Dassendorf. Schlagerspiel in der Fußball-Oberliga: Die TuS Dassendorf empfängt den ETSV Hamburg. Doch für beide Teams kommt das Spiel ungelegen.

Da braut sich was zusammen. Wenn am Sonnabend, 12. Oktober, die TuS Dassendorf in der Fußball-Oberliga den ETSV Hamburg zu Gast hat (13 Uhr, Wendelweg), dann ist es das Gipfeltreffen der beiden besten Teams im Bergedorfer Raum. Doch für beide Mannschaften kommt die Begegnung zu einem sehr unglücklichen Zeitpunkt.

Denn bei den Hausherren ist Trainer Thomas Seeliger im Moment schon froh, wenn er eine schlagkräftige Elf zusammenbekommt. „Wir haben eine furchtbare Personalnot“, klagt er. „Wir haben in den letzten Spielen immer nur 13, 14 fitte Spieler gehabt. In dieser Woche sieht es auch nicht besser aus.“

Spitzenspiel am Wendelweg: Auf Martin Harnik und Co. wartet der perfekte Sturm

So kam Top-Stürmer Martin Harnik zuletzt beim 4:0-Sieg beim Hamburger SV III nur von der nicht voll besetzten Ersatzbank. Zuvor, beim 4:0-Erfolg im Pokal in Kummerfeld, hatte Seeliger gar nur zwei Feldspieler als Reserve auf der Bank. Folglich war er weit davon entfernt, sein Auswechselkontingent von maximal fünf Spielern ausnutzen zu können. Dabei hätte gerade in einer Englischen Woche dem einen oder anderen Akteur eine Pause sicher gutgetan.

TuS-Trainer Thomas Seeliger (r.) hat ein paar gute Tipps für Dassendorfs Verteidiger Erciyes Palo.
TuS-Trainer Thomas Seeliger (r.) hat ein paar gute Tipps für Dassendorfs Verteidiger Erciyes Palo. © BGZ/Hanno Bode | Bode

Doch trotz aller Schwierigkeiten – und das ist vielleicht ein Unterschied zu früher – gewinnen die Dassendorfer ihre Partien oft sehr souverän. In der Oberliga ist der Tabellenzweite als einzige Mannschaft noch ungeschlagen, im Pokal haben die Dassendorfer das Achtelfinale erreicht: Am 29. Oktober treten sie beim SC Victoria an (19.30 Uhr, Stadion Hoheluft).

Trotz Top-Stürmer Martin Harnik: Dassendorfs große Stärke ist die Abwehr

Der sportliche Höhenflug liegt vor allem an der Abwehrstärke des achtfachen Oberliga-Meisters. „Wir arbeiten als Mannschaft sehr gut gegen den Ball“, analysiert Seeliger. „Viele Gegner versuchen, uns mit Kontern in Verlegenheit zu bringen. Dazu kommt es in dieser Saison aber kaum. Wir sind sehr stabil und sehr konzentriert. Daran merkt man auch, wie viel Spaß die Mannschaft hat.“

Noch schwieriger als für die Hausherren ist die Lage für die Gäste aus Billwerder. „Für uns ist das wohl schon ein richtungsweisendes Spiel“, heißt es ein wenig kleinlaut auf der Facebook-Seite der „Eisenbahner“. Denn nach dem furiosen Saisonstart mit fünf Siegen in Folge stehen plötzlich alle Saisonziele infrage. Aus dem Pokal ist der ETSV bereits ausgeschieden, in der Liga klaffen nach zuletzt zwei Niederlagen in Folge nun schon neun Punkte Abstand zur Spitze. Der erhoffte Aufstieg in die Regionalliga droht in weite Ferne zu rücken.

ETSV-Trainer Berkan Algan ist unter Druck: Gelingt dem ETSV in Dassendorf die Wende?

„Schwierige Zeiten für den erfahrenen und richtig guten Trainer Berkan Algan“, konstatiert das Internet-Fachportal hafo.de und fragt sich, ob denn das viele Training – drei bis vier Einheiten pro Woche – dem einen oder anderen im Kader nicht zu viel sei. Hilflos wirkten die „Eisenbahner“ bei der 1:2-Heimniederlage am Sonntag, 6. Oktober, gegen Concordia. Doch zumindest hatte kein Dassendorfer Beobachter dem Desaster beigewohnt.

„Es hat keinen Sinn, den Gegner auszuspionieren“, erläutert Seeliger. „Die meisten Mannschaften spielen gegen uns dann sowieso ganz anders, viel defensiver.“ Die ETSV-Krise beeindrucke ihn nicht weiter. „Man kennt ja die Redewendung vom angeschlagenen Boxer, der besonders gefährlich ist“, erinnert der TuS-Coach. „Gegen uns ist jede Mannschaft immer besonders motiviert. Das wird ein ganz enges Spiel.“ Er glaubt also offenbar nicht so recht an ein 6:2 für seine Elf. So nämlich hatte hafo.de getippt.

Der ETSV Hamburg ist so torgefährlich wie kein anderes Team in der Oberliga

In der Tat könnte sich für Martin Harnik und seine Mitstreiter stattdessen ein perfekter Sturm zusammenbrauen. Denn wenn es bei den „Eisenbahnern“ läuft, verfügt der ETSV Hamburg über eine Offensivkraft, die in der Liga ihresgleichen sucht. Satte 46 Treffer in nur elf Spielen hat die Offensive um Antonio Verinac (zwölf Saisontore) erzielt. Mehr als jedes andere Oberliga-Team. Allerdings holten die „Eisenbahner“ damit nur lausige 21 Punkte. Zum Vergleich: In der Bundesliga hat Bayern München mit 20 Toren immerhin 14 Zähler erobert.

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In Bezug auf den FC Bayern, der zuletzt in Frankfurt trotz drückender Überlegenheit den späten 3:3-Ausgleich kassierte, hat die Bild-Zeitung in dieser Woche einen neuen Begriff geprägt: „Hurrakiri“. Mangelnde Effektivität gepaart mit Hurra-Fußball und einer gewissen Naivität im Abwehrverhalten, das alles trifft auf den ETSV Hamburg erst recht zu. Um in Dassendorf zu bestehen, müssen die „Eisenbahner“ aber clever sein. So clever wie am 2. März dieses Jahres, als sie am Wendelweg mit 1:0 triumphierten.

Schlagabtausch zwischen Sportchef und Trainer über die Medien

Der Held von damals, Torschütze Marco Schultz, ist mittlerweile nur noch Ersatz, das Team hat ein anderes Gesicht. Doch eines ist klar: An einem guten Tag kann der ETSV Hamburg in der Oberliga jeden an die Wand spielen. Diese guten Tage sind zuletzt jedoch selten geworden. Sportchef Sascha „Jassi“ Huremovic sparte daraufhin im Gespräch mit unserer Redaktion nicht mit Kritik („Mir gefällt der Fußball nicht, den wir spielen“) und erhöhte den Druck auf Mannschaft und Trainer. Nach dem Dassendorf-Spiel soll Bilanz gezogen werden. „Wir haben das ganze Ding als Zwei-Jahres-Projekt anvisiert“, erinnerte Algan gegenüber dem Portal Fussifreunde. „Wir können dieses Jahr aufsteigen, wir müssen aber nicht.“

Auch die Dassendorfer sind unter Druck, wollen sie Spitzenreiter Altona 93 nicht davonziehen lassen, bevor es am 26. Oktober zum direkten Aufeinandertreffen kommt (13 Uhr, Wendelweg). Ein Patzer gegen den ETSV wäre gerade jetzt besonders schmerzhaft. „Ich weiß sehr genau, was uns am Sonnabend erwartet“, blickt Seeliger voraus, der einige Spieler der Gäste wie Calvin Ogara oder Tayfun Can schon aus seiner Flensburger Zeit kennt. Ein Sturm kommt auf am Wendelweg. Wen er am Ende wegwehen wird, bleibt abzuwarten.