Geesthacht. Zeugen sehen Unglück kommen und wählen lange vor dem Unfall die 110. Sie berichten von betrunkenen Jugendlichen am und im Wasser.

Es sollte womöglich eine ausgelassene Party unter Freunden an der Elbe werden, die jedoch offenbar völlig aus dem Ruder lief und in einem Drama endete. Einer aus der Gruppe stürzte an den Hafenterrassen in Geesthacht ins Wasser und ging unter. Ein Unglück, das der 20-Jährige nicht überlebte. Und ein Unglück, das womöglich hätte vermieden werden können.

Denn Zeugen des Vorfalls erheben nun schwere Vorwürfe gegen die Polizei. „Wir haben bereits 40 Minuten vor dem Unfall die Polizei angerufen“, sagt Nina R., die ebenfalls mit einer Freundin (20) am Donnerstag in Geesthacht an der Elbe saß. Es war ein lauer Sommerabend, den auch noch Radfahrer und Spaziergänger nutzten. „Es waren auch mehrere Jugendgruppen vor Ort“, erinnert sich R. – und dass eine besonders auffiel.

Tragischer Unfall in Geesthacht: 20-Jähriger geht in der Elbe unter und stirbt

„Sie haben laut Musik gehört und waren stark alkoholisiert.“ Im Laufe des Abends sind kaum noch Passanten auf dem Weg an der Elbe an der Straße Hafenterrassen unterwegs, und auch nur noch die auffällige Jugendgruppe sei vor Ort gewesen. „Die waren auf dem Ponton und im Wasser. Meine Freundin und ich wussten, das geht nicht gut“, sagt R. Um 22.03 Uhr entschließen sie sich, die 110 zu wählen. „Die waren so betrunken und wir wollten verhindern, dass etwas Schlimmes passiert.“

Hafen Geesthacht
Am Tag, nachdem ein junger Mann im Geesthachter Hafen ertrunken ist, wurden eine Kerze und Blumen auf den Anleger gestellt, an dem sonst immer die Drachenboote beim Elbfest ins Wasser gelassen werden. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Die Beamten der Notrufzentrale hätten zugesagt, dass sie einen Streifenwagen vorbeischicken. „Doch es ist niemand gekommen“, so die 19-Jährige. Als sie und ihre Freundin aufbrechen und zum Auto gehen, „haben wir ein lautes Platschen gehört und es brach Panik aus“. Nina R. rennt zum Ponton, ihre Freundin wählt erneut den Notruf, diesmal um 22.45 Uhr. Jetzt ist was passiert, soll die Zeugin den Beamten gesagt haben.

Elbe in Geesthacht: 20-Jähriger stirbt nach Sturz ins Wasser im Krankenhaus

Es vergehen weitere Minuten, bis die Rettungskräfte vor Ort sind. Freunde des 20-Jährigen springen ebenfalls ins Wasser, tauchen nach ihm, ohne Erfolg. Der junge Mann sei nach dem Sturz in die Elbe sofort untergegangen und nicht wieder aufgetaucht. Wie die Feuerwehr mitteilt, haben Einsatzkräfte rund eine Stunde nach dem Mann gesucht. Auch Retter aus Winsen (Luhe) beteiligten sich an der Aktion. Letztlich konnten Rettungstaucher der DLRG den leblosen Körper aus dem Wasser ziehen. Sofort begannen die Retter mit der Wiederbelebung.

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Der junge Mann kam in eine Klinik, wo Ärzte noch versuchten, ihn zu retten – jedoch ohne Erfolg. Laut Feuerwehr starb der 20-Jährige im Krankenhaus. Die Freunde des 20-Jährigen wurden vor Ort ebenfalls von Rettungskräften und später auch Seelsorgern versorgt. „Ich habe die Cousine des Vermissten während der Suche versucht zu beruhigen, sie war völlig hysterisch“, erinnert R., bei der einen Tag nach dem schrecklichen Unfall immer noch der Schreck tief sitzt, sich jedoch auch sehr viel Wut dazumischt.

„Das alles hätte doch verhindert werden können. Ich kann es einfach nicht verstehen“, sagt die 19-Jährige. Die Polizei bestätigt einen anonymen Anruf um 22.03 Uhr in der Polizeileitstelle und teilt, dass darin eine Ruhestörung durch laute Musik gemeldet worden sei.„Aufgrund eines anderen Einsatzes konnte die Polizei Geesthacht die Ruhestörung nicht zeitnah wahrnehmen“, so ein Sprecher und fügt hinzu: „Belastbare Informationen über Alkoholkonsum innerhalb der Gruppe liegen der Polizei nicht vor.“