Berkenthin/Schwarzenbek. Landauf, landab schließen Geldhäuser Filialen, weil der Publikumsverkehr rückläufig ist. In Berkenthin gibt es nun ein neues Konzept.

Davon kann Schwarzenbek nur träumen: Das 2.100-Einwohner-Dorf Berkenthin ist mit seiner Lage am Elbe-Lübeck-Kanal nicht nur landschaftlich attraktiv, sondern es hat jetzt auch einen zentral gelegenen Bürgerservice. Alle Dienstleistungen der Verwaltung rund um die Bürger - von der Ummeldung bis hin zur Beantragung von Pässen - sind im Dorfzentrum mit Supermarkt, Apotheke, Bäcker, Blumenladen, Kreissparkassen-Filiale und Tankstelle gebündelt.

„Die Bürger können viele Erledigungen gleichzeitig vornehmen, und wir haben wieder mehr Platz in der Amtsverwaltung“, sagte Anja Dührkopp, Vorsteherin des Amtes Berkenthin mit elf Dörfern und 8800 Einwohnern bei der Eröffnung des neuen Bürgerservices am Donnerstag, 1. August.

KSK Herzogtum Lauenburg: In Berkenthin bleibt die Sparkasse erhalten

Genau wie die Europastadt hat das Amt Berkenthin Raumprobleme in der Verwaltung. Schwarzenbek hat extern Räume angemietet, um Fachdienste wie die IT und das Finanzwesen unterzubringen. Auch in der Amtsverwaltung „Am Schart“ in Berkenthin reichte der Platz nicht mehr aus.

„An eine Erweiterung ist nicht zu denken. Das Grundstück gibt das nicht her, außerdem haben wir Schwierigkeiten mit Feuchtigkeit im Keller. Deshalb war die Überlegung, den Bürgerservice in die Kreissparkassen-Filiale auszulagern, eine Win-Win-Situation für uns“, sagt die Amtsvorsteherin. Und Christian Pein, Filialdirektor der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg ergänzt: „Wir sind genauso Dienstleister wie die Verwaltung. Synergien liegen da auf der Hand.“

Bankgeschäfte, Einkäufe und Behördengänge an einem Ort möglich

Für die Bewohner des Amtes ist die Kooperation gleich ein doppelter Gewinn. Zum einen können sie Bankgeschäfte, Einkäufe und Behördengänge an einem Ort erledigen. Zum anderen behalten sie auch ihre Kreissparkassen-Filiale. Denn die Räume wurden immer weniger genutzt, die Filiale hat nur noch montags und freitags geöffnet.

Das Zentrum von Berkenthin wird noch attraktiver für die Einwohner. Gleich neben Supermarkt und Tankstelle gibt es in der Sparkassenfiliale nun auch noch ein Bürgerbüro der Amtsverwaltung.
Das Zentrum von Berkenthin wird noch attraktiver für die Einwohner. Gleich neben Supermarkt und Tankstelle gibt es in der Sparkassenfiliale nun auch noch ein Bürgerbüro der Amtsverwaltung. © Stefan Huhndorf | Stefan Huhndorf

„Wir freuen uns, dem Amt Berkenthin notwendige Räume zur Verfügung zu stellen, die aufgrund des veränderten Kundenverhaltens nicht mehr optimal ausgelastet sind“, sagt KSK-Vorstandsmitglied Udo Schlünsen. Das ist eine Umschreibung dafür, dass viele Filialen im ländlichen Bereich so nicht mehr rentabel sind. Wie viele andere Kreditinstitute zieht sich auch die Kreissparkasse zunehmend aus der Region zurück und ersetzt Filialen durch Standorte, die lediglich Geldautomaten und Auszugsdrucker - im Idealfall auch eine Videoberatung - bieten.

Konzept könnte bei Erfolg auf andere KSK-Standorte übertragen werden

„Für uns ist das Neuland. Wir sind sehr gespannt, wie die Kooperation von den Kunden angenommen wird und werden das Konzept bei einem Erfolg möglicherweise auch auf andere Standorte übertragen“, sagt KSK-Sprecher Marc Euler. Die Verwaltung ist mit vier Mitarbeiterinnen in der Filiale an der Oldesloer Straße 1 vertreten. Die Frauen haben Büros im Gebäude, die nicht mehr für die Beratungsgespräche der Sparkasse benötigt werden. Außerdem haben sie einen eigenen Tresen in der Schalterhalle.

Für die Schwarzenbeker liegt das geplante Bürgerzentrum allerdings in weiter Ferne. Die Pläne für den Umbau der alten Realschule in ein Bürgerzentrum liegen mangels Fördermitteln und Planungskapazitäten im Rathaus auf Eis. Aber es kommt noch schlimmer für das Stadtzentrum. Die Kreissparkasse will sich definitiv aus dem Stadtzentrum zurückziehen und ihre Aktivitäten in den geplanten Neubau im Lupuspark verlagern.

Kreissparkasse setzt in Schwarzenbek auf ihren Neubau im Lupuspark

KSK-Sprecher Marc Euler wollte das nicht bestätigen. Allerdings hatte KSK-Vorstand Dr. Stefan Kram bereits vor einiger Zeit gesagt: „Wir gehen dahin, wo die Kunden sind.“ Das bedeutet im Fall Schwarzenbek in den Lupuspark, denn in der Innenstadt wird die Laufkundschaft immer weniger. Der Einzelhandel hat darauf bereits mit zum Teil reduzierten Öffnungszeiten reagiert.

„Alles, was Schwarzenbek betrifft, ist in einer Überlegungsphase“, sagte Euler gegenüber unserer Zeitung. Bei Schwarzenbeks Bürgermeister Norbert Lütjens klingt das anders. „Uns freut das Projekt im Lupuspark. In der Berliner Straße will die KSK den Betrieb in irgendeiner Form aufrechterhalten - möglicherweise wird es dort ein digitales Angebot geben. Das können wir als Stadt aber nicht beeinflussen. Die Entscheidung fällt bei der Bank, und die KSK ist nicht das erste Institut, das die Innenstadt verlässt“, sagte der Verwaltungschef bei einer Einwohnerversammlung.

Schwarzenbeker befürchten langen Leerstand in KSK-Gebäude

Die KSK werde versuchen, eine andere Nutzung für das Gebäude zu finden, so Schwarzenbeks Bürgermeister. Das ist allerdings schwierig. Bereits beim ehemaligen Hauptsitz der Kreissparkasse am Markt in Ratzeburg war die Folgenutzung als Hotel aus wirtschaftlichen Gründen geplatzt. Jetzt soll dort eine sogenannte Premiumfiliale der KSK einziehen und ab 2025 für zwei Jahre Teile der Kreisverwaltung. In der Zeit wird das Kreishaus saniert. Danach sind neben der Bank-Nutzung Flächen für Einzelhandel und Wohnungen in der Immobilie geplant.

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Eine Folgenutzung in Schwarzenbek, wo derzeit neben der KSK noch die Volkshochschule als Untermieter untergebracht ist, dürfte sich ebenfalls nicht einfach gestalten. Zahlreiche Besucher der Einwohnerversammlung befürchteten angesichts der Aussage des Bürgermeisters statt einer angestrebten Attraktivitätssteigerung für das Zentrum einen weiteren Leerstand.

Denn gleich nebenan steht das Kaufhaus CML seit Jahresbeginn 2024 leer, und auch die ehemalige Post gleich um die Ecke ist seit Jahren ein Leerstand. Auch die benachbarte Realschule ist statt eines Publikumsmagneten mit Bürgerservice lediglich eine Sammelunterkunft für Flüchtlinge.