Lauenburg. Arne Schippmann hat, was ein Weihnachtsmann braucht. Er verrät, was wir schon immer wissen wollten und uns nie getraut haben, zu fragen.

In einem amerikanischen Filmklassiker ist die Sache einfach: Wer sich den Mantel von Santa Claus anzieht, führt ab sofort dessen Leben – ob er will oder nicht. Und in Wirklichkeit? Machen roter Mantel, Rauschebart und Jutesack aus einem normalen Erdenbürger schon einen Weihnachtsmann?

Arne Schippmann schlüpft seit sechs Jahren, immer an Heiligabend, in das Kostüm und ist zur Bescherung ein gern gesehener Gast in vielen Lauenburger Familien. Traumjob Weihnachtsmann – oder etwa doch nicht? In seiner stressigsten Zeit des Jahres gibt uns der „bärtige Alte“ ein Interview. Und dann erfahren wir auch endlich, was wir schon als Kind wissen wollten und uns nie getraut haben, zu fragen.

Wie wird man eigentlich Weihnachtsmann? Gibt es eine Schule dafür oder gar ein Abschlusszeugnis? Oder muss einem das Talent für diese Rolle in die Wiege gelegt worden sein?

Es gibt Agenturen, die Weihnachtsmänner vermitteln und für die Bewerber auch Workshops anbieten. Da sind meist Studenten unter Vertrag, die sich was dazuverdienen wollen. Selbst die Arbeitsagentur vermittelt solche Jobs. Bei mir war das allerdings ganz anders. Genaugenommen ist meine Frau schuld. Vor sechs Jahren bat sie mich, für die Kinder einer Freundin den Weihnachtsmann zu spielen. Ich wollte eigentlich gar nicht, aber sie weiß genau, womit sie mich kriegt (lacht).

Silke und Arne Schippmann schlüpfen in ihrer Freizeit gern in mittelalterliche Gewänder und tauchen mit Gleichgesinnten in Fantasiewelten ein.
Silke und Arne Schippmann schlüpfen in ihrer Freizeit gern in mittelalterliche Gewänder und tauchen mit Gleichgesinnten in Fantasiewelten ein. © BGZ

Wie hat Ihre Frau Sie denn überzeugt, in die Rolle des Weihnachtsmannes zu schlüpfen?

Sie kennt meine Schwäche für historische Kostüme. Schließlich ist das unser gemeinsames Hobby. Sobald ich ein Gewand anziehe, bin ich in der Rolle. Und dann zeigt sie mir doch im Internet diesen prächtigen roten Mantel mit weißer Perücke und allem, was dazu gehört. Da war es um mich geschehen. Kaum hatte ich den Mantel angezogen und den Bart angeklebt, da war ich wirklich der Weihnachtsmann. Das muss ich wohl gar nicht so schlecht gemacht haben, denn seitdem bin ich Heiligabend immer ausgebucht, nur durch reine Mundpropaganda. Die Termine managt meine Frau.

Glauben die Kinder denn heutzutage noch an den Weihnachtsmann?

Das ist ganz eigenartig. Selbst Kinder, die sonst eher ein lockeres Mundwerk haben, werden ziemlich ehrfürchtig, wenn ich den Raum betrete. Und manche Teenies, die ich schon von klein auf kenne, bestehen darauf, dass der Weihnachtsmann die Bescherung übernimmt. Das gehört in vielen Familien einfach zur Tradition. Ich liebe es, in die weihnachtlich geschmückten Stuben zu kommen und aus meinem goldenen Buch vorzulesen, bevor es ans Geschenkeverteilen geht.

Ein goldenes Buch? Was hat es denn damit auf sich?

Bevor ich die Familien besuche, erkundige ich mich, was das Kind im vergangenen Jahr besonders gut gemacht hat. Witzigerweise sind die Eltern da ganz verschieden. Einigen fällt zunächst nur ein, in welchen Schulfächern sich ihre Sprösslinge verbessert haben. Dann frage ich nochmal nach. Manchmal erfahre ich so, dass sich der Junge oder das Mädchen besonders lieb um ein Geschwisterkind kümmert oder um seine Freunde. Solche Dinge lobe ich am liebsten. Ich sage aber auch, was noch nicht so gut klappt. Das alles schreibe ich vorher in mein goldenes Buch. Manchmal bekommen auch die Erwachsenen von mir die eine oder andere Mahnung. Dazu fällt mir übrigens eine lustige Geschichte ein.

Eine lustige Geschichte vom Weihnachtsmann? Bitte erzählen!

Ich war mal in einer Familie, da war die gesamte Verwandtschaft zu Gast. Eine junge Frau bat mich, ihren Mann daran zu erinnern, dass er ab und zu sein Smartphone weglegen und lieber mal wieder mit ihr was unternehmen soll. Als ich im nächsten Jahr die Familie wieder besuchte, war die Frau schwanger. Natürlich bekam der Mann ein extra Lob, weil er sich die Mahnung vom Weihnachtsmann offensichtlich zu Herzen genommen hatte.

Ist dem Weihnachtsmann bei seinen Besuchen selbst schon Witziges passiert?

Darüber könnte ich Bücher schreiben (lacht). Ich trage ja auch im Alltag einen Bart, aber natürlich keinen weißen Rauschebart wie der Weihnachtsmann. Normalerweise rasiere ich mich, bevor ich das Kostüm anlege. Einmal wollte ich mir das sparen, also klebte ich den Kunstbart auf meinen echten. Das war wirklich keine gute Idee. Das hat so geziept, dass ich jetzt jedes Mal daran denke, mich zu rasieren, bevor ich der Weihnachtsmann werde. Lustig ist auch, wenn es Tiere im Haushalt gibt. Katzen verkrümeln sich fast immer. Hunde sind entweder neugierig oder verunsichert. Manchmal knurren sie den Weihnachtsmann auch an. Zum Glück kenne ich mich mit Hunden gut aus, sodass wir am Ende gut miteinander auskommen.

Sechs Jahre im Weihnachtsmannkostüm. Hat sich in dieser Zeit bei den Besuchen eigentlich was verändert?

Ja, es werden immer mehr Geschenke. Normalerweise stellen die Eltern einen Sack mit den Präsenten vor dem Haus ab. Mitunter muss ich aber dreimal laufen, um alle Säcke in die Wohnung zu holen. Das nimmt manchmal wirklich überhand und überfordert die Kinder. Aber es gibt auch heute noch Mädchen und Jungen, die sagen dem Weihnachtsmann ein Gedicht auf oder singen ein Lied. Das ist dann immer noch etwas Besonderes.

Traumjob Weihnachtsmann
Nach den Bescherungen: der rote Mantel und die beiden dicken Jacken sind schon abgelegt, der Bart ist noch dran. Jetzt gönnt sich Arne Schippmann erst mal ein dänisches Weihnachtsbier. © privat | Privat

Wie verbringt denn der Weihnachtsmann Heiligabend, wenn alle Geschenke verteilt sind?

Ich besuche an diesem Abend bis zu sechs Familien. Das ist wunderschön, aber eben auch anstrengend. Vor allem, wenn man bedenkt, dass ich unter dem roten Mantel zwei dicke Jacken trage. Schließlich braucht der Weihnachtsmann einen ordentlichen Bauch. Zu Hause werfe ich Mantel und Jacken erst mal ab und meine Frau bringt mir ein dänisches Weihnachtsbier. Das ist Tradition bei uns. Und dann gibt es Würstchen mit Kartoffelsalat.

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Eine Frage muss ich noch loswerden. Ich habe mich schon als Kind gefragt, wie schafft es der Weihnachtsmann, in einer einzigen Nacht Menschen auf der ganzen Welt zu beschenken?

Der Weihnachtsmann hat doch einen fliegenden Schlitten und schnelle Rentiere. Außerdem nutzt er die Zeitzonen der Erde aus. Los geht es an der Datumsgrenze und dann Richtung Westen. So gewinnt er viele Stunden. Mehr will ich aber gar nicht verraten. Das ist schließlich eines der vielen magischen Geheimnisse rund um Weihnachten.