Kreis Segeberg. Radschnellweg sollte von Bad Bramstedt über Kaltenkirchen und Henstedt-Ulzburg nach Hamburg führen. Aber das Land änderte Konditionen.

  • Organisation, Bau und Finanzierung sollen nun Städte und Gemeinden übernehmen.
  • Das Land stellt nur für 90 Prozent der Kosten eine Förderung in Aussicht.
  • Henstedt-Ulzburg und Kaltenkirchen finden diese Bedingungen nicht attraktiv.

Auf 40 Kilometern „Radroute Plus“ sollen die Fahrradfahrerinnen und -fahrer zwischen Bad Bramstedt, Kaltenkirchen, Henstedt-Ulzburg und Norderstedt mit Vorfahrt durch das Radschnellnetz der Metropolregion in Richtung Hamburg flitzen. Eine echte Alternative zum Auto also. So weit die Vision, über die seit Jahren geredet und debattiert wird.

Doch in der Realität der Radler ist noch kein einziger Meter des Schnellweges realisiert. Ganz im Gegenteil. Im Kleinklein der behördlichen Verfahren droht der wichtige Baustein der Verkehrswende in der Region nun ganz hinter Aktendeckeln zu verschwinden. Wiedervorlage ungewiss.

Radschnellweg: „Radroute plus“ wird vielleicht gar nicht mehr gebaut

Denn das Land Schleswig-Holstein hat plötzlich die Spielregeln in der Kooperation mit den betroffenen Kommunen geändert. Die Landesregierung hat ihre Absicht revidiert, die Baumaßnahmen, die gut 100 Millionen Euro kosten werden, zu übernehmen. Organisation, Bau und Finanzierung der Radroute sollen jetzt auf die Baulastträger, also die betroffenen Städte und Gemeinden, verlagert werden. Das Land stellt nur für 90 Prozent der Kosten Förderung in Aussicht.

Auf einer Pressekonferenz der Metropolregion Hamburg am Montag zum Projekt Radschnellnetz und der Bilanz des Umsetzungsstandes von 300 Kilometern an Radrouten in und um Hamburg für eine prognostizierte halbe Million Pendlerinnen und Pendler pro Tag in vier Bundesländern, waren die Probleme auf der Radroute im Kreis Segeberg allenfalls ein Randthema.

Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen pries allerdings die Wichtigkeit der Radwege: „Die überlasteten Verkehrssysteme in der Metropolregion Hamburg werden durch die neuen Radrouten Plus entlastet: Für Pendlerinnen und Pendler werden umweltfreundliche und gesunde Alternativen zum Auto geschaffen – so wird die Verkehrswende attraktiv.“

Kaltenkirchen und Henstedt-Ulzburg: Darum stimmen sie nicht zu

Bürgermeisterin Ulrike Schmidt (Henstedt-Ulzburg) und Bürgermeister Stefan Bohlen (Kaltenkirchen) finden allerdings die Konditionen bei der Umsetzung der Radroute Plus vor ihrer Haustür alles andere als attraktiv. „Wir bedauern, dass das Land Schleswig-Holstein plant, die Organisation, den Bau und die Finanzierung der Radroute auf uns zu verlagern. Diese Entscheidung ist für uns nicht hinnehmbar, weswegen wir der neuen Realisierungsvereinbarung nicht zugestimmt haben“, teilen die beiden am Montag mit.

Es gehe Schmidt und Bohlen jedoch nicht um eine finanzielle Problematik. „Sondern darum, dass unter diesen Umständen eine erfolgreiche Umsetzung der Radroute fraglich ist. Eine Planung über solch einen langen Streckenabschnitt kann keine kommunale Aufgabe sein“, so die beiden Verwaltungschefs in der Mitteilung.

„Aufgrund der Vielzahl der beteiligten Kommunen bedarf es unserer Ansicht nach einer koordinierenden Funktion aufseiten des Landes. Aus diesem Grund sehen wir hier eine übergeordnete Zuständigkeit des Landes Schleswig-Holstein, insbesondere um die Erstellung der einzelnen Teilabschnitte zu harmonisieren, sodass am Ende ein durchgängiges Radschnellnetz entstehen kann.“

Radschnellweg: Stückwerk ist angesagt

Sollten Kaltenkirchen, Henstedt-Ulzburg und das Land nicht mehr auf einen gemeinsamen Nenner bei der Umsetzung des Projektes kommen, würde es mittelfristig wohl auf Stückwerk auf der Radroute hinauslaufen. Denn Norderstedt hat die Realisierungsvereinbarung für seinen Streckenabschnitt unterzeichnet. Immerhin 7,4 Kilometer der geplanten 40 Kilometer. Norderstedt kann sich da auch einen relativ schlanken Fuß machen, da der Radschnellweg sowieso direkt an der Landesstraße, der Schleswig-Holstein-Straße verläuft und das Land die Kosten trägt.

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Katrin Schmieder, Oberbürgermeisterin der Stadt Norderstedt, sagte zum Stand der Planungen: „Mobilität hört nicht an der Stadtgrenze auf – daher ist es uns wichtig, außer der guten ÖPNV-Anbindung auch den Radfahrenden die Infrastruktur anzubieten, mit der sie schnell und sicher auch längere Stecken zurückzulegen können.“

Schmieder weiter: „Das gilt sowohl in Richtung Hamburg als auch in Richtung Bad Bramstedt – und natürlich auch für den Weg zu uns nach Norderstedt! Für die Route entlang der Schleswig-Holstein-Straße in Norderstedt unterstützen wir das Land Schleswig-Holstein mit unseren städtischen Ressourcen. Mit dem Bezirksamt-Nord aus Hamburg haben wir bereits eine Kooperationsvereinbarung geschlossen.“

Radschnellweg: Auch in Langenhorn gibt es Skeptiker

Die Vorplanung habe bereits begonnen. In Langenhorn wird derzeit der Abschnitt entlang des alten Gütergleises an der U1 geplant. Er wird ermöglichen, mehr als fünf Kilometer ohne Ampeln und Autos zu fahren. Über den Pergolenradweg und das Alsterufer soll die Strecke dann nahtlos und in hohem Ausbaustandard ins Zentrum führen. Immerhin die Norderstedter Radlerinnen und Radler haben vielleicht also irgendwann freie Fahrt in Richtung Süden.

Obwohl: Auch jenseits der Landesgrenze in Hamburg gibt es Skeptiker. Martin Fischer, Vorsitzender der CDU-Bezirksfraktion in Hamburg-Nord, sieht die Probleme auf Schleswig-Holsteiner Seite als Anlass, die Planung in Langenhorn zu überdenken.  

„Schon bei der Vorstellung des Konzeptes auf Hamburger Seite haben wir viele Unstimmigkeiten in der Routenführung aufgezeigt“, so der Politiker. „Wir haben beispielsweise das sture und sinnlose Abholzen von Straßenbäumen kritisiert. Jetzt, wo festzustehen scheint, dass diese Radwegschnellroute von Bad Bramstedt bis nach Hamburg gar nicht realisiert werden kann, sollten wir auch in Hamburg die Planungen überdenken.“