Lauenburg. Lauenburgs Veranstaltungsmanager Andy Darm hat schon mit großen Schauspielern gedreht. Wie er zum Filmgeschäft gekommen ist.
Die meisten Schauspieler wünschen sich, dass sie den Zuschauern im Gedächtnis bleiben. Nur so wird man schließlich berühmt. Bei Andy Darm ist das anders. Er hofft, dass sein Gesicht schnell wieder vergessen wird. Lauenburgs Veranstaltungsmanager ist Kleindarsteller. Da seine Rollen eher im Hintergrund spielen, kann er in ein und derselben Serie mal Polizist sein, mal Arzt – oder auch mal Ganove.
Seit Jahrzehnten mischt Andy Darm im Filmgeschäft mit, wenn auch nicht in tragenden Rollen. Angefangen hat alles mit einem Filmdreh in der Schifferstadt. Heiligabend des Jahres 1968 strahlte das ZDF den Fernsehfilm „Pole Poppenspäler“ zum ersten Mal aus. Der damals siebenjährige Andy war damals einer der vielen Statisten. Heute gehört der 63-Jährige unter anderem zum Stammteam der Telenovela „Rote Rosen“. Während andere Schauspieler wegziehen oder den Filmtod sterben, denkt er auch nach 18 Jahren nicht daran, das Handtuch zu werfen.
Jobs beim Film: So wird man Kleindarsteller
Ein Filmteam hatte sich Ende der 1960-Jahre die kleine Stadt an der Elbe als Drehort für den Streifen „Pole Poppenspäler“ nach der Novelle von Theodor Storm ausgeguckt. „Die haben in den Schulen nach Kindern gesucht, die als Statisten mitwirken. Ich bin denen mit meinen wilden blonden Locken wohl aufgefallen“, erzählt er. War das ein Abenteuer! Drei Wochen belagerten die Filmleute das beschauliche Lauenburg. Andy und seine Freunde wurden in Kleider gesteckt, die in die Zeit um 1850 passten. „Wir fühlten uns wie Filmstars und stolzierten in den Kostümen nach Hause“, erinnert er sich.
„Wochenlang war der Herstellungsleiter Alf Teichs umhergereist, Storm und Drang im Herzen, das von Wolfdietrich Schnurre verfasste Drehbuch im Koffer, um die geeignete Poppenspälerstadt zu suchen. Husum, die Heimat Storms, hat zu starken Autoverkehr. Lübeck und Lüneburg sind inzwischen zu sehr angewachsen. Erst in Lauenburg fand er einen Häuserhintergrund, wie er ihn wünschte“, schreibt das Hamburger Abendblatt am 14. September 1968.
Andy Darms Filmkarriere: Angefangen alles beim Dreh von „Pole Poppenspäler“
Für Andy Darm war das die Initialzündung. Seitdem ist er in den Karteien mehrerer Agenturen für Statisten und Kleindarsteller gelistet. „Es gibt eine Set-Card wie bei Models, in der Fotos, bisher gespielte Rollen und Körpermaße aufgenommen werden“, erzählt er. Eine Hauptrolle sei dabei nie herausgesprungen. Aber immerhin hat er sich im Laufe der Jahre vom Statisten, der eher in einer Menge mitläuft, zu einem gefragten Kleindarsteller mit kleinen Sprechrollen entwickelt. Andy Darm stand schon mit Filmgrößen wie Evelin Hamann, Jan Fedder, Wolfgang Stumph oder Tatort-Kommissarin Sabine Postel vor der Kamera.
Das zunehmende Alter ist übrigens nicht nur für Filmstars ein Problem. Auch Andy Darm merkt mittlerweile, dass sich die Anfragen ändern. „Vor ein paar Jahren wurde ich oft als Polizist, Arzt oder Anwalt gebucht. Da ist mit 55 Schluss“, sagt er. Böse ist er allerdings nicht darüber. So hat er sich mittlerweile in der Kultserie „Die Discounter“ einen Stammplatz ergattert. „Ich spiele in der ganzen verrückten Story einen Kunden, mittendrin im Geschehen“, erzählt er.
Neustes Projekt: Rolle in neuer NDR-Doku über Bau des Elbtunnels
Rolle studieren, Text lernen und dann ab in die Maske. Eigentlich ist auch bei Kleindarstellern alles so wie bei den Hauptfiguren im Film – natürlich alles eine Nummer kleiner. „Wenn Serienteile gedreht werden, geht das innerhalb von Stunden über die Bühne. Bei Spielfilmen ist das etwas anderes. Das wird die Szene so lange wiederholt, bis sie fehlerfrei im Kasten ist. Das gilt auch für die Einsätze der Kleindarsteller“, erzählt Andy Darm.
„Ruhe bitte! Klappe, die erste...!“ – der Ingenieur läuft im richtigen Moment durchs Bild. In seinem neusten Film spielt Andy Darm einen der Planer des Hamburger Elbtunnels. Für diese Rolle war er dem Produktionsteam nicht zu alt. „1968 sahen die meisten Menschen mit Anfang 50 so aus, wie wir Mittsechziger heute. Deshalb passte ich voll in die Rolle sagt er. Es ist eine hochkarätig besetzte Dokumentation über den Bau der wichtigsten Verkehrsader Norddeutschlands. Originalaufnahmen werden durch Spielszenen ergänzt. „Das war eine ganz neue, spannende Aufgabe“, schwärmt Andy Darm. Die Doku „Unsere Geschichte – der Hamburger Elbtunnel“ wird am Sonntag, 9. Januar, um 20.15 Uhr, im NDR zum ersten Mal ausgestrahlt.
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Kleindarsteller: Mit 63 Jahren ist noch lange nicht Schluss
Als Jugendlicher habe ihn vor allem das Geld gelockt, das es für die Auftritte gab. Ein Hundert-Mark-Schein sei da fast immer rausgesprungen. Heute freut er sich vor allem, bekannte Filmleute zu treffen, die einem sonst nicht jeden Tag über den Weg laufen. Geben die sich am Set überhaupt mit den Kleindarstellern ab? „Das ist ganz verschieden. Regisseur Dieter Wedel wurde ja zum Beispiel nachgesagt, am Dreh ein Stinkstiefel zu sein. Die Profis hat er auch oft zur Sau gemacht. Uns Kleindarstellern hat er dagegen das Gefühl gegeben, ein wichtiges Rad im Getriebe zu sein.“
Das Filmgeschäft aufzugeben, daran denkt Andy Darm auch mit 63 Jahren noch nicht. In eine fremde Rolle schlüpfen und einen kurzen Sprechtext lernen – das macht ihm nach wie vor Spaß. Auch wenn er nicht mehr der Typ „jugendlicher Liebhaber“ sei, ein paar Rollen könne er sich schon noch vorstellen. Welche das sind? „Abwarten“, meint Andy Darm vielsagend.