Geesthacht/Hamwarde. Vier Monate stand das schwarze Fahrzeug am Straßenrand zwischen Geesthacht und Hamwarde und wurde Opfer von Vandalismus.

Jeden Tag, wenn Kathrin Burmester aus Kollow zur Arbeit nach Geesthacht fuhr, beobachtete sie in den vergangenen Wochen und Monaten einen schwarzen VW Golf am Rande eines Feldweges auf der Straße zwischen Geesthacht und dem Hamwarder Sportplatz. Aus einem einst ansehnlichen Fahrzeug wurde mit der Zeit ein Häufchen Schrott. Das ist die Geschichte dazu.

Mit rotem Flatterband an den Außenspiegeln, aber sonst äußerlich passabel, stand der Golf IV – der zwischen 1997 und 2003 gebaut wurde – aus Wiershop kommend seit dem 9. März am rechten Straßenrand an dem Feldweg, der die Landstraße mit der Geesthachter Straße verbindet.

Verlassenes Auto: Die Verwandlung eines VW Golf in Bildern

„Ob das Fahrzeug wegen fehlendem Benzin oder aus technischen Gründen liegengeblieben ist, ob dem Fahrer gesundheitlich etwas Schlimmes zugestoßen ist, ob es zwingende Gründe gab, das Fahrzeug dort abzustellen oder ob es gar gestohlen ist, entzieht sich natürlich meiner Kenntnis. Aber das Fahrzeug sah wirklich noch gut aus und tat mir leid, weil es da so alleine stand“, schrieb Burmester unserer Redaktion.

Wie sich der verlassene VW Golf in vier Monaten verändert

Monatelang stand ein VW Golf am Straßenrand zwischen Geesthacht und Hamwarde. Mit der Zeit wurde das Fahrzeug immer mehr zerstört.
Monatelang stand ein VW Golf am Straßenrand zwischen Geesthacht und Hamwarde. Mit der Zeit wurde das Fahrzeug immer mehr zerstört. © Dirk Schulz | Dirk Schulz
Geesthachter Oberstadt wird geflutet mit illegal abgestellten Autowracks
Als die Felder noch nicht grün waren, war der Golf 4 noch ein richtiges Auto – mit Nummernschildern und Flatterband der Polizei. © Pachur | Pachur
Geesthachter Oberstadt wird geflutet mit illegal abgestellten Autowracks
Später verschwanden dann zunächst die Reifen und die Nummernschilder am Wagen. © Pachur | Pachur
Schrottauto
Später warfen Unbekannte einen Backstein in die Windschutzscheibe. Auf dem Aufkleber ist das alte Kennzeichen noch auszumachen. © Dirk Schulz | Dirk Schulz
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Immer mehr Scheiben wurden eingeworfen und weitere Fahrzeugteile wie die Scheinwerfer ausgebaut. © Dirk Schulz | Dirk Schulz
Geesthachter Oberstadt wird geflutet mit illegal abgestellten Autowracks
Auch der Innenraum wurde völlig verwüstet. © Pachur | Pachur
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Die Autoforderung an den Halter, das Fahrzeug zu entsorgen, wurde missachtet. © Dirk Schulz | Dirk Schulz
Als letztes Bauteil verschwand am VW Golf noch die Motorhaube.
Als letztes Bauteil verschwand am VW Golf noch die Motorhaube. © Dirk Schulz | Dirk Schulz
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Zwischen Sonnabend und Sonntagmittag, 29./30. Juni, ist dann schließlich das ganze Fahrzeug verschwunden. An der Stelle, wo der Golf stand, zeugen nur noch Glassplitter von der Metamorphose des Wagens. © Dirk Schulz | Dirk Schulz
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Zumal der Wagen mit der Zeit eine bemerkenswerte Metamorphose durchlief. Erst fehlten irgendwann die Kennzeichen. Dann die Reifen. Dann wurden Scheiben eingeschlagen, Türen geöffnet und der Innenraum geplündert. Als Letztes verschwand auch noch die Motorhaube. „Jeden Morgen sah es anders aus. Ich frage mich, wer tut so etwas? Wer hat Spaß daran, sich an fremdem Eigentum zu vergehen?“, wundert sich Kathrin Burmester.

Hamwardes Bürgermeister ist verärgert

Auch Rüdiger Knoop (CDU), seines Zeichens Bürgermeister von Hamwarde, beschäftigt der Fall nach eigenen Angaben seit Wochen. Knoop hat die Verwandlung ebenfalls verfolgt und sich mehrfach an das zuständige Ordnungsamt vom Amt Hohe Elbgeest gewandt. „Das Ordnungsamt ist beauftragt, das Restgebilde zu entsorgen“, weiß Knoop.

Nicht nur Knoop, auch andere Bürger, hätten sich beim Amt wegen des Fahrzeugs gemeldet, bestätigt Simone Kelling, die Leiterin des Ordnungsamtes Hohe Elbgeest. Seit Ende April sei der Fall in ihrer Behörde aktenkundig. „Der Wagen ist ordnungswidrig im öffentlichen Raum abgestellt“, so Kelling.

Behörde muss in Vorleistung gehen

In der Frontscheibe des Autos war ein einst roter Aufkleber zu erkennen, mit der Aufforderung, den Wagen bis zum 7. Mai zu entfernen. „Weil die Hoffnung besteht, dass der Halter sein Fahrzeug noch mal aufsucht“, erläutert Kelling. „Wenn er der Aufforderung nicht nachkommt, gehen wir in eine sogenannte Ersatzvornahme, also in finanzielle Vorleistung“, erklärt die Ordnungsamt-Chefin das weitere Vorgehen. Das koste grob geschätzt eine mittlere dreistellige Summe.

Zu der Verzögerung beim Entfernen sei es auch gekommen, ergänzt Hamwardes Bürgermeister Knoop, weil zwischendurch eine Feuerwehr den Wagen für Übungszwecke nutzen wollte. „Aber ohne Reifen konnte sie den Wagen nicht auf ihren Hänger schieben“, so Knoop. Bis diese Nachricht wiederum beim Amt eintraf, verstrich weitere Zeit, in der VW Golf weiter leiden musste.

Versicherung des Wagens war abgelaufen

Über den Halter sei im Amt Hohe Elbgeest nichts bekannt, sagt Simone Kelling auf Anfrage der Redaktion. Und dass ihr Amt im engen Austausch mit der Polizei stehe. Diese hatte am 9. März dem Fahrer die Weiterfahrt untersagt und das Fahrzeug mit dem Flatterband versehen, weil für das polnische Kennzeichen keine Versicherung mehr bestanden hatte, heißt es dort auf Nachfrage unserer Redaktion.

Am Steuer habe ein Georgier ohne Wohnsitz in Deutschland gesessen. Georgier können sich ohne Visum drei Monate in der Europäischen Union aufhalten. Eine geläufige Methode sei es, von Georgien nach Polen zu fliegen, sich dort ein Auto ohne gültige Versicherung zu kaufen und dann mit den alten polnischen Kennzeichen nach Deutschland zu fahren. Wer dabei erwischt wird, gibt das Auto in der Regel auf.

VW Golf verschwand am Wochenende

Derweil könnte das letzte Kapitel der Geschichte des VW Golf geschrieben worden sein. Denn irgendwann zwischen Sonnabendmittag und Sonntagvormittag (29./30. Juni) ist der Wagen auf einmal verschwunden. Fast vier Monate, nachdem er abgestellt worden war, zeugen nun nur noch Splitter der zerschlagenen Scheiben davon.

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Ob es sich um eine vom Amt bestellte Abschleppaktion handelte oder ob es der letzte Akt der Metamorphose des Wagens war, war am Sonntag nicht zu klären. Als unsere Redaktion am vergangenen Donnerstag mit dem Ordnungsamt gesprochen hatte, war von einem Abschlepptermin binnen 14 Tagen die Rede gewesen.