Elmenhorst. Seit zwei Jahren hat der Kreisfeuerwehrverband mit den Nachbarkreisen eine Flugbereitschaft. Warum die immer wichtiger wird.

Die Hitze der vergangenen Tage erreicht Rekordwerte. Deshalb sind die Retter der Flugbereitschaft des Kreisfeuerwehrverbands jetzt wieder in erhöhter Alarmbereitschaft. „Die Waldbrandgefahr ist noch nicht extrem hoch. Dafür hat es in den vergangenen Wochen zu viel geregnet. Aber wir behalten die Situation im Blick“, sagt Sven Minge, Geschäftsführer des Kreisfeuerwehrverbandes. „Echte“ Einsätze gab es in diesem Jahr für die Retter noch nicht, dafür aber Kontroll- und Übungsflüge.

So wie vor einigen Tagen bei 32 Grad im Schatten. Die Hitze flimmert über den Asphalt. Pilot Wolfgang Beyersdorf rollt in seiner viersitzigen Mooney M 20 über die Startbahn des Lübecker Flughafens, gibt Vollgas und hebt ab. Mit an Bord des Leichtflugzeugs ist Adam Möller.

Routineflug in 600 Metern Höhe zur Waldbranderkennung

In 600 Metern Höhe und wolkenlosem Himmel drehen die beiden Männer in offizieller Mission eine ausgedehnte Runde über den Kreis Herzogtum Lauenburg. Wolfgang Beyersdorf und Adam Möller sind Feuerwehrleute und engagieren sich beim Feuerwehrflugdienst Holstein.

Adam Möller (l.) und Wolfgang Beyersdorf steigen auf dem Flughafen Lübeck bei brütender Hitze in das amerikanische Leichtflugzeug für einen Kontrollflug ein.
Adam Möller (l.) und Wolfgang Beyersdorf steigen auf dem Flughafen Lübeck bei brütender Hitze in das amerikanische Leichtflugzeug für einen Kontrollflug ein. © Kreisfeuerwehrverband | Kreisfeuerwehrverband

Während Wolfgang Beyersdorf als erfahrener Hobbypilot seine Mooney an diesem heißen Sommertag sicher durch so manches Luftloch navigiert, hält Adam Möller auf dem Co-Pilotensitz bei brütender Hitze und Waldbrandstufe drei Ausschau nach Rauchwolken.

In den vergangenen Jahren war es deutlich trockener – und brandgefährlich

„Durch lange Trockenperioden, wie wir sie in den vergangenen Jahren öfter hatten, steigt die Gefahr von großflächigen Bränden in der Fläche und in den Wäldern“, sagt Adam Möller. Der Kreis verfügt mit dem 70 Quadratkilometer großen Sachsenwald über das größte zusammenhängende Waldgebiet in Schleswig-Holstein, 26 Prozent der Gesamtfläche ist bewaldet – da ist die Gefahr besonders groß. „Und je früher ein Feuer entdeckt wird, umso besser kann es bekämpft werden“, ergänzt Sven Minge.

An diesem Juli-Tag gibt Möller Entwarnung: „Bei unserem Kontroll- und Übungsflug haben wir kein Feuer entdeckt.“ Der Feuerwehrmann aus Wentorf (Sandesneben) ist seit diesem Jahr der neue Fachwart für den Feuerwehrflugdienst im Kreis Herzogtum Lauenburg. Für das Amt ist der 56-Jährige prädestiniert. 17 Jahre lang flog er als Notfallsanitäter im Rettungshubschrauber. Turbulenzen und Luftlöcher, aber auch schwierige Einsätze mit unübersichtlichen Lagen bringen ihn nicht so schnell aus der Ruhe.

Flugdienst unterstützt die Einsatzkräfte auf dem Boden mit einem besseren Überblick

„Bei einem Brand in unübersichtlichem Gelände ist der Flugdienst für die Einsatzkräfte auf dem Boden ein zusätzliches Unterstützungselement und liefert wichtige Informationen für ein umfängliches Lagebild“, sagt Sven Stonies, Kreiswehrführer im Herzogtum Lauenburg.

Aus der Luft könne das Feuer schneller und genauer geortet und mögliche Wasserentnahmestellen erkannt werden. Zudem können die Bodenkräfte im besten Fall über Funk gewarnt werden, wenn Zufahrtswege abgeschnitten sind oder die Windrichtung dreht. Einsatzszenarien für „das fliegende Auge“ der Feuerwehren sind großflächige Wald- und Moorbrände, aber auch Deichbrüche, Hochwasserlagen, Gewässerunfälle und Schneenotlagen.

Eine Woche lang wütete im Kreis Ludwigslust-Parchim ein Großfeuer

Vor mehr als zwei Jahren hat sich Stonies für einen Flugdienst im Kreis starkgemacht. Bei der Entscheidung spielten auch die Erfahrungen aus dem Sommer 2019 eine Rolle. Damals wütete eine ganze Woche lang im Landkreis Ludwigslust-Parchim auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz in Lübtheen ein Großfeuer. Rund 3000 Feuerwehrleute – darunter auch viele aus dem Lauenburgischen – halfen bei den Löscharbeiten.

Im Jahr 2022 gründeten die Kreise Herzogtum Lauenburg, Stormarn und Segeberg den gemeinsamen Flugdienst Holstein. Segeberg und Stormarn konnten auf dem Feld bereits auf mehr als 50 Jahre Erfahrungen zurückblicken, die in die Kooperation einflossen.

Das „fliegende Auge“ der Feuerwehr gibt es seit zwei Jahren

„Mit drei Kreisen sind wir nun personell und finanziell noch besser aufgestellt“, bringt es Johannes von Kiedrowski, Kreisfachwart für den Feuerwehrflugdienst im Kreis Segeberg, auf den Punkt. Die kreisübergreifende Zusammenarbeit mit Freiwilligen aus 20 Wehren „klappt hervorragend“, sagt der Feuerwehrmann aus der Gemeinde Boostedt bei Neumünster.

Neun Piloten – vier aus den eigenen Feuerwehrreihen – sind für den Flugdienst im Einsatz. Unterstützt werden sie von 30 Flugbeobachtern, die auf dem Co-Piloten- und Passagiersitz die Navigation, das Funken und die Beobachtung übernehmen. „Das sind alles erfahrene Feuerwehrleute, die dafür eine Zusatzausbildung absolviert haben“, sagt Fabian Woggan, Fachwart für den Feuerwehrflugdienst im Kreis Stormarn.

Angesichts des Klimawandels könnte es auch im Kreis bald ein Löschflugzeug geben

Ulrike Blankenstein ist eine von zwei Frauen im Flugdienst. Für die Feuerwehrfrau aus Negernbötel (Kreis Segeberg) ist als Flugbeobachterin ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen. Nachdem sie im Griechenlandurlaub ein Löschflugzeug im Einsatz gesehen habe, sei dieser Wunsch gereift. Mit Löschflugzeugen ist der hiesige Flugdienst zwar noch nicht unterwegs, „für die Zukunft würde ich das angesichts des Klimawandels aber nicht ausschließen“, sagt Johannes von Kiedrowski.

Im Gegensatz zum niedersächsischen Feuerwehrflugdienst verfügt der Holsteiner über keine eigenen Flugzeuge. Für die Übungsflüge und im Einsatzfall chartert er Kleinflugzeuge vom Typ Piper, Mooney und Cessna. „Das ist in der Regel kein Problem und eine kostengünstigere Variante. Innerhalb von einer Stunde, meist sogar noch schneller, sind wir abflugbereit“, sagt Fabian Woggan. Besonders viel Zeit spart der Flugdienst mit der aktuellen Umstellung von der analogen auf die digitale Routenplanung ein. Dabei werden die Flugrouten am Tablet geplant und nicht mehr auf der Karte abgesteckt.

Retter sind in weniger als einer Stunde startbereit – auch ohne eigenes Flugzeug

Gestartet wird von den Flugplätzen in Lübeck, Neumünster, Uetersen, Wahlstedt und Hamburg-Fuhlsbüttel. „Von den Flugplätzen können wir innerhalb von 40 Minuten am entferntesten Zipfel des 3400 Quadratkilometer großen Gebietes sein“, sagt Adam Möller. Die Kreiswehrführung entscheidet je nach Einsatzlage, ob der Flugdienst hinzugezogen wird.

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