ist menschenleer, abgesperrt durch einen Zaun, Gräser und Büsche scheinen lange nicht gestutzt worden zu sein, die Schutzplanen sind teilweise abgerissen, das Gebäude ist Wind und Wetter ausgeliefert: In Henstedt-Ulzburg deutet sehr viel darauf hin, dass es in der Gemeinde bald eine Bauruine geben wird. Denn dass das Neubauprojekt im Ortsteil Henstedt, und zwar an der Kreuzung Kisdorfer Straße/Bürgermeister-Steenbock-Straße, irgendwann fertig wird, scheint derzeit unwahrscheinlich zu sein.
Ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen war hier eigentlich geplant. Wer sich umhört, trifft auf große Skepsis. „Seit zwei Wintern tut sich nichts mehr“, heißt es von einem Politiker, ein anderer sagt: „Dem ist das Geld ausgegangen.“ Gemeint ist ein Investor, es soll sich um den Immobilienmakler Torsten Bauer aus der Gemeinde handeln, zumindest fällt sein Name vielfach während der Recherche.
Immobilienpleite? Halbfertiger Neubau in Henstedt-Ulzburg verfällt
Das Abendblatt hat vergeblich versucht, Kontakt aufzunehmen. Offenbar gelingt das selbst der Gemeinde nicht. Auf Nachfrage antwortet Volker Duda, Fachbereichsleiter für Planen, Bauen und Umwelt: „Die Gemeinde steht in keiner Beziehung mit dem Investor und deswegen fehlen die Informationen, wann dieser plant, sein Bauprojekt fertig zu stellen. Nachfragen hierzu waren bisher ergebnislos.“
Auch, wenn sich an dem Rohbau nichts mehr tut, bedeutet das nicht, dass die Verwaltung einschreiten wird. „Ordnungsbehördlich sind dort keine Auffälligkeiten zu erkennen, deswegen entsteht kein dringender Handlungsbedarf seitens der Gemeinde“, so Duda, fügt aber hinzu: „Selbstverständlich würden wir eine schnellstmögliche Fertigstellung begrüßen und uns freuen, wenn dieses Objekt bald belebt wäre.“
Grundstück sorgte vor einigen Jahren für großen Streit wegen einer Linde
In der Politik ist der Fall Gesprächsthema. Denn das Vorhaben hat eine lange Vorgeschichte, sorgte vor einigen Jahren sogar für eine Menge Zündstoff. „Wir haben mit relativ hohem Aufwand versucht, dort Wohnungsbau zu ermöglichen“, sagt etwa Stephan Holowaty (FDP). Er leitete den Planungsausschuss, als das Grundstück in den Fokus geriet. Denn auf diesem befand sich bis Sommer 2019 eine ortsprägende, rund 80 Jahre alte Linde. Um den Wohnungsbau zu ermöglichen, sollte diese abgeholzt und an anderer Stelle per Ersatzpflanzung ersetzt werden. In der Bevölkerung rief das großen Protest hervor.
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Die Fläche gehörte einer Erbengemeinschaft. Zwei Fraktionen (Grüne und WHU) forderten den damaligen Bürgermeister Stefan Bauer auf, ein Vorkaufsrecht wahrzunehmen, die Mehrheit war dagegen. Und dann war die Linde plötzlich gefällt, auch wenn noch gar kein Bauantrag vorlag. Der Investor sorgte selbst für Fakten, nahm eine Geldbuße in Kauf. Und die Bauarbeiten nahmen später ihren Lauf – wenn auch mit dem sichtbaren vorläufigen Ende.
Immobilien: Bauruine erinnert an spektakuläre Insolvenz in Norderstedt
Henstedt-Ulzburg droht somit eine unrühmliche Immobilienpleite, die Erinnerungen weckt an eine Insolvenz, die nicht nur bundesweit, sondern auch wenige Kilometer entfernt in Norderstedt gravierende Konsequenzen hatte. 50 moderne Eigentumswohnungen sollten an der Segeberger Chaussee gebaut werden, ehe dem Baukonzern Project das Geld ausging.
Das Vorhaben war bereits zu mehr als 80 Prozent fertiggestellt, vor einem Monat hieß es seitens des Insolvenzverwalters, dass die betroffene Wohnungseigentümergemeinschaft ein Wohnungsunternehmen aus Norderstedt damit beauftragt hätte, den Neubau federführend weiterzuführen. Die Baustelle war zuletzt allerdings immer noch verwaist, bot, wenn auch deutlich größer, einen ähnlich trostlosten Anblick wie das Gebäude in Henstedt-Ulzburg.