Börnsen. Reiseagentur Hübsch behauptet sich in Börnsen seit 25 Jahren gegen Touristikriesen und Internetbuchungen. Wie sie das geschafft hat.
Rund 55 Millionen Menschen aus Deutschland haben 2023 eine Urlaubsreise von mindestens fünf Tagen Dauer unternommen, hat das Statistikportal Statista vermerkt. Immerhin etwa 1500 dieser Reisen steuert ein kleines Reisebüro aus Börnsen Jahr für Jahr bei.
Erstaunlich: Die Reiseagentur Hübsch behauptet sich mitten in einem klassischen Wohngebiet am Rand des Börnsener Hinterlandes seit 25 Jahren gegen Touristikriesen und Internetbuchungen. Laufkundschaft gibt es hier nicht am Haidkamp 10. „In Börnsen und Umfeld gibt es mittlerweile kein Reisebüro mehr, das nächste ist in Bergedorf“, sagt Volker Hübsch.
Kleines Reisebüro aus Börnsen mischt mit im großen Geschäft mit dem Urlaub
Er muss nicht erst lange sein Gedächtnis bemühen, um ein gutes Beispiel zu finden, das für ein Reisebüro vor Ort spricht. „Unsere erste Stärke liegt in der eigenen Beratung, die zweite in unserem EDV-System“, erklärt er. „In meinem System sehe ich alles, Internetbucher nicht, sie sehen nur einen kleinen Ausschnitt.“
Und fehlende Informationen über einen Reiseveranstalter können manchmal fatal sein. So wie vor den Sommerferien, als die FTI Touristik GmbH Insolvenz anmeldete. Die Pleite zieht immer weitere Kreise, Hunderttausende Urlauber sind betroffen.
Um welches Unternehmen steht es schlecht? Internetbucher haben diese Infos nicht
Mit drin hängen nun auch die Tochtergesellschaften Big Xtra und 5 vor Flug sowie die Flight Trading GmbH. Ein Fass ohne Boden. Der Fachverlag FVW Medien führt Flugverbindungen von Airlines wie Eurowings, Sun Express und Condor an, die zudem betroffen sein sollen.
Die Entwicklung kam für Profis wie Volker Hübsch nicht überraschend. „Wir haben viele abgehalten, FTI zu buchen. Solche Informationen findet der Kunde im Netz nicht. Er hat einen Veranstalter, aber nicht alle Veranstalter im Blick“, sagt er.
Albtraum: Flughafen kurzfristig gesperrt – wegen eines Polizeieinsatzes
Und wenn es doch mal Schwierigkeiten gebe, würden die ausgeräumt. So wollte ein Kunde eine Reise auf einem Kreuzfahrtschiff antreten. Pech: Er konnte nicht abfliegen, weil ihm vor der Nase der Hamburger Flughafen gesperrt wurde. Es war der Tag, als ein Vater mit seiner kleinen Tochter als Geisel im Auto die Polizei auf dem Rollfeld in Atem hielt.
„Was ist denn da mit den anderen, die direkt gebucht haben, und die jetzt nicht wissen, was sie machen sollen?“, fragt Volker Hübsch. „Wir als Reisebüro werden am Sonntag angerufen. ,Kannst Du uns helfen?‘ Ich sagte: ,Gib mir mal zwei Stunden, ich muss gucken, wie wir das auf die Reihe kriegen.‘“
Schneller Notfallplan: Kreuzfahrtschiff sammelt umgebuchte Fluggäste ein
Der Kunde sei dann erst mal ins Hotel gefahren, was bezahlt worden sei. Volker Hübsch schaffte es derweil, den Flieger umzubuchen nach Lanzarote. Das Aida-Kreuzfahrtschiff legte wie geplant in Gran Canaria ab, nahm dann beim Zwischenstopp in Lanzarote die umgeleiteten Gäste auf.
Alle Betroffenen konnten so ihre Fahrt doch noch antreten. „Das sind so individuelle Situationen, die immer mal entstehen können“, weiß Volker Hübsch. Das sei das, was ein individuelles Reisebüro ausmache. Und teurer sei es auch nicht. Der Preis für die identische Pauschalreise muss gleich sein, egal, wo gebucht wird. So schreibt es das Handelsgesetzbuch vor.
Am Anfang mit Katalogen erstickt, der ganze Keller war voll
Die eigene Unzufriedenheit mit der Erfahrung in Reisebüros war 1997 der Anlass, selbst eins auf die Beine zu stellen. Am 1. Januar 1999 war es so weit. Neben Volker Hübsch und seiner Frau Karin sind mittlerweile auch noch Sohn Alexander und dessen Lebensgefährtin Denise Gassner mit an Bord. „Wir wurden erstickt mit Katalogen, der ganze Keller war voll“, erinnert sich Volker Hübsch. Heute sei die Situation deutlich entspannter, vieles lässt sich nur noch im Internet anschauen.
„1999 beim Start spielte das Internet keine Rolle. Die Leute gingen ins Reisebüro, um zu buchen. Die Reisekataloge hatten die Preise drin, man konnte sich also selbst vorher die Reise zusammenstellen“, erzählt er. Einer der Impulse, selbst ein Reisebüro zu eröffnen, sei gewesen, dass ihm mehrmals falsche Preise berechnet worden seien. Hinzu kamen ständige Unterbrechungen des Beratungsgespräches, weil dauernd jemand hereinkam und einen Katalog wollte, es gab zudem kaum Schutz vor Mithörern.
„Jeder, der auf dem Stuhl nebenan saß, hat mitgehört, ob Herr Meier für 7000 Mark eine Reise buchte oder nur für 600 Mark ein Ferienhaus mieten wollte“, sagt Volker Hübsch. „Das war für mich der Anlass zu sagen, dieses Persönliche, was nicht im Reisebüro vorhanden war, das machen wir selbst.“ Er ist gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann im Im- und Export.
Mit einer Anzeige im Hamburger Abendblatt fing alles an
Die geschäftliche Grundlage basierte zunächst auf einer Anzeige, die Volker Hübsch im Hamburger Abendblatt entdeckt hatte. Seite 96, Ausgabe 208 im Jahr 1997 war das. Volker Hübsch hat alle wichtigen Geschäftsschritte in einem Aktenordner. „Lust auf einen lukrativen Nebenjob, der Laune macht?“, stand da geschrieben. Verantwortlich war der Reise-Service Blankenese Lufthansa. „So fing es an“, sagt Volker Hübsch. Mittlerweile hat sich die Reiseagentur der Amondo-Gruppe angeschlossen.
Bis das Geschäft dann richtig ins Laufen kam, verging eine Zeit. „Die Börnsener haben erst mal skeptisch die Nase gerümpft“, erzählt Volker Hübsch. Wir gucken mal, habe es abwartend geheißen. „Was macht man also? Man fängt bei Freunden an, bei Bekannten und Verwandten. So wie im Versicherungsbereich. Wir sind mit Katalogen zum Kunden gefahren. So haben wir uns den ganzen Kreis aufgebaut und wurden größer“, erzählt Volker Hübsch.
Kreuzfahrten konnten sich früher nur die Reichen leisten
„Wir haben auch Gelder angenommen von den Kunden, die mussten für die Reisen bei TUI oder Neckermann ja einzahlen. Da wurden wir zunächst argwöhnisch beäugt: ,Geht der Hübsch mit dem Geld über den Jordan?‘ Das Vertrauen war dann irgendwann da“, berichtet Volker Hübsch. Erst vor Kurzem hat ein Börnsener eine Kreuzfahrt für 80.000 Euro bei ihm abgeschlossen.
„Angesagt waren damals vornehmlich Spanien, Griechenland und Italien. Türkeireisen waren noch nicht so groß, und der Kreuzfahrt-Boom war überhaupt noch nicht da. Das konnten sich nur die Reichen leisten“, erinnert sich Volker Hübsch. Die klassischen Urlaubsländer sind auch heutzutage immer noch gefragt, so spiele auch die große Anzahl von Flüchtlingen, die in Italien an Land gehen, für Urlauber eher keine Rolle, hat er festgestellt.
Für Urlaub in Montenegro und Albanien zieht die Nachfrage an
Neu ist, dass für Montenegro und Albanien die Nachfrage anziehe. Bulgarien (Goldküste) spiele gar keine Rolle mehr. In der Türkei verortet Volker Hübsch immer noch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis - „und da kann man gut handeln“, sagt er. Günstig sei zudem Polen.
Die ideale Reise sei für jeden etwas anderes, weiß der Experte. Daher frage er bei der Beratung von unentschlossenen Kunden zunächst die Vorlieben ab. Seine persönlichen Top-Tipps: Andalusien („wenn du Spanien liebst“), Ägypten (zum Schnorcheln), Algarve (Landschaft und Meer) und die Malaga-Küste (für Entdecker).
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Zum Jubiläum wird eine exklusive Busreise an den Bodensee angeboten
Busreisen in Kooperation mit Anker aus Lüneburg gibt es auch. Sie werden höchst individuell zusammengestellt, gibt es in keinem anderen Katalog. Das ist zeitaufwendig, deshalb kann das Hübsch-Team auch nur bis zu vier im Jahr anbieten. Eine ganz besonders exklusive Reise aus Anlass des Geschäftsjubiläums führt vom 25. August bis 1. September (sieben Nächte) zum Bodensee nach Schnetzenhausen.
Geplant sind einige Überraschungen - auch gastronomischer Art - sowie ein umfangreiches Programm mit Ausflügen in die Umgebung. Drei Doppel- und zwei Einzelzimmer (1379 / 1499 Euro, jeweils pro Person) in der „Genießer-Halbpension“ sind noch zu haben. Informationen unter Telefon 040/729 100 60 oder per E-Mail an kvhuebsch@gmx.de.