Flensburg. Zwei Sturmfluten haben das Boutiquehotel in Flensburg bereits getroffen. Direktorin Kirsten Herrmann erklärt, was das Haus besonders macht.
Noch immer ist Kirsten Herrmann sichtlich angefasst, wenn sie von der dramatischen Sturmflutnacht im vergangenen Herbst erzählt. „Hier stand überall das Wasser“, sagt sie und zeigt in der Hotellobby herum. „Alles war zerstört, wir mussten komplett renovieren und neu einrichten.“
Das Hotel von dem Kirsten Herrmann spricht, ist das Hotel Hafen Flensburg, direkt an der Wasserkante der kleinen Stadt an der dänischen Grenze. „Wir stehen hier in erster Reihe“, so die Direktorin. „Was in guten Zeiten ein Vorteil ist, wird uns bei Sturmfluten zum Verhängnis.“ Ungeschützt stehen die Gebäude direkt am Wasser. „Es schwappt einfach über die Mole und hier bei uns rein.“
Ostsee: Flensburg - Wie aus acht Gebäuden ein Hotel am Wasser wurde
Für Kirsten Herrmann war die schlimme Sturmflut im vergangenen Herbst nicht die erste. Sie berichtet, wie das Hotel Ende 2016 gerade erst nach einem aufwendigen Umbau eröffnet wurde. „Und wenige Wochen später, im Januar 2017, standen wir das erste Mal im Wasser, es war wirklich schrecklich.“
Mittlerweile habe man versucht, das Hotel so gut es eben gehe, vor weiteren Überflutungen zu schützen. Es gebe Rückstau-Ventile, Schächte für Pumpen, ein Stromaggregat und vieles mehr. „Aber wir brauchen dringend eine verstärkte Hafenmole, und die Bauarbeiten hierfür werden leider noch eine Weile dauern“, so die Direktorin. Große Sorgen bereite ihr der aufziehende Herbst und Winter mit seinen Sturmfluten. „Im Moment sind wir von vorne noch absolut schutzlos.“
Das Hotel Hafen Flensburg gehört vier Investoren, die im Hintergrund bleiben möchten
Das Hotel Hafen Flensburg gehört vier Flensburger Investoren, die im Hintergrund bleiben möchten. Sie haben gemeinsam vor vielen Jahren die Idee erdacht, die historischen Gebäude am Wasser zu erhalten und einem neuen Zweck zuzuführen. So entstand aus acht teilweise schwer beschädigten Häusern, einige davon „Ruinen“, wie Kirsten Herrmann sagt, ein Boutiquehotel, das mittlerweile weit über die Grenzen der Stadt bekannt ist.
Für die Direktorin ist das Hotel mehr als nur ein Arbeitsplatz. „Die Kollegen sind meine Crew, das Haus ist ein wichtiger Teil meines Lebens“, sagt sie, die bereits den Umbau eng mit begleitet hat. Und dann führt sie durch die einzelnen Gebäude. Bereits im 19. Jahrhundert habe an dieser Stelle ein Hotel gestanden. „Das hat zu der Idee geführt, aus den verfallenen Gebäuden wieder eins zu machen.“
Viele der Gebäude stammen aus dem frühen 19. Jahrhundert
Viele der Gebäude stammen aus dem 19. Jahrhundert. Einige von ihnen waren Wohnhäuser, andere Geschäftsgebäude oder Gaststätten. Kirsten Herrmann und ihr Team haben versucht, die Geschichte der einzelnen Häuser nachzuvollziehen, überall im Hotel gibt es Informationen dazu. „Das macht uns aus, deshalb ist es uns so wichtig.“ Wie etwa der große Torbogen, durch den einst die Kutschen fuhren. Jetzt ist er ins Restaurant Columbus integriert. Oder dem Areal, das zwischenzeitlich eine Tabledance-Bar war. „Es ist unheimlich spannend, in die Vergangenheit einzutauchen.“
Verbindendes Element ist ein großer Innenhof, um die die Häuser stehen. Hier gibt es eine kleine Bar und verschiedene Sitzgelegenheiten, Rasenflächen – und vor allem Ruhe. Sogar an eine kleine Sandkiste wurde gedacht. Kinder, ist Kirsten Herrmann wichtig zu betonen, sind herzlich willkommen im Hotel Hafen Flensburg. „Ich bin selbst Mutter zweier größerer Töchter, da ist es selbstverständlich für mich, dass wir uns auf Familien einrichten.“
Das Hotel Hafen Flensburg ist ein beliebtes Tagungshotel
An einer Seite des ruhigen Innenhofes ist er von einem großen Neubau begrenzt, der sich stimmig in das Ensemble einfügt. Hier sind die kleineren Zimmer, die sich für Tagungen eignen. Denn das Hotel Hafen Flensburg hat sich einen Ruf als Tagungshotel gemacht und wurde in dieser Kategorie sogar schon ausgezeichnet.
Viele Firmen nutzen die ungezwungene Atmosphäre gern, berichtet Kirsten Herrmann, um hier zusammenzukommen. Zwei verschieden große Räume stehen hierfür zur Verfügung. Auch die Handball-Bundesligamannschaften sind häufig Gäste im Hotel Hafen Flensburg.
Die Auslastung im Hotel Hafen Flensburg ist gut, auch in diesem Jahr
So kann Kirsten Herrmann auch außerhalb der klassischen Saison ihr Hotel gut auslasten. „Vor Corona lag die Auslastung bei 90 Prozent, und in diesem Jahr pendeln wir uns bei 82 bis 85 Prozent ein.“ Das könne sich in einem eher schwierigen touristischen Jahr durchaus sehen lassen, so die stolze Direktorin.
Und dann verweist sie noch auf das Restaurant Columbus, das zum Hotel gehört. Hier hat sie vor Kurzem einen neuen Chefkoch eingestellt. Ein Mann, der ihr besonders nahesteht. Bodo Lööck war vor 30 Jahren Küchendirektor in dem Hotel, in dem Kirsten Herrmann ihre Lehre begann. „Mittlerweile steht er kurz vor der Rente – und es ist ein wunderbares Gefühl, dass wir noch einmal zusammenarbeiten können.“
Die Karte im Restaurant Columbus wurde noch einmal komplett überarbeitet
Aber nach Rente sieht das, was Lööck im Columbus gerade macht, eher nicht aus. Er hat die Karte überarbeitet, hier gibt es jetzt norddeutsche Klassiker, modern interpretiert. Wie etwa die Krabbensuppe, die mit einem Hauch Blutorangensaft verfeinert ist, oder das Labskaus mit Tafelspitz. Die neue Küche kommt gut an. „Wir schließen damit eine gastronomische Lücke hier in Flensburg, was mich sehr freut“, sagt Kirsten Herrmann.
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Und dann muss sie auch schon wieder los. Das Hotel ist nahezu ausgebucht, und in der Hauptsaison gibt es immer viel zu tun. Zumindest wenn man seinen Job so ernst nimmt wie Kirsten Herrmann.