Lauenburg. Wer derzeit am ZOB in Lauenburg auf den Bus wartet, hat schnell Gesellschaft: Eine Elster bettelt um Essbares. Das steckt dahinter.
Von Möwen kennt man das ja: Das Fischbrötchen ist noch gar nicht richtig ausgepackt, da versucht mindestens einer der Räuber Beute zu machen. Jetzt gibt es auch am ZOB in Lauenburg einen tierischen Futterneider. Allerdings stellt die handzahme Elster die Sache raffinierter an: Erst zupft sie ihre „Opfer“ sanft an der Hose. Wenn das nicht hilft, pickt sie etwas energischer gegen den Schuh. Wenn sich der Mensch dann immer noch nicht erweichen lässt, seinen Snack zu teilen, setzt es auch schon mal ein paar kräftige Schnabelhiebe.
Kommentare zu Bildern des frechen Vogels kursieren mittlerweile in Lauenburger Facebookgruppen, selbst in der Altstadt soll die Elster schon aufgetaucht sein. Die Reaktionen sind verschieden: Die einen finden ihr Verhalten putzig, andere sorgen sich darum, dass dem Vogel seine Aufdringlichkeit womöglich zum Verhängnis werden könnte. „Auch Tiere haben eben manchmal einen an der Waffel“, meint ein anderer Kommentator.
Elster in Lauenburg wird aufdringlich: Futter oder Schnabelhiebe!
„Für das ungewöhnliche Verhalten der Elster gibt es nur eine Erklärung: Sie ist von Menschen aufgezogen worden“, sagt der Lauenburger Hobby-Ornithologe Hans-Dieter Zerbe. Er selbst hat das Tier schon in der Nähe des Wochenmarktes an der Alten Wache beobachtet und auch mit den „Zieheltern“ gesprochen, die die Elster als verletzten Jungvogel unter ihre Fittiche genommen hatten.
Die ausgeprägte Prägung auf den Menschen habe die Elster jegliche Scheu vor potenziellen Futtergebern verlieren lassen. „Eine Auswilderung ist jetzt nicht mehr möglich. Der Vogel würde immer wieder zu dem Ort zurückfliegen, den er als sein Zuhause ansieht“, sagt der Vogelkundler. Er schätzt das Alter des Tieres auf etwa ein Jahr. In freier Wildbahn werden die intelligenten Rabenvögel zwischen acht und fünfzehn Jahre alt.
Auch interessant
- Feuerwehr Herzogtum: Lauenburger Feuerwache – Entscheidung wohl für Neubau gefallen
- Tödlicher Radunfall: Verunglückte Mutter hat immer vor Gefahrenstelle gewarnt
- Lauenburg: Psychisch kranke Frau stößt 14-Jährige vor Auto
Was es mit dem schlechten Ruf der Elstern auf sich hat
Die Elster, die übrigens „Pepsi“ heißt, ist inzwischen stadtbekannt. Gelegentlich, so erzählt man sich, soll sie ihr „Opfer“ stundenlang nicht aus den Augen lassen und ihm sogar hinterherfliegen. Dieses menschengeprägte Verhalten ist bei Rabenvögeln übrigens gar nicht so selten. Experten vom Nabu raten aber tunlichst davon ab, Elstern zu füttern, da dies „die Vögel zu aggressiven, Futter verlangenden Tyrannen machen“ könne.
Ob „Pepsi“ etwas gegen den schlechten Ruf ihrer Artgenossen ausrichten kann? Wer kennt nicht Geschichten von der „diebischen Elster“, die Damen im Flug glänzende Ketten vom Halse reißt? Dass das nicht stimmt, haben Wissenschaftler längst nachgewiesen. Richtig ist dagegen, dass Elstern gelegentlich ein aggressives Verhalten zeigen, besonders wenn man ihren Nestern zu nahe kommt. In anderen Kulturen wird die Elster sogar verehrt. In Asien gelten die eleganten Vögel seit Jahrhunderten als Glücksbringer.