Hamburg. Immer öfter ist die Aurora Borealis auch bei uns zu sehen – auch kommende Nacht. Wir erklären, wie Aufnahmen besonders gut gelingen.

Grün, pink, rot - Polarlichter leuchten in kaum für möglich gehaltener Intensität in der vergangenen Nacht (11. Oktober) am Himmel über Hamburg und Schleswig-Holstein. Menschen in Oststeinbek bis Geesthacht, Kirchwerder bis Escheburg und Reinbek konnten das Himmelsschauspiel bis den frühen Morgen beobachten.

Die gute Nachricht: Auch heute Nacht vom Freitag auf den Sonnabend, 12. Oktober, soll der Himmel wieder bunt leuchten. „Momentan sieht es noch recht gut aus, dass heute Abend nochmal Polarlichter zu sehen sein könnten“, so die Einschätzung von Jörg Knoche von der Hamburger Sternwarte.

Polarlicht sollen auch in der kommenden Nacht in Hamburg zu sehen sein

Und auch das Wetter wird laut Vorhersage im Unterschied zur Donnerstagnacht deutlich besser sein für eine Sichtung von Aurora Borealis – so der wissenschaftliche Name. Denn die Beobachtung und gute Fotos sind vielfach vom Glück abhängig. Denn viele Wolken und dazu noch Schauer verhindern den Blick in den Himmel. So war es vielerorts in der vergangenen Nacht.

In der kommenden Nacht soll es anders sein, der Himmel klar. Erst in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag ist wieder mit Regen zu rechnen. Die Polarlichter sind in der Regel am besten zwischen 21 und 2 Uhr zu beobachten und zu fotografieren. Als Kernzeit gilt für die besten Sichtungen 23 Uhr bis Mitternacht.

Sternwarte Hamburg: Seriöse Vorhersage erst zwei Stunden vorher möglich

Die Polarlichter fotografiert aus einem Dachfenster in Nettelnburg
Die Polarlichter um zwei Uhr fotografiert aus einem Dachfenster in Nettelnburg. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Auch der Mond kann wegen seiner Helligkeit ein Störfaktor sein. Allerdings sind Auf- und Untergang derzeit günstig. Der Erdtrabant lässt sich in Hamburg am Freitag, 11. Oktober, erst um 16.45 Uhr im Südosten am Himmel sehen, um 23.51 Uhr verschwindet er im Südwesten wieder von der Bildfläche. Er hat nun die Schwelle des Halbmondes überschritten, nimmt zu und wird am 17. Oktober zum Vollmond.

Die Himmelsforscher der Sternwarte sind vorsichtig bei einer Polarlicht-Vorhersage für das gesamte Wochenende. „Eine seriöse Prognose lässt sich nur auf Zeitskalen von ungefähr ein bis zwei Stunden abgeben, weil das doch sehr dynamische Ereignisse sind, die sich in unserer Atmosphäre abspielen“, meint Jörg Knoche.

Sonneneruptionen sorgen für die Polarlichter am Himmel

Polarlichter in der Geesthachter Oberstadt
André Wengorra, Fußballtrainer des Landesligisten Düneberger SV, sah die Polarlichter gegen 20 Uhr beim Training und zückte das Handy. © privat | Privat

Die Polarlichter der vergangenen Nacht seien auf einen Ausbruch auf der Sonne vom Dienstag zurückzuführen. „Am Mittwoch gab es noch weitere Ausbrüche ähnlicher Stärke, die, wenn sie die Erde nicht verfehlen, diesen magnetischen Sturm in der Atmosphäre weiter antreiben“, erklärt Jörg Knoche den Hintergrund des Geschehens. „So gesehen ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch für Polarlichter heute Abend, aber es gibt zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Gewissheit, dass man sagen könnte, ,auf jeden Fall‘“.

Auch blau gehört übrigens zum Spektrum der Polarlichter, „welches aber aufgrund der hohen Energien, die dafür benötigt werden, sehr selten zu sehen ist“, erklärt Jörg Knoche. Verantwortlich für diesen Farbanteil ist der Stickstoff. Das andere am „Himmelstuschkasten“ beteiligte chemische Elemente ist der Sauerstoff, der für die roten und grünen Töne sorgt.

Je stärker das Magnetfeld verformt wird, desto südlicher leuchtet der Himmel

Polarlichter in Düneberg
Polarlichter entzückten eine Dünebergerin vor ihrem Carport. Spontan wurde mit dem Handy ein Bild gemacht. © privat | Privat

Die Entstehung von besonders „schönen“, kräftigen Nordlichtern auch bei uns ist dabei abhängig von der Intensität des Ausbruchs des Sonnenwindes, und wie stark das Magnetfeld der Erde verformt wird. „Je stärker diese Verformung, desto südlicher – vom Nordpol aus gesehen – können die Teilchen der Sonne in die Atmosphäre eindringen und sie ionisieren, wo dann durch Rekombination das Leuchten des Polarlichts entsteht“, erläutert Jörg Knoche.

Menschliche Augen nehmen in unseren Breitengraden meist nur ein Flimmern wahr vom Polarlicht, ein Wabern von blassen Schlieren, die sich aus dem All auf die Erde senkten. Ein Grund ist, dass die Intensität hierzulande selten ausreicht, die Farbsehfähigkeit unserer Augen zu reizen.

Apps wie Nordlichtmelder schlagen bei einem bestimmten Index-Wert Alarm

Polarlichter in der Geesthachter Oberstadt
Tiefrot leuchtete das Polarlicht um 23 Uhr in der Geesthachter Oberstadt. © privat | Privat

Bei Dunkelheit übernehmen die Stäbchen, die auf Lichtwahrnehmung spezialisierten Sinneszellen der Netzhaut, das Kommando und die haben es mit Farben nicht so. Sie setzen auf Kontrast und Grau. Nur sehr helles Nordlicht wie im hohen Norden spricht die Augenzapfen an. Um die ganze Pracht erkennen zu können, bedarf es meist eines Mediums in Form eines Sensors, wie er in Kameras und Handys verbaut ist. Um Nordlichter erfolgreich zu fotografieren, muss man aber erstmal wissen, dass welche da sind.

Dabei helfen Apps wie der kostenlose Nordlichtmelder. Sie schlagen bei einem bestimmten sogenannten Kp-Index Alarm, der globale geomagnetische Bedingungen angibt und damit die Chance, Nordlichter zu sehen. Im Internet informieren Webseiten wie polarlicht-vorhersage.de über die Chancen.

Der schnelle Handytest zeigt, ob es gerade Nordlichter zu sehen gibt

Wer Aufnahmen machen möchte, sollte beim Losfahren schon wissen, wo er das Stativ aufbauen wird. Durch die Gegend zu irren, kostet Zeit. Denn die Nordlichter sind ätherische und launische Wesen. Eben noch in voller Entfaltung bricht der Reigen kurz darauf zusammen. Manchmal leben sie nach einer halben Stunde wieder auf, manchmal gar nicht mehr. Am Donnerstag war um fünf Uhr nichts mehr zu sehen gewesen.

Ob es gerade an Ort und Stelle Polarlichter gibt, zeigt am besten der Handytest. Damit wird ohne großen Aufwand auf die Schnelle Richtung Norden geknipst. Zeigt das Bild Spuren von Aurora Borealis? Falls nicht, heißt es warten. Und warten.

Taschenlampe nicht vergessen – zum Anleuchten und Einstellen des Vordergrundes

Die Einhaltung von fotografische Regeln wie „Vordergrund macht Bild gesund“ sollten auch bei Nordlichtaufnahmen zumindest in Erwägung gezogen werden. Ein guter Platz im Süden des Kreises Herzogtum Lauenburg, der viele Punkte vereint, befindet sich direkt an der B207 zwischen Dassendorf und Brunstorf.

Polarlichter zwischen Dassendorf und Brunstorf
August 2024: Wie ein Vorhang wabert das Nordlicht hinter einem Baum auf einem Feld zwischen Dassendorf und Brunstorf. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Dort ist es dunkel – sieht man einmal vom hin und wieder querenden Verkehr ab –, und ein mächtiger, einsamer Baum auf dem Feld sorgt für ein schönes Motiv. Mit einer starken Taschenlampe lässt er sich anleuchten, um manuell besser auf ihn scharfstellen zu können. Danach muss die Taschenlampe natürlich wieder ausgestellt werden.

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Grauverlaufsfilter hält die Bodenlichter in Schach

Als Belichtungszeit empfehlen sich Zeiten zwischen 15 und 20 Sekunden. Länger nicht, sonst bekommen die Sterne Striche. Und darunter kommt eher zu wenig Licht auf den Sensor. Ein Grauverlaufsfilter vor der Linse – grau nach unten – hilft, damit Lichtquellen am Boden das Bild nicht überstrahlen. Denn auch ein unscheinbarer Punkt wächst nach 15 Sekunden zu einem hellen Spot. Die ISO-Zahl darf die Tausendergrenze passieren, abhängig vom individuellen Rauschverhalten des Equipments. Die Blende ergibt sich.

Die Entfernung wird auf Unendlich gestellt. Unbedingt anhand eines Probebildes testen, ob nachreguliert werden muss. Beim Handy wird der Nachtmodus aktiviert, sonst kommt zu wenig Licht auf den Sensor. In allen Fällen gilt: Ohne Stativ gibt es verwackelte Bilder.