Geesthacht. Im Bus hat Hemn Jamal Saeed seinen Ausweis verloren. Irakische Botschaft irritiert mit Forderung selbst Polizei und Caritas.
Irgendwo zwischen Bergedorf und Geesthacht muss es am Sonntag (29. September) passiert sein. Vermutlich im Bus ist Hemn Jamal Saeed sein Reisepass aus der Tasche gerutscht. Seitdem fehlt von dem wichtigen Dokument jede Spur. Eigentlich wollte der Iraker aus der Region Kurdistan, der im süditalienischen Vibo Valentia lebt, nur für einige Zeit seinen Cousin Aljaf Kossar in der Elbestadt besuchen. Doch jetzt ist er in Geesthacht gestrandet – irakische Forderungen machen die Rückreise nach Italien kompliziert.
Eigentlich hat Hemn Jamal Saeed alles richtig gemacht, nachdem er seinen Reisepass verloren hatte: Auf dem Geesthachter Polizeirevier am Markt hat er am 30. September den Verlust gemeldet. So schützt er sich nicht nur vor dem Missbrauch seines Ausweisdokuments, die Anzeige ist auch notwendig, damit er einen neuen Reisepass in der irakischen Botschaft beantragen kann. Doch dort erhielt der 37-Jährige kein neues Dokument. Der Grund ist skurril: Erst wenn eine Tageszeitung den Verlust publik gemacht hat, könne er einen neuen Pass bekommen. Damit soll Saeed nachweisen, dass er sich wirklich bemüht hat, seinen Reisepass zu finden.
Bundespolizei hat von so einem Fall noch nie gehört
Seine Rückreise nach Italien über den Hamburger Flughafen liegt vorerst auf Eis. Auf der Pressestelle der Bundespolizei am Airport löst die Praktik Verwunderung aus. „Das höre ich zum ersten Mal. Das klingt dubios“, sagt Sprecher Marcus Henschel. Er bestätigt, dass Saeed mit der Verlustanzeige bei der Polizei richtig gehandelt habe. Diese müsse eigentlich reichen, um ein neues Dokument zu bekommen. „Wofür ist eine Botschaft sonst da?“, fragt er. Die Bundespolizei könne dem Iraker nicht weiterhelfen.
Ohne gültiges Dokument, das zu einem Grenzübertritt berechtigt, kann Hemn Jamal Saeed nicht zurück nach Italien reisen. Henschel empfiehlt dem Iraker, sich noch an eine andere Institution seines Landes zu wenden. Vielleicht könne man ihm dort helfen und es handelte sich nur um ein Missverständnis. Auch der Kontakt mit der Airline würde möglicherweise Erfolg bringen, wenn die Kundendaten des Mannes vorlägen, sodass er zumindest nach Italien reisen kann.
Auch Caritas über Praktik verwunder
Auch bei der Geflüchtetenhilfe der Caritas löst der Fall Stirnrunzeln aus. „Zu 100 Prozent stimmt das nicht. Das ist völliger Quatsch“, sagt Sinischa Sven Balaz. Eine Juristin des Wohlfahrtverbandes bestätigt das so. Auch sie ist überzeugt, dass es lediglich eine Anzeige bei der Polizei brauche, um einen neuen Pass zu erhalten.
Und was sagt die irakische Botschaft? Weder die Botschaft der Republik Irak in Berlin noch das Generalkonsulat in Frankfurt am Main waren für die Redaktion zu erreichen.
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Dass das Schicksal von Hemn Jamal Saeed kein Einzelfall ist, zeigt ein Beitrag des Faktenfuchs des Bayerischen Rundfunks (BR). In diesem wird auf Anzeigenseiten von Tageszeitungen in Bayern verwiesen. Dort geben häufiger Menschen Inserate auf, in denen sie um Unterstützung bei der Suche nach Pässen bitten – meist sind es Iraker. Dass sie dies tatsächlich müssen, legt ein Beitrag des Faktenfuchs des Bayerischen Rundfunks (BR) nahe: „Wer seinen Pass verloren hat und einen neuen beantragen will, muss neben einer Bescheinigung über die Erstattung einer Verlustanzeige bei der Polizei mit Angabe der Passnummer und dem Ausstelldatum ebenfalls eine Zeitungsanzeige vorweisen“, heißt es dort.
Dem BR bestätigte die irakische Botschaft dies. Für Hemn Jamal Saeed bedeutet diese fragwürdige Praktik, dass er noch abwarten muss, ob sich ein Finder meldet oder er einen neuen Pass beantragen kann. Wer den Reisepass von Hemn Jamal Saeed findet, kann sich unter geesthacht-bergedorfer-zeitung@funkemedien.de melden.