Bad Oldesloe. Wie Matthias Reuter vom Flugzeugbauer zum Klimaschützer wurde. Das sind seine Toptipps für einen nachhaltigen Lebensstil.
Mehrere Jahre war der Posten frei. Nun ist die Stelle des Klimaschutzmanagers der Stadt Bad Oldesloe wieder besetzt. Matthias Reuter hat die Aufgabe zum 1. Januar 2023 übernommen. Der 57-Jährige ist von Haus aus Flugzeugbauer, hat Maschinenbau studiert und mehrere Jahre bei Airbus gearbeitet, bevor er zuletzt in Wahlstedt als Klimaschutzmanager arbeitete. Wie wurde er vom Flugzeugbauer zum Klimaschützer? Was sind seine Pläne für Bad Oldesloe? Und was sind seine Toptipps für einen nachhaltigen Lebensstil?
Von Ahrensburg bis nach Bad Oldesloe braucht die Bahn nur elf Minuten
Die Entscheidung nach Bad Oldesloe zu kommen, sei eine ganz pragmatische gewesen. „Ich wohne in Ahrensburg“, so Reuter. „Von dort aus war der Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit eineinhalb Stunden schon recht weit zur Arbeit in Wahlstedt.“ Nun sind es mit der Regionalbahn schlappe elf Minuten. Denn Mobilität sei ein entscheidender Faktor, wenn es um Klimaschutz gehe, sagt Reuter. Da sei auch die Verantwortung eines jeden Einzelnen gefragt. Reuter: „Es macht einen großen Unterschied, ob man mit dem SUV jeden Tag 45 Kilometer zur Arbeit fährt oder sich in einen Zug setzt.“
Apropos Eigenverantwortung: Das liegt dem Klimaschutzmanager am Herzen. Angesichts dessen, was global an Umweltverschmutzung passiert, könne man das auch mal aus den Augen verlieren. Doch auch wenn Deutschland das Weltklima nur zu einem geringen Teil beeinflusst, sieht er nicht nur das Land, sondern auch Bad Oldesloe als Kommune und jeden einzelnen Menschen in der Pflicht. „Die jetzige Klimakrise haben hauptsächlich westliche Gesellschaften, also auch wir, zu verantworten. Deshalb sind wir ethisch in der Pflicht, den Klimawandel zu bekämpfen.“
Matthias Reuter empfiehlt für das Klima eine pflanzliche Ernährung
Und wie geht das im Kleinen? „Ich finde, einer der besten Wege ist, die Ernährung umzustellen“, sagt Reuter. „Ohne Last, aber mit Lust.“ Nicht nur regionale Lebensmittel, sondern auch weniger Fleisch und mehr pflanzliche Lebensmittel könnten eine Menge CO2 einsparen. „Vielen ist nicht bewusst, wie umweltschädlich Fleischkonsum wirklich ist“, so der Klimaschutzmanager. „Aber jedes Tier muss gefüttert werden, das Futtermittel muss transportiert, jede Kalorie verdaut werden.“
Dass Mediziner vor den Gesundheitsrisiken von übermäßigem Fleischkonsum warnen und ethische Gründe dagegen sprechen, seien laut Reuter genug Argumente, den Konsum zu reduzieren. „Es muss niemand sofort Vegetarier oder Veganer werden. Aber wenn alle ihr Verhalten hinterfragen und an ein paar Stellschrauben drehen, ist schon viel gewonnen.“
Die Zeiten, in denen unbeschwert hin- und hergeflogen wurde, sind vorbei
Auch in puncto Haus und Wohnen könne jeder seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. „In den vergangenen Jahrzehnten ging der Trend immer hin zu mehr Wohnfläche pro Person. Das muss aber vielleicht nicht unbedingt sein“, so Reuter. Denn je mehr Wohnfläche, desto höher der Energieverbrauch. „Ich würde mir wünschen, dass zum Beispiel ältere Leute öfter in Betracht ziehen, sich im Alter zu verkleinern.“ Außerdem sei mit allgemeiner Sparsamkeit und baulichen Veränderung wie einer modernen Heizung, einer guten Dämmung oder Solaranlagen schon vieles getan.
Flugzeug, Auto, Fahrrad oder Bus: Auch in Sachen Mobilität können Bürgerinnen und Bürger viel für den Klimaschutz tun, sagt Reuter. Immerhin: „Ich habe das Gefühl, die Zeiten, in denen man guten Gewissens mal eben nach New York und zurück geflogen ist, sind zum Glück vorbei.“ Reisen müssten nicht immer mit dem Flugzeug, der Arbeitsweg nicht immer mit dem Auto zurückgelegt werden, findet der Klimaschutzmanager. „Gerade in Bad Oldesloe sind die Wege kurz, viel kann mit dem Fahrrad erreicht werden.“
Elektromobilität und Radverkehr sollen in Bad Oldesloe gefördert werden
Mobilität ist auch eines der Kernthemen, das er sich für Bad Oldesloe auf die Fahne geschrieben hat. „In Sachen Öffentlicher Personennahverkehr ist Bad Oldesloe schon ganz gut aufgestellt. Aber mehr geht trotzdem immer“, sagt er. Zum Beispiel das Gewerbegebiet könne noch besser angebunden werden. Auch die Elektromobilität möchte er mit noch mehr Ladestationen fördern und den Radverkehr ausbauen. Bikesharing gibt es in der Kreisstadt bereits: Am Kultur- und Bildungszentrum stehen vier Leihräder bereit. Außerdem verfügt die Stadt über drei Servicestationen mit Pumpe und Werkzeug sowie das lang ersehnte Fahrradparkhaus am Bahnhof, auf das Bürgerinnen und Bürger zugegebenermaßen aber lange warten mussten.
Damit Projekte wie diese angeschoben, finanziert und auch zeitnah umgesetzt werden, darauf wird Reuter in Zukunft achten. Er ist außerdem mit dafür verantwortlich, dass Bad Oldesloe das erklärte Ziel, bis 2035 klimaneutral zu werden, erreicht. „Das ist ambitioniert, aber ich halte es für realistisch“, sagt Reuter. „In Sachen Strom sind wir schon gut aufgestellt“, sagt der Klimaschutzmanager. Große Baustellen seien momentan noch die Sektoren Mobilität und Wärme. Dafür seien Investitionen in Millionenhöhe notwendig.
Der Dürresommer von 2003 ist Reuter im Gedächtnis geblieben
Bevor er beruflich in den Klimaschutz ging, war Reuter zunächst Flugzeugbauer. Irgendwann sei er auf das Thema Treibhausgase aufmerksam geworden, war schockiert davon, wie verheerend sie auf die Umwelt wirken. Und auch private Erlebnisse hätten ihn bewogen, sich für den Klimaschutz einzusetzen. Reuter: „Es fällt schon auf, dass man früher im Winter Schnee geschippt hat und heute eher nicht mehr“, so der 57-Jährige. „Außerdem erinnere ich mich noch an eine Nachricht aus dem Dürresommer 2003, als verkündet wurde, dass in Paris wegen der vielen Hitzetoten Turnhallen zu Leichenhallen umfunktioniert werden mussten.“
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Solche Wetterphänomene wie extreme Hitze, Starkregen oder Flutkatastrophen seien besorgniserregende Anzeichen dafür, dass der Klimawandel zum immer größeren Problem wird. Deshalb nehme der Klimaschutzmanager seine Aufgabe ernst und sehe die dringende Notwendigkeit zum sofortigen Handeln. Reuter: „Die Zeit drängt.“