Schwarzenbek. Stadtentwicklung und Infrastruktur stehen 2022 im Mittelpunkt. Und auch ein neuer Einkaufsmarkt samt Wohnungen könnten entstehen.

Ungeduld ist in der Europastadt fehl am Platz: Manche Bauprojekte sind seit Jahrzehnten in Arbeit, andere haben sich um wenige Jahre, manche lediglich um einige Monate verzögert. Das hängt mit Baustoffmangel, fehlenden Handwerkskapazitäten und der Antragsflut beispielsweise beim Kampfmittelräumdienst für Bodenuntersuchungen zusammen.

Trotzdem haben Stadt und Investoren im vergangenen Jahr vieles geschafft. Das mit Abstand größte und wichtigste Vorhaben ist die Umgehungsstraße. Mehr als 40 Jahre hat die Planung für den zweiten Bauabschnitt gedauert, seit Frühjahr 2021 rollen die Bagger.

Andere wichtige Projekte sind kurz vor der Vollendung. Beispielsweise der Flächennutzungsplan. Er wurde im Herbst 2021 erstmals öffentlich vorgestellt. Der bestehende Plan aus dem Jahr 2001 hat bereits die 26. Änderung hinter sich. Vor 20 Jahren standen noch 35 Hektar überplanbare Wohnbauflächen zur Verfügung, die jetzt ausgeschöpft sind. Der neue Plan weist 16 potenzielle Flächen aus, die darauf überprüft werden, ob sie für eine Bebauung geeignet sind. Einige sind heftig umstritten wie die der sogenannten Küsterkoppel. Bis der Plan Rechtskraft erlangt, dürften noch einige Monate ins Land gehen.

Fertig geworden ist im vergangenen Jahr das neue Verwaltungs- und Sozialgebäude am Klärwerk. Der Neubau beherbergt Mitarbeiter, die bisher im Klärwerk gearbeitet haben, sowie Verwaltungsmitarbeiter, die bisher im Gebäude der Stadtwerke untergebracht waren. Das Gebäude wird rund 2,69 Millionen Euro kosten. Aktuell steht der Ausbau eines neuen Frauenhauses an, der insgesamt 1,2 Millionen Euro kosten wird. Der Eigenanteil der Stadt beträgt 299.000 Euro. Baubeginn ist diesen Monat.

1. Ortsumgehung

Die Umgehungsstraße wird zwischen Zubringer Nord und der Bundesstraße 207 acht Meter breit, zwischen B 207 und Grabauer Straße 7,50 Meter. Die Anschlüsse an die B 207 und die Grabauer Straße erfolgen über zwei jeweils 45 Meter durchmessende Kreisverkehre. Ein Wanderweg wird mit einer Brücke über die Umgehungsstraße geführt. Die Fundamente sind deutlich erkennbar, die Arbeiten an dem Bauwerk, das auch Fledermäusen mit einem speziellen Leitsystem das Überqueren der Straße erleichtern soll, wird wohl im kommenden Jahr fertig.

Außerdem haben die Politiker einem Lärmschutz am Lupus-Park zugestimmt. Hierfür sollen in 2022 die Voraussetzungen – Baurecht und Ausschreibung – geschaffen werden. Kostenpunkt: rund 200.000 Euro. Die Stadt übernimmt 30 Prozent der Baukosten.

Das 2,94 Kilometer lange zweite Teilstück der Umgehung von der Bundesstraße 404 im Westen bis zur Grabauer Straße soll rund 18 Millionen Euro kosten, die im Bundesverkehrswegeplan bereitstehen. Fertigstellung ist für spätestens 2024 geplant. Der Kreisel an der B 207 wurde im Sommer 2021 gebaut, ebenso ein Regenrückhaltebecken.

Dieses Jahr soll der komplette Bereich zwischen B 404 (scharfe Kurve an der Kerntangente) bis zur B 207 fertig werden. Dann geht es weiter in Richtung K 17 (Grabauer Straße), die ebenfalls über einen Kreisel angebunden wird. Für den dritten Bauabschnitt zur B 209 nach Lauenburg laufen die Planungen. 2030 könnte alles fertig sein.

2. Dreiangel

Nachdem im Sommer 2019 der Kreuzungsbereich an der Möllner Straße umgebaut wurde, hat 2020 die Erschließung auf der landwirtschaftlichen Fläche nordwestlich des Lupus-Parks begonnen. Viele Gebäude sind fertiggestellt und auch bewohnt. Die endgültige Fertigstellung des neuen Quartiers ist in diesem Jahr geplant.

Die Elmshorner Firma Semmelhaack errichtet auf der drei Hektar großen Fläche 256 Wohnungen in einem sogenannten inklusiven Quartiersprojekt für 40 Millionen Euro. Das Besondere: Es gibt ein Quartiersmanagement sowie einen Hausmeisterservice für Senioren. Die teilweise öffentlich geförderten Wohnungen sind barrierearm.

Geplant war in dem Areal auch ein weiterer Kita-Neubau mit insgesamt 60 Plätzen. Die Notwendigkeit diese Bauvorhabens muss evaluiert werden. Das Grundstück hat sich die Stadt vertraglich gesichert und könnte dort relativ schnell eine weitere Kita bauen.

3. Rathaus

Das Verwaltungsgebäude am Ritter-Wulf-Platz wurde 1983 eröffnet. In den vergangenen Jahren wurden Hunderttausende Euro in die Erneuerung von Dächern und der Fluchttreppe am Festsaal investiert. Von 2013 bis 2015 wurden das Dach erneuert und energetisch optimiert. 2019/2020 war das Erdgeschoss dran. Die Stadtbücherei wurde komplett neu eingerichtet und umgebaut. Alleine für dieses Projekt, das im Februar 2020 abgeschlossen war, wurden 350.000 Euro fällig. Außerdem wurden die Toiletten im Haus erneuert.

Auch 2021 standen größere Investitionen an. Unter anderem wurde eine neue Notausgangstür zur Fluchttreppe installiert, damit der Festsaal künftig wieder vollständig genutzt werden kann. Dafür hat die Stadt 90.000 Euro investiert.

Größtes Manko ist der fehlende zweite Rettungsweg für die oberen Stockwerke. Eine frei stehenden Außentreppe auf dem Ritter-Wulf-Platz an der „Klagemauer“ vor der Bücherei soll das Problem lösen. Im ersten Halbjahr wird die Fluchttreppe gebaut und kostet 650.00 Euro. Von Juli bis September werden im ehemaligen Ratskeller Büros mit voraussichtlich fünf Arbeitsplätzen eingerichtet. Dafür muss auch eine neue Abwasserhebeanlage installiert werden. Die Umbaukosten liegen bei 115.000 Euro.

Ein Grundproblem löst das allerdings nicht. 120 Mitarbeiter sind in der Kernverwaltung des Rathauses beschäftigt. Im Verwaltungsgebäude fehlen 35 Arbeitsplätze. Die Stadt wird weitere Büros anmieten müssen, um der Raumnot zu begegnen.

4. Feuerwache

In der 1973 erbauten und zuletzt im Jahr 2000 erweiterten Wache an der Lauenburger Straße 46 ist es zu eng geworden. Grund: Die neuen Feuerwehrfahrzeuge haben größere Abmessungen und auch ein höheres Gewicht. Außerdem war die Wache ursprünglich für 73 Retter geplant, heute sind es mit Jugend- und Kinder-Feuerwehr 120. Ein Neubau soll gleich neben der alten Wache auf der Müssener Wiese entstehen, der je nach den politischen Beschlüssen etwa zwölf Millionen Euro kosten wird.

Vor gut einem Jahr hat die Stadt das erforderliche 8500 Quadratmeter große Grundstück gekauft. Bei der Planung wird auch der Kreisverkehr mit einbezogen, der den Verkehrsfluss am Meiereitunnel und der Lauenburger Straße verbessern soll. Wann der Kreisel kommt, ist unklar, aber in diesem Jahr soll zumindest die Bauleitplanung für die Wache beschlossen werden.

5. Grundschulen

Schwarzenbek hat zwei Grundschulen. Dabei wird es auch bleiben. An beiden Standorten herrscht wegen neuer Unterrichtskonzepte akute Raumnot. Aktuell läuft eine sogenannte Phase Null. Die Planer um den Hamburger Architekten Dirk Landwehr sind mit Lehrern, Schülern, Eltern, Verwaltungsmitarbeitern und Politikern dabei, Konzepte für die Zukunft zu entwickeln. Sie haben die Raumbedarfe für die wachsenden Schülerzahlen ermitteln.

Außerdem wollen sich Politiker, Vertreter der Schulen und Verwaltungsmitarbeiter demnächst zu einem Ortstermin in Arhus (Dänemark) aufmachen, um sich über zukunftsweisende Unterrichtskonzepte zu informieren.

In den kommenden Wochen soll eine Grundsatzentscheidung fallen, ob ein Neu- oder Umbau für die Schulen erforderlich ist und an welchem Standort begonnen werden soll. Es geht dabei um Investitionen im zweistelligen Millionenbereich und die Frage, wie die Kinder während der Bauphase unterrichtet werden können.

Die Realisierung der Projekte wird viele Jahre dauern. Eine kleine Entlastung bringt der Umzug des Förderzentrums Centa Wulf aus den Räumen der Grundschule Nordost an der Cesenaticostraße in die neuen Räume am Hans-Koch-Ring im Lupuspark, der im vergangenen Jahr vollzogen wurde.

6. Alte Realschule

Ein günstiger Umbau der ehemaligen Realschule zum Bildungszentrum ist nicht möglich: Laut einem auf dem Raumplan basierenden Gutachten würde der Umbau 6,1 Millionen, ein Neubau etwa elf Millionen Euro kosten.

Die Politiker favorisieren einen Umbau. Allerdings hat das Projekt angesichts der Raumprobleme in den Grundschulen und bei der Feuerwehr sowie aufgrund der angespannten Finanzlage der Stadt nicht mehr oberste Priorität. Einem Abriss des Gebäudes haben die Politiker aber auch mehrheitlich eine Absage erteilt. Deshalb fallen weiterhin jedes Jahr 70.000 Euro Heiz- und Unterhaltskosten an – und das seit 2009.

Aktuell wird die Schule als Testzentrum für Corona-Tests genutzt und teilweise auch für mobile Impfteams. Perspektivisch soll die Schule an der Berliner Straße 12 eine „One-Step-Agency“ – quasi eine Dienstleistungsagentur des Rathauses für alle Bürgeranliegen vom neuen Pass bis zum Bauantrag werden. Dafür gibt es Fördermittel. Außerdem sollen Bücherei und VHS dorthin umziehen. Das funktioniert aber nur mit hoher öffentlicher Förderung und wird viele Jahre dauern.

7. Vonovia

Die Sanierung der aus dem Jahr 1943 stammenden Mietshäuser am Sachsenwaldring geht in eine weitere Runde. Seit 2019 werden die rot geklinkerten Backsteinhäuser saniert und neue Parkplätze angelegt. auch die Straße wurde bereits erneuert. Vonovia will die Häuser auch in Leichtbauweise aufstocken. 16 neue Wohnungen sollen so zusätzlich zu den 93 bereits bestehenden Wohneinheiten zentrumsnah entstehen.

Außerdem will Vonovia 50 zusätzliche Parkplätze schaffen und zunächst einen Teil der Wohnungen sanieren. Die Aufstockung von vier Gebäuden, bei denen das Dach marode ist, soll voraussichtlich 2022 erfolgen.

8. Baumarkt im Lupuspark

Im November 2020 haben die Politiker den Weg für die Erweiterung des Hagebau-Markts am Hans-Koch-Ring freigemacht. Das Unternehmen möchte seine Verkaufsfläche um 1200 Quadratmeter erweitern. Dafür hat die Firma auch das Grundstück des benachbarten Autohauses übernommen, das innerhalb der Stadt umziehen wird.

Hagebau gehörte im Jahr 2003 zu den ersten Händlern im Lupuspark. Der kleine Baumarkt wurde 2009 ausgebaut und hatte dann 900 Quadratmeter Verkaufsfläche. Wie berichtet, möchte sich der Baumarkt flächenmäßig um 1200 Quadratmeter mehr als verdoppeln und das Angebot deutlich ausweiten. Allerdings hat sich die Erweiterung verzögert.

Das Autohaus ist seit wenigen Wochen abgerissen, die Erweiterung soll in diesem Jahr beginnen. Geplant ist ein deutlich breiteres Sortiment.

9. Bahnhof

Die Fahrstühle wurden im vergangenen Jahr erneuert, auch die Bike & Ride-Stellflächen wurden ausgeweitet. Der „große Wurf“ für einen schöneren Bahnhof blieb und bleibt allerdings aus. Eigentlich sollte der Umbau auf Kosten der Stadt zeitlich mit der Erneuerung der Fahrstühle beginnen. Dieses Projekt ist aber angesichts der angespannten Finanzlage der Stadt auf unbestimmte Zeit in der Schublade verschwunden.

Was aber möglicherweise noch im Jahr 2022 kommen wird, ist eine Verbesserung des Wetterschutzes auf den Bahnsteigen auf Kosten der Deutschen Bahn AG. Das hat Bürgermeister Norbert Lütjens in einem Interview mit unserer Zeitung angekündigt. Eine großangelegte Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes mit neuem Eingangsbereich und neuem Busbahnhof ist angesichts der vielen anderen Investitionen im Stadtgebiet allerdings in weite Ferne gerückt.

10. Autohaus Schwarzenbek

Das Autohaus am Kreisel Möllner Straße steht seit vielen Jahren leer. Am Ende eroberte sich die Natur die Ruine zurück, ein Feuer im November 2021 gab dem Gebäude den Rest. Der Abriss war bereits beschlossene Sache, verzögerte sich aber durch den bislang nicht aufgeklärten Brand. Denn die Entsorgung des Bauschutts wird durch die Kontamination teurer. Klar ist aber, dass der „Schandfleck“ bald verschwindet.

Seit vielen Jahren liebäugelt Penny mit dem Areal. 2022 könnte es mit der Bebauung des Geländes mit einem Supermarkt und Wohnungen klappen. Die Politiker müssen dafür allerdings noch die Weichen stellen.