Schwarzenbek. Erzieherinnen in Elternzeit helfen stundenweise bei der Familienbildungsstätte in Schwarzenbek aus – unterstützt von der Politik.
Schwarzenbek ist die kinderreichste Stadt in Schleswig-Holstein, aber trotz vieler ehrenamtlicher Initiativen bei Weitem nicht die kinderfreundlichste. Rund 150 Kinder haben keinen Betreuungsplatz, weil die Kapazitäten trotz der neun Kitas mit rund 900 Plätzen nicht ausreichen. Im sogenannten Elementarbereich (drei bis sechs Jahre) sind aktuell 77 Kinder ohne Betreuungsplatz, somit fehlt ihnen auch die Vorbereitung auf die Schule.
Das ist umso dramatischer, da sehr viele Kinder einen Migrationshintergrund haben und wenig Deutsch sprechen. Hier hilft die evangelische Familienbildungsstätte seit zwei Jahren mit einem pfiffigen Angebot, das aber in Gefahr war und jetzt gerettet wurde.
Neues Angebot ist aus der Ukraine-Hilfe entstanden
„Das Angebot ist aus der Ukraine-Hilfe des Landes entstanden und mittlerweile sehr gut etabliert. Aber die Mittel aus der Ukraine-Hilfe laufen aus, und wir brauchen nun von anderer Stelle Zuschüsse“, betonte Kerstin Dlugi, Leiterin der Evangelischen Familienbildungsstätte, kürzlich im Schwarzenbeker Sozialausschuss. Sie fand bei den Politikern Gehör. Das Gremium votierte einstimmig für eine Zahlung von 12.000 Euro aus den sogenannten freiwilligen Leistungen, um das Angebot am Leben zu erhalten und weiter auszubauen.
Denn was noch fehlt, ist ein Sprachmittler. Viele Kinder aus der Gruppe stammen aus Flüchtlingsfamilien. „Wir ermöglichen so auch schwächeren Kindern eine Vorbereitung auf den Schulbesuch“, erläuterte Dlugi. Gerade in der Kinderbetreuung ist der Fachkräftemangel groß. Dieses Problem löst die Leiterin der Familienbildungsstätte mit einer, wie sie sagt, „Win-win-Situation“. „Bei uns sind viele Erzieherinnen, die sich in der Elternzeit befinden, in den Delfi-Kursen oder auch in anderen Angeboten für die frühkindliche Erziehung. Deshalb haben wir den Kontakt“, so Kerstin Dlugi.
Zumindest zwei Stunden Betreuung pro Woche für Kinder ohne Kita-Platz
Daraus ist die Idee entstanden, diese Mütter für zwei Stunden pro Woche für die Kinderbetreuung in der Notgruppe zu gewinnen. Die jungen Mütter können ihre Erfahrung einbringen und bekommen noch ein Honorar. Zwei Stunden pro Woche können sie mit der eigenen Kinderbetreuung problemlos in Einklang bringen. „Allerdings wechseln dadurch auch die Teams. Die beiden Erzieherinnen, die jetzt im Einsatz sind, gehen im nächsten Sommer zurück in ihren eigentlichen Job. Dann bekommen wir ein neues Team“, erläutert Dlugi.
In der Gruppe mit dem Namen „Gemeinsam spielen, gemeinsam lernen“ werden zwölf Kinder betreut. Etwa die Hälfte haben Deutsch als Muttersprache, der Rest hat einen Migrationshintergrund. Aktuell werden sie von den Erzieherinnen Stefanie Krause und Kaija Nielsen betreut. Die Kinder treffen sich jeden Montag von 9 bis 11 Uhr sehr zentral gelegen im Franziskus-Haus am Markt 5 in Schwarzenbek. Zusätzlich dazu gibt es für Kinder mit Migrationshintergrund einmal wöchentlich das Angebot „Bald geht es in die Schule“.
Für viele Eltern ist die Not-Gruppe der einzige Lichtblick
Für viele Eltern ist es die einzige Möglichkeit, überhaupt eine Betreuung für die Kinder zu bekommen. Wie lange die Kinder in der Gruppe bleiben, ist sehr unterschiedlich. „Manche sind nur zwei Monate bei uns, weil sie dann einen regulären Platz bekommen, andere bleiben aber auch zwei Jahre“, erläutert Kerstin Dlugi.
„Es ist gut, wenn Antragsteller für freiwillige Leistungen direkt zu uns in den Ausschuss kommen, um ihre Arbeit vorzustellen. Dann können wir uns besser ein Bild von dem Projekt verschaffen, als wenn die Anträge nur schriftlich eingereicht werden. In diesem Fall waren wir uns bereits vorweg einig, dass es ein sehr sinnvolles und wichtiges Projekt für unsere Stadt ist“, sagte die Ausschussvorsitzende Maja Bienwald (CDU).
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Denn bei der Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen macht die Stadt zwar Tempo, muss aber auch unkonventionelle Wege beschreiten, um die Lücken zu stopfen, bis Neubauten realisiert sind. Eine weitere Kita soll auf dem Bolzplatz zwischen Möllner Straße und Lupuspark entstehen. Das wird aber noch mindestens zwei Jahre dauern. Derweil haben die Politiker bereits im Frühsommer einer Anschubfinanzierung für Tagesmütter zugestimmt.
Der Kreis gewährt neuen Tagesmüttern und -vätern bereits eine einmalige Starthilfe in Höhe von 1500 Euro. Die Stadt legt noch einmal 1000 Euro nach, weil die Erstausrüstung ziemlich teuer ist und das mitunter Neulinge nach erfolgreicher Ausbildung vom Sprung in die Selbstständigkeit abhält. Mit der Folgefinanzierung der Gruppe „Gemeinsam spielen, gemeinsam lernen“ sind die Politiker einen weiteren Schritt gegangen, um alternative Angebote zu schaffen.