Geesthacht. 1700 Kinder bei Sportabzeichen-Tour in Geesthacht: Der kleinste Promi war der größte Star und der Bürgermeister überraschend schnell.
Die Ungeduld war einigen Teilnehmern bei der Sportabzeichen-Tour des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) auf dem Menzer-Werft-Platz in Geesthacht ins Gesicht geschrieben. „Wie viele Punkte hab‘ ich?“, löcherte etwa ein Viertklässler von der Grundschule Ochsenwerder seine Lehrerin. Doch die hatte für solche Fragen gerade keine Zeit. Sie musste schon die nächsten Werte im Ballwurf notieren.
Wuselig wie in einem Ameisenhaufen ging es dem Areal zu, das sonst Freizeitaktivitäten vorbehalten ist. Rund 1700 begeisterte Sportler mit und ohne Behinderung, die meisten davon Schul- und Kitakinder, verwandelten den Menzer-Werft-Platz in eine große Sportarena. Auf dem Roten Platz war eine 50-Meter-Laufbahn gekreidet, Weitsprung und Kugelstoßen wurden auf dem Beachvolleyball- und dem Beachsoccerfeld ausgetragen, um die Spitze der Elbhalbinsel führte eine 800-Meter-Laufstrecke.
Sportabzeichen-Tour: Menzer-Werft-Platz wird zur großen Sportarena
„Eine tolle Wettkampfstätte“, lobte Hans-Jacob Tiessen, der Präsident des Landessportverbandes Schleswig-Holstein. „Es grenzt aber geradezu an ein Wunder, dass das Ganze hier steht.“ Hintergrund: Die Organisatoren waren am Donnerstag gerade fertig mit dem Aufbau gewesen, als das Gewitter mit Starkregen ihre Arbeit zunichtemachte. Mehrere Zelte wurden dabei zerstört. „Wir haben um 5 Uhr heute Morgen wieder angefangen, es herzurichten“, ergänzte Carsten Engelbrecht.
Sportabzeichen-Tour: Hier gibt es die schönsten Bilder
Der Chef des Kreissportverbandes hatte die Sportabzeichen-Tour anlässlich der Verleihung der Stadtrechte vor 100 Jahren in seine Heimatstadt geholt samt dazugehörigen Spitzensportlern, die als Botschafter immer dabei sind. In Geesthacht waren dies der ehemalige Zehnkämpfer und TV-Leichtathletik-Experte Frank Busemann, der 16-fache Paralympics-Sieger im alpinen Skisport Gerd Schönfelder und der heimliche Star des Tages: Mathias Mester.
Mathias Mester: Bekannt von „Let‘s Dance“
Der kleinwüchsige Silbermedaillengewinner im Kugelstoßen bei den Paralympics 2008 in Peking ist vielen Kindern dabei wohl eher aus seinen Auftritten in TV-Formaten wie „Let‘s Dance“ oder „Die Allestester“ bekannt und musste für zahlreiche Selfies posieren und Autogramme schreiben. Derweil erklärte Busemann: „Sport ist mein Leben und hat mir viel gegeben. Das lebe ich vor. Es ist wichtig, dass Kinder die Möglichkeit haben, sich zu bewegen.“
Die Idee fand auch Lehrerin Sylvie-Kristin Hamm von der Grundschule Ochsenwerder gut. Ihre Schule war mit fünf Klassen vertreten. „Die Verbindung von sportlichen Aktivitäten und Spaß ist toll“, sagte Hamm. Aus Mölln, Lauenburg, Bergedorf – um nur einige zu nennen – waren Schüler in insgesamt 15 Reisebussen gekommen. Die Anfahrt hat der Kreissportverband bezahlt.
Warum so wenige Geesthachter Schüler mitmachten
Aus Geesthacht waren außer der Hachede-Förderschule derweil lediglich drei Klassen vom Otto-Hahn-Gymnasium vertreten. Darüber hatte sich Engelbrecht, der selbst aus der Stadt stammt, im Vorwege enttäuscht gezeigt. Für das OHG leistete der anwesende Sportlehrer Marius Görlach Abbitte.
„Wir sind nur wenige Sportlehrer, von denen zwei in dieser Woche bei unserer Schwimmwoche im Einsatz sind, wo unsere Fünft- und Sechstklässler ihr Bronzeabzeichen ablegen. Am Montag sind Bundesjugendspiele, am Wochenanfang war mündliches Abi“, erklärte Görlach, der sich die Sportabzeichen-Tour mit seinen Klassen aber nicht entgehen lassen wollte: „Wenn so etwas wie die Sportabzeichen-Tour schon mal hier ist...“
Rahmenprogramm stets umlagert
Zumal auch das kurzweilige von den Sponsoren finanzierte Rahmenprogramm mit Reaktionsbord, Wurfwand, Zehn-Meter-Kletterturm, Riesenrutsche und vielem mehr stets umlagert war. Dazu gab es eine Inklusionsmeile, auf der die Sportjugend Schleswig-Holstein einen Rollstuhl-Parcours aufgebaut hatte, den auch gesunde Kinder ausprobieren konnten.
Fatima aus der sechsten Klasse der Gemeinschaftsschule Mölln ließ sich etwa von ihrer Freundin Johanna über Rampen und um Hindernisse herum schieben. „Wir wollen Lebenswelten zusammenführen und haben deshalb fünf Rollstühle mitgebracht“, sagte Klaus Rienecker, der Inklusionsbeauftragte vom Landessportverband.
Bürgermeister Olaf Schulze wird Zweiter hinter Busemann
Michaela Röhrbein aus dem DOSB-Vorstand freute sich, dass sie viele leuchtende Kinderaugen gesehen hat und lobte den Einsatz der rund 200 Helfer. „Ohne ehrenamtliches Engagement geht es nicht“, sagte Röhrbein, die für Sportentwicklung zuständig ist.
Höhepunkt im Rahmenprogramm der Sportabzeichen-Tour in Geesthacht war ein Promi-Sprint mit Frank Busemann, Röhrbein sowie Landrat Christoph Mager, Geesthachts Bürgervorsteher Arne Ertelt (beide CDU) und Bürgermeister Olaf Schulze (SPD). Hier belegte Schulze hinter Busemann, aber vor Ertelt und Mager etwas überraschend den zweiten Platz.
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Lauenburger Schule gewinnt Besuch im Hansapark
Dabei hatte er sich eigenen Angaben zufolge nur mental und mit etwas Fahrradfahren vorbereitet. „Es war ein ernsthaftes Rennen“, gestand Landrat Mager seine Niederlage fair ein. Schulzes sportliche Fähigkeiten könnten auch ein Grund für die kurzfristige Absage von Ministerpräsident und Schirmherr Daniel Günther sein. „Wahrscheinlich hat er sich einfach nicht getraut, gegen mich anzutreten”, scherzte Schulze.
Dass es beim Sportabzeichen nicht um Platzierungen, sondern alters- und geschlechtsbedingte Leistungen geht, die es zu erbringen gilt, um ein Sportabzeichen in Gold, Silber oder Bronze zu erhalten, das weiß auch Geesthachts Bürgermeister. „Wie ist meine 50-Meter-Zeit?“, wollte er von Engelbrecht wissen, als sich der Trubel etwas gelegt hatte. „Sind es wirklich 8,6 Sekunden? Dann wäre ich auf Goldkurs“, sagte Schulze und war in dieser Hinsicht nicht anders als viele der teilnehmenden Kinder.
Besonders froh dürfte übrigens die Klasse 7d von der Albinus-Gemeinschaftsschule aus Lauenburg den Heimweg angetreten haben: Sie gewann bei einer Verlosung einen Besuch im Hansapark Siersdorf an der Ostsee.