Geesthacht/Kiel. Politik fordert Landesregierung auf, sich für Klinikerhalt einzusetzen. Kieler Ministerium reagiert auf Resolution samt kleiner Spitze.

Nachdem die Vorsitzenden der Geesthachter Ratsfraktionen von CDU, SPD, Grüne und BfG (Bürger für Geesthacht) die Landesregierung dazu aufgefordert hatten, sich für den Erhalt des insolventen Johanniter-Krankenhauses einzusetzen, gibt es nun eine Stellungnahme aus Kiel. „Das Gesundheitsministerium Schleswig-Holstein unterstützt ausdrücklich Bemühungen zum Erhalt der Klinik Geesthacht“, heißt es in einer Erklärung. Die Verantwortung gibt Staatssekretär Oliver Grundei (CDU) derweil an die Bundesregierung in Berlin weiter – allerdings nicht ohne eine Spitze nach Geesthacht zu schicken.

Zunächst einmal sei das Ministerium im Austausch mit den verantwortlich Beteiligten, also dem Insolvenzverwalter und der vorübergehenden Klinikleitung. „Wie bei Insolvenzverfahren üblich, steht das Ministerium dem Verwalter und auch potenziell interessierten Investoren in Bezug auf Fragestellungen zur Krankenhausplanung beratend zur Seite“, schreibt das Gesundheitsministerium.

Krankenhaus insolvent: Berlin ist zuständig für Klinikfinanzierung

Aber: „Ursachen für Klinikinsolvenzen liegen nicht in der Krankenhausplanung (des Landes, die Red.) begründet, sondern in unzureichenden Einnahmen gegenüber steigenden Ausgaben. Verantwortlich für die Klinikfinanzierung ist die Bundesregierung. Daher setzt sich Schleswig-Holstein intensiv für angemessene Rahmenbedingungen und eine auskömmliche Klinikfinanzierung beim Bundesgesundheitsminister ein. Dieser ignoriert die Forderungen der Länder leider bisher weitgehend“, wie Grundei betont.

Johanniter-Krankenhaus Geesthacht
Der Schrifzug „Johanniter“ am Krankenhaus in Geesthacht ist bald Geschichte. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Von einer Sondersitzung des zuständigen Sozialausschusses, an der auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Petra Burmeister als Besucher teilgenommen hatte, waren die Geesthachter Beteiligten ernüchtert zurückgekehrt. Zwar betonten alle Politiker fraktionsübergreifend, dass eine Rettung des Geesthachter Krankenhauses wünschenswert sei. Das Gesundheitsministerium hatte jedoch die Versorgungsrelevanz infrage gestellt, weil andere Kliniken den Versorgungsauftrag übernehmen könnten.

Klinik in Geesthacht: Andere Krankenhäuser könnten Versorgung übernehmen

Dem widerspricht das Ministerium: Es habe sich um eine vorsorgliche Fragestellung nach einem „Plan B“ gehandelt, falls der Insolvenzverwalter die ausdrücklich befürwortete Fortführung der bisherigen Versorgungsangebote am Standort Geesthacht zu keinem Erfolg führen würden. Gespräche des Ministeriums mit anderen Kliniken hätten ergeben, dass die Sicherstellung der Grund- und Notfallversorgung auch mithilfe anderer Standorte möglich wäre. Ergo könne es einen Zwang seitens der Krankenhausplanung, alle bisherigen Leistungsangebote am Standort Geesthacht fortzuführen, daher nicht geben. 

Johanniter-Krankenhaus Geesthacht
Das Johanniter-Krankenhaus in Geesthacht. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Zu den Geesthachter Bemühungen für den Erhalt des Krankenhauses stichelte Oliver Grundei: „Es wäre sinnvoll, auch auf kommunaler Ebene die offenbar guten Kontakte nach Berlin zu nutzen und mit einer an den Bundesgesundheitsminister adressierten Resolution, den Einsatz der Länder für die Kliniken zu unterstützen.“

Lauterbach und Scheer kandidierten für SPD-Vorsitz

Hintergrund: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im November 2023 auf Einladung der Bundestagsabgeordneten Nina Scheer (SPD), der direkt gewählten Abgeordneten im Wahlkreis Lauenburg/Stormarn Süd, die Krankenhäuser in Geesthacht und Reinbek besucht. 2019 hatten beide gemeinsam erfolglos für den Parteivorsitz bei den Sozialdemokraten kandidiert.

In ihrer Reaktion darauf hat sich Nina Scheer eine Replik darauf verkniffen. „Der Erhalt des Krankenhauses in Geesthacht erfordert konstruktives Zusammenwirken aller Verantwortungsebenen. Eben weil Gesundheitsversorgung im bisherigen Finanzierungssystem in Schieflagen gerät, hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach richtigerweise eine umfassende Reform auf den Weg gebracht. Wer aber nun, wie der Stellungnahme der Landesregierung zu entnehmen, eine Reform sachlich umfassend infrage stellt und ausbleibende sachliche Anpassungen der Reformentwürfe beklagt, kann sich nicht ernsthaft über entstehende Verzögerungen beschweren“, so Scheer.

Nina Scheer vermisst widerspruchfreies Bekenntnis aus Kiel

In der Mitteilung des Gesundheitsministeriums zehn Punkte aufgezählt, die aus Sicht der Bundesländer bei der Krankenhausreform zu klären seien. Neben der Überbrückungsfinanzierung wurden unter anderem genannt: eine unabhängig von den Fallzahlen gültige Vorhaltevergütung oder mehr Gestaltungsspielräume für die Länder.

Deshalb vermisst Nina Scheer ein widerspruchsfreies Bekenntnis der Landesregierung zum Klinikstandort Geesthacht. „Die verweist gleich zweimal auf die Distanz von 18 Kilometern zwischen Geesthacht und Reinbek, womit der Eindruck einer ausreichenden Versorgung auch ohne Geesthacht erweckt wird. Damit streut sie den Menschen Sand in die Augen. Denn schließlich geht es auch um die zu versorgende Region, etwa unter Einschluss von Büchen oder Lauenburg und somit auch noch weitere Entfernungen.“

Fingerzeig helfe nicht weiter

Vorsorgend müssten weitere Umstände, wie etwa die Brückensanierung in Lauenburg, betrachtet werden. Denn werde der zu versorgende Umkreis (zumindest vorübergehend) noch ausgeweitet. „Eine Landesregierung, die zudem mit dem Argument sinkender Geburten gegen einen existierenden Geburtsklinik-Standort agiert, ist wenig glaubwürdig mit der Aussage, alles zu unternehmen, den Standort zu erhalten.“

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Petra Burmeister von der Geesthachter SPD ergänzt: „Gar nicht hilft uns ein politischer Verschiebebahnhof oder das Zeigen mit dem Finger auf andere nach dem Motto ,Berlin und Minister Lauterbach sind verantwortlich‘.“ Die Krankenhausplanung sei unstrittig Aufgabe der Länder und für den Erhalt des Geesthachter Krankenhauses müsse die Landesregierung mitziehen, in dem sie die Versorgungsrelevanz sieht.

100.000 Menschen leben im Einzugsgebiet der Klinik

Rund 100.000 Menschen wohnen im Einzugsgebiet des derzeitigen Johanniter-Krankenhauses. Jährlich werden von 750 Mitarbeitern 10.000 Patienten stationär und 20.000 ambulant behandelt. Am 23. September hatten die Johanniter als bisheriger Betreiber des Krankenhauses für die Klinik am Runden Berge sowie das Geriatrie- und Seniorenzentrum in Geesthacht-Edmundsthal ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gestellt.

Die Johanniter wollen die Häuser nicht weiter betreiben. Der Insolvenzverwalter hat verkündet, dass im Handelsregister bereits die Streichung des Namenszusatzes „Johanniter“ beantragt wurde. Im laufenden Investorenprozess soll es derweil bereits erste Interessenten gegeben haben.