Lauenburg/Hohnstorf. Die Überlegungen werden immer konkreter. Aber warum kommen Fußgänger darin offiziell nicht vor? Und was wird aus Rollstuhlfahrern?
Wo die neue Elbquerung einmal gebaut wird, steht noch nicht fest. Auch nicht, ob eine Brücke oder eine der beiden Tunnelvarianten am Ende das Rennen macht. Allerdings sind ein Großteil der ursprünglich im Spiel gewesenen Varianten bereits vom Tisch.
Schon zum sechsten Mal hatte der Landesbetrieb für Straßenverkehr und Verkehr (LBV) zu einer öffentlichen Informationsveranstaltung zum aktuellen Planungsstand eingeladen. Schwerpunktmäßig ging es am Mittwochabend (6. November) um zwei Fragen: Wie ordnet sich der Radverkehr in die jeweiligen Varianten der Elbquerung ein? Wie hoch wäre die Lärmbelastung an den jeweils infrage kommenden Standorten?
Planer favorisieren separate Radbrücke in Lauenburg
LBV-Bereichsleiterin Britta Lüth bewies auch diesmal, dass sie voll im Thema steckt und die komplexen Sachverhalte allgemeinverständlich unter die Leute bringen kann. Moderator Thomas Waldner behielt den roten Faden der Veranstaltung wieder souverän in der Hand. Allerdings blieben diesmal ungewöhnlich viele Stühle frei. Nur etwa 50 Besucher statt sonst mehr als 100 hatten sich auf den Weg ins Hohnstorfer Sportzentrum gemacht.
Möglicherweise war die geringe Teilnehmerzahl der Tatsache geschuldet, dass Interessierte aus Lauenburg wegen der Bauarbeiten am Elbhang und in der Hafenstraße nur auf großen Umwegen oder zu Fuß auf die andere Elbseite gelangt wären. Die Bürgerbeteiligung an diesem Großprojekt ist dennoch vorbildlich.
Bevorzugte Variante soll im Sommer 2025 feststehen
Aber auch an den heimischen Bildschirmen hatten sich diesmal bis zu 110 Zuschauer eingeloggt, in den Beteiligungsrunden zuvor hatten immer bis zu 200 Interessierte den Livestream verfolgt. Vielleicht ist es ja auch der lange Vorlauf, den ein Projekt dieser Größenordnung braucht, der das Interesse schwinden lässt.
Im Sommer nächsten Jahres, so stellte es Britta Lüth in Aussicht, werde die Vorzugsvariante der neuen Elbquerung feststehen. Erst dann können die Planer in die Konkretisierung einsteigen.
Über Chatfunktion konnten auch die Zuschauer am Bildschirm Fragen stellen
Das Thema, um das es am Mittwoch ging, dürfte besonders die passionierten Radfahrer interessieren, die ab und zu oder regelmäßig auf die andere Elbseite fahren. Björn Meyer vom Ingenieurbüro für Verkehrsanlagen (IBV) hatte bereits in der Veranstaltung im August dieses Jahres erste Ideen präsentiert, wie sich der Radverkehr in die jeweiligen Planungsvarianten eingliedern würde. Schon damals kristallisierte sich heraus, dass nach jetzigem Stand ein Radweg parallel zum Straßenverlauf wahrscheinlich die unkomplizierteste Lösung wäre.
Diesmal präsentierte Meyer die Abwägungen aller Varianten hinsichtlich Kosten, Sicherheit, Gebrauchstauglichkeit und Umweltverträglichkeit nach einem Punktesystem. Am besten bewerten die Ingenieure demnach alle Varianten, die eine separate Radbrücke vorsehen.
Über eine Chatfunktion konnten auch die Zuschauer am Bildschirm Fragen an die Referenten stellen. Fast zeitgleich im Saal und im Chat kam plötzlich die Frage auf, ob denn die Planer die Fußgänger bei ihren Überlegungen vergessen hätten. Die Antwort von Britta Lüth überraschte dann wohl die meisten Menschen im Saal und an den Bildschirmen. „Bei Straßenbauprojekten kennt der Bund nur Kraftfahrzeuge und Radfahrer“, erläuterte sie.
Straßenbauprojekte in Deutschland blenden Fußgänger aus
Allerdings, und das sei die gute Nachricht, gingen die Planungen des Radweges immer von drei Metern aus, also breiter als gesetzlich vorgeschrieben. Fußgänger würden also indirekt auch berücksichtigt. Dem Lauenburger Stadtvertreter André Peylo (SPD) ging das nicht weit genug. „Wir reden immer über Inklusion. Wie sieht es denn mit Rollstuhlfahrern aus, die mehr Platz als Fußgänger benötigen?“, wollte er wissen. Eine gesonderte Betrachtung für diese Personengruppe gebe es nicht, so die Antwort.
Das zweite Schwerpunktthema der sechsten Beteiligungsrunde war die Lärmauswirkung der jeweiligen Planungsvarianten. Dr. Bernd Burandt von der Gesellschaft LAIRM Consult aus Bargteheide präsentierte neben den neuen potenziellen Straßenabschnitten auch die Veränderungen im Bereich bestehender Straßen. Grundlage der Lärmkartierung waren Berechnungen anhand bestehender Wohngebiete. Planungen von Neubaugebieten in diesen Bereichen sind noch nicht eingeflossen.
Variantenvergleich: Anwohner haben teilweise Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen
Trotzdem wurde klar, bei vielen der sich noch im Rennen befindlichen Varianten der Elbquerung hätten Anwohner Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen – nicht unwesentlich auch bei der späteren Kostenberechnung. „Diese Untersuchungen zu den Lärmauswirkungen fließen in die weiteren Abwägungen ein und haben Einfluss auf die spätere Wahl der Vorzugsvariante“, erklärte Britta Lüth.
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Die nächste Informationsveranstaltung zum Planungsstand der neuen Elbquerung ist für den 26. Februar 2025 angesetzt, dann wieder in Lauenburg. Einen Link zur Aufzeichnung der Veranstaltung gibt es auf der Seite www.schleswig-holstein.de/elbquerung-lauenburg.
Videomitschnitte aller sechs Beteiligungsrunden abrufbar
Hier können sich Interessierte auch über den Verlauf der vergangenen fünf Beteiligungsrunden und den aktuellen Planungsstand informieren. Die Präsentationen und Videomitschnitte der bisherigen Informationsveranstaltungen wurden bisher jeweils über 2000-mal angeklickt.