Bad Oldesloe. Neue Klimaanpassungsmanagerin ist die erste in einem Kreis in Deutschland. Starkregen, Dürre, Sturm – darum geht es in ihrem Konzept.

Der Name klingt erst einmal sperrig: Integriertes Klimaanpassungskonzept. Doch was sich dahinter verbirgt, betrifft nicht nur direkt das alltägliche Leben, sondern ist auch zwingend notwendig: Es geht um die Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Sprich: Wie können wir mit Starkregen, Hitzewellen und allem, was daraus folgt, möglichst gut umgehen? Als erster Kreis in Deutschland hat Stormarn mit Sarah Hartwig eine Klimaanpassungsmanagerin eingestellt. Gefördert durch das Bundesumweltministerium, wird sich die 27-Jährige in den kommenden zwei Jahren um die Erstellung eines Klimaanpassungskonzepts für den Kreis Stormarn beschäftigen.

Am Donnerstag fand im Kreistagssitzungssaal ein Beteiligungstreffen statt, bei dem Akteure aus Kreis, Kommunen und Institutionen wie Technisches Hilfswerk, Landwirtschaftskammer und Naturschutzverbänden anwesend waren. Nach einem Vortragsteil und einer Podiumsdiskussion fand ein Workshop statt, bei dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich über mögliche Strategien und Maßnahmen austauschten.

Oststeinbek und Großhansdorf setzen bereits konkrete Maßnahmen um

Denn, das machte Landrat Henning Görtz in seinem Grußwort deutlich: „Wir müssen uns um die Schäden kümmern, die der Klimawandel bereits angerichtet hat.“ Genau darum gehe es bei der sogenannten Klimaanpassung in Abgrenzung zum Klimaschutz, der genau solche Folgen zum Beispiel durch Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs, umweltfreundliches Bauen oder den Einsatz erneuerbarer Energien zu vermeiden versucht. „Stormarn hat nicht nur seit über 25 Jahren ein Klimaschutzkonzept, sondern leistet nun auch im Umgang mit den Folgen des Klimawandels Pionierarbeit“, so Görtz.

Extreme Wetterphänomene werden auch in Stormarn häufiger – wie dieser Starkregen im Juni 2022 in Bad Oldesloe zeigt.
Extreme Wetterphänomene werden auch in Stormarn häufiger – wie dieser Starkregen im Juni 2022 in Bad Oldesloe zeigt. © Christoph Leimig

So gebe es auch, wenn das Konzept noch in den Kinderschuhen steckt, schon Positivbeispiele aus dem Kreis zu vermelden. „Großhansdorf testet ein Modell zum Umgang mit Starkregen, und Oststeinbek ist Teil eines Projekts namens Aktiv bei Starkregen“, so der Landrat. Ereignisse wie am 10. Mai 2018, als ein Starkregen in Oststeinbek verheerende Schäden angerichtet hat, zeigen laut Görtz den Handlungsbedarf. „Es wird schon viel getan, aber noch nicht genug“, so der Landrat.

Starkregen oder Hitzewelle: Die Folgen des Klimawandels sind heute schon spürbar

Um das zu ändern, ist Sarah Hartwig mindestens für die kommenden zwei Jahre für den Kreis im Einsatz. Die Förderperiode läuft zunächst bis September 2024. Wenn alles glatt läuft, soll unter Mitwirkung sämtlicher betroffener Akteure sowie der allgemeinen Öffentlichkeit am Ende ein Klimaanpassungskonzept entstehen, das dann von der Politik beschlossen werden kann und Maßnahmen formuliert, die im nächsten Schritt umgesetzt werden. Sarah Hartwig, die in Kiel Geografie und in Kopenhagen Klimawandel studiert hat, erstellt das Konzept in Zusammenarbeit mit dem Dienstleister GreenAdapt, der auf das Thema spezialisiert ist und bei der Bewältigung der Herausforderungen unterstützen soll.

Sarah Hartwig hat in Kiel Geografie und in Kopenhagen Klimawandel studiert. Sie erstellt das Klimaanpassungskonzept für den Kreis Stormarn.
Sarah Hartwig hat in Kiel Geografie und in Kopenhagen Klimawandel studiert. Sie erstellt das Klimaanpassungskonzept für den Kreis Stormarn. © Juliane Minow

„Die Folgen des Klimawandels sind heute schon spürbar und betreffen alle Lebensbereiche“, sagt. Es gehe nun darum, Kosten und Schäden zu vermeiden. Das Erfreuliche: „Im Unterschied zum Klimaschutz greifen die Maßnahmen der Klimaanpassung lokal, wir haben also direkt vor Ort etwas davon“, so Hartwig. Wichtig sei ihr die Beteiligung von allen Seiten in Stormarn. „Wir können es nicht allein machen“, so die Anpassungsmanagerin. Eine mögliche Fragestellung sei etwa, wo in Stormarn Hotspots seien, also wo die Folgen des Klimawandels besonders spürbar sind.

Die Jahresmitteltemperatur ist in Stormarn signifikant gestiegen

Über die Folgen des Klimawandels in Stormarn sprach Jana Koerth von GreenAdapt. „Auf der einen Seite ist der Klimawandel ein globales Phänomen, auf der anderen Seite ist genau das aber auch ein Trugschluss, weil die Menschen mit den Folgen immer direkt vor Ort konfrontiert sind.“ Der Kreis Stormarn etwa hatte in den Sommern 2018, 2020 und 2022 mit extremer Hitze und Dürre, teilweise mit Waldbrandgefahr, zu kämpfen. 2022 waren die Feuerwehreinsätze im Kreis auf Rekordniveau, Orkane und Starkregen haben teils schwere Schäden angerichtet.

„Die Jahresmitteltemperatur in Stormarn ist im Zeitraum 1986 bis 2015 im Vergleich zu 1951 bis 1980 signifikant um 0,9 Grad angestiegen“, so Koerth. In der Folge ist auch eine Zunahme der Hitzetage erkennbar, die sich vermutlich weiter zuspitzen wird. In Sachen Trockenheit und Jahresniederschlag seien aktuell zwar noch keine signifikanten Änderungen feststellbar. Was die Zukunft bringt, sei aber ungewiss.

Folgen verheerend: Es drohen weniger Erträge in der Landwirtschaft und mehr Hitzetote

Und: Der Klimawandel hat auch in Stormarn verheerende Folgen. Koerth: „Weniger Erträge in der Landwirtschaft, eine Verringerung des Tierwohls oder gesundheitliche Probleme infolge der Hitze vor allem für Ältere und Vorerkrankte sind nur einige der Konsequenzen.“ Auch Schädlinge, Mücken, Zecken und die Übertragung exotischer Krankheiten könnten mehr und mehr zum Problem werden. In der Wirtschaft seien Produktionsausfälle zum Beispiel durch Hochwasser zu befürchten. Außerdem könnte es durch extreme Wetterphänomene vermehrt zu Schäden in der Infrastruktur kommen.

Vertreter aus Kreisverwaltung, Kommunen und Institutionen waren zu dem Beteiligungsworkshop eingeladen.
Vertreter aus Kreisverwaltung, Kommunen und Institutionen waren zu dem Beteiligungsworkshop eingeladen. © Juliane Minow

Doch bei all den drohenden Szenarien: Um Schwarzmalerei geht es den Beteiligten nicht, sondern im Gegenteil um praktische Maßnahmen zum Gegensteuern. „In Sachen Hitze sind zum Beispiel die Begrünung von Fassaden und Dächern denkbar“, so Koerth. Um mit Starkregen umzugehen, müssten Konzepte her, wie Wasser an entsprechenden Stellen abfließen kann und wie gespeichertes Wasser vielleicht sogar nutzbar gemacht werden kann. Als Beispiel zeigte Koerth multifunktionale Grünflächen in Kopenhagen. Koerth: „Die Idee dahinter ist, Starkregen für Trockenperioden zu speichern.“

Landrat Henning Görtz: „Wir sollten nicht den Kopf in den Sand stecken“

In einem Podiumsgespräch kamen neben Hartwig und Görtz auch Peter Koll, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes, und Anna-Catharina Wollmer vom schleswig-holsteinischen Umweltministerium zu Wort. „Wir müssen uns wirklich Gedanken machen, wie wir in die Zukunft gehen“, sagte Koll. Frühsommertrockenheit, Starkregen, Stürme oder auch schädliche Insekten seien Probleme, die Landwirte umtrieben. Wollmer gab einen Einblick in Maßnahmen zur Klimaanpassung, die das Land Schleswig-Holstein bereits umsetzt, auch wenn sie oft gar nicht explizit so genannt würden. „Der Generalplan Küstenschutz zählt dazu ebenso wie unser Moorschutzprogramm“, so Wollmer.

Welche Maßnahmen im Kreis Stormarn in Zukunft umgesetzt werden, um den nicht mehr aufzuhaltenden Folgen des Klimawandels Herr zu werden, soll sich in den kommenden Jahren entscheiden. So oder so: „Es gibt Leute, die angesichts der großen Herausforderungen den Kopf in den Sand stecken oder sich mit Klebstoff auf der Straße festkleben“, so Landrat Görtz. Beide Varianten seien aus seiner Sicht weniger empfehlenswert. „Stattdessen sollten wir gemeinsam Haltung zeigen und anpacken.“