Reinbek. Teiche und Bäche liegen trocken. Seit Tagen hat es nicht geregnet. Auch in nächsten Tagen ist kein Niederschlag in Sicht. Die Folgen.
Hochzeitspaare, die die nächsten Tage vor den Traualtar treten, wird der Blick auf die Wettervorhersage freuen: Sonne satt und Temperaturen zwischen 21 und 23 Grad Celsius sagt der Deutsche Wetterdienst bis Mitte kommender Woche voraus. Regen wird die Feier nicht stören. „Der ist für die nächsten Tage nicht in Sicht“, sagt Julia Schmidt, Meteorologin vom Seewetterdienst in Hamburg.
Dabei wäre er so dringend nötig, nach mehr als einer Woche ohne Regen sind die Böden staubtrocken. Da, wo Gärtner und Landwirte nicht wässern, lassen die Pflanzen ihre Köpfe hängen, verdorrt das Gras. Kein Wunder, denn der Mai war laut Deutschem Wetterdienst im Nordwesten etwas zu warm, deutlich zu trocken und sehr sonnenscheinreich. Die Niederschläge, die im März und April noch zahlreich fielen, sind längst verdunstet.
Regen fehlt – Reinbeker Landwirt bewässert seine Äcker
Deshalb sind die Regner zur Bewässerung der Äcker von Dirk Beckedorf am Rand von Reinbek derzeit ständig im Einsatz. Auf 300 Hektar baut der Landwirt aus Moorwerder hier Gemüse und Getreide an. Vor allem auf Salat in verschiedenen Formen und Farben hat sich der Betrieb mit 100 Mitarbeitern spezialisiert und einen Namen gemacht. Er beliefert alle große Supermarktketten im Norden mit Rucola, Feldsalat und Baby Leef. „Salat kommt gut mit dem sandigen Boden vor Ort zurecht“, sagt der 57-Jährige.
Das Wissen, welcher Boden sich für welche Kultur eignet, wird in der Familie seit fünf Generationen weitergereicht. Sohn Tietje Beckedorf arbeitet bereits im Unternehmen mit. Statt auf Weizen setzt die Familie beim Getreide auf Gerste und Roggen. Denn Weizen bleibt am längsten auf den Feldern stehen und wird erst am Ende des Sommers im August geerntet. „Bis dahin wäre jegliche Feuchtigkeit aus dem Sandboden verschwunden“, weiß Dirk Beckedorf. Die Gerste ist da schon längst abgeerntet und der Roggen ist in der Lage, auch aus tieferen Schichten sich sein Wasser zu holen.
Landwirte in Niedersachsen sind noch viel schlechter dran
Täglich begutachtet Beckedorf seine Felder und ist mit den Kulturständen in diesem Frühjahr zufrieden. „Gegen die Trockenheit wässern wir an. Die einstelligen Temperaturen in den Nächten sind da schon kritischer für den Salat.“ Die Blätter des Rucola färben sich dann blau. Laut Meteorologin ist damit ab kommender Woche aber Schluss. Dann werden die nächtlichen Temperaturen auch zweistellig.
Aus Gesprächen mit anderen Landwirten weiß Beckedorf, der im Vorstand des Hamburger Bauernverbandes ist, dass die Lage in anderen Regionen viel kritischer ist. So fordern Landwirte im Nachbarland Niedersachsen bereits eine Beregnungspauschale. Unbegründet ist die Forderung nicht. Laut einem Bericht der niedersächsischer Landwirtschaftskammer aus dem Jahr 2022 steigt die Zahl der Betriebe, die ihre Felder bewässern.
Wissenschaftler erwartet kein Dürrejahr für die Landwirtschaft
Das bestätigt auch der Dürremonitor des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung. Auf den bundesweiten Karten, die die Wissenschaftler täglich aktualisieren, ist eindrücklich der Bodenfeuchtezustand in verschiedenen Tiefen zu sehen.
„Die Situation rund um Hamburg ist zur Zeit nicht dramatisch, da die Dürrephasen seit 2018 immer wieder unterbrochen waren“, sagt Andreas Marx, Leiter des Deutschen Dürremonitors der Helmholtz-Gemeinschaft. Andere Regionen wie in Teilen Brandenburgs, Sachsen-Anhalts und eben Niedersachsens, die seit fünf Jahren im Dürredauerstress sind, kämpften wesentlich stärker. Andreas Marx erwartet für die Landwirtschaft, die eher vom Oberboden lebt, kein ausgeprägtes Dürrejahr. Vor allem die wichtigen Winterkulturen seien gut mit Wasser versorgt.
Revierförster: „So dramatisch wie in diesem Frühjahr war es noch nie“
Die Bäume gießen. Das ist etwas, was Tim Laumanns, Bergedorfs Revierförster, auch gern machen würde, was aber logistisch nicht machbar ist. „So dramatisch wie in diesem Frühjahr war es in meiner 30-jährigen Laufbahn noch nie“, sagt der 57-Jährige. Laumanns hat gerade eine Baumschau in seinen Wäldern in Bergedorf, Wentorf, Geesthacht, Reinbek und Großensee absolviert: „Viel Totholz, kleines Blattwerk, lichte Kronen an vielen Orten sind eindeutige Zeichen dafür, dass den Bäumen Wasser fehlt“, sagt der Förster. Viele der Bäume sind darunter, die älter als 200 Jahre sind. Ganz zu schweigen von den Teichen, die noch vor Beginn des eigentlichen Sommers trocken gefallen sind.
Eine Beobachtung, die Maximilian Scheel, Reinbeks Revierförster, teilt: „Die Hahnbek führte nur wenige Wochen Wasser und ist schon wieder trocken“, sagt Scheel. Vor allem Für Lurche, Amphibien und Insekten ist das ein Riesenproblem, sagt Scheel. Um die Bäche, Teiche und Flüsse zu füllen, müsste es wochenlang durchregnen.
40.000 neue Jungbäume für Reinbeks Wälder
Wie sein Bergedorfer Kollege setzt Reinbeks Förster seine Hoffnungen nun auf den Umbau des Waldes zum Mischwald, in dem Baumarten wie Spitzahorn, Flatterulme oder Roteiche wachsen, die mit langen Hitzeperioden besser umgehen können als die Deutsche Eiche oder Buchen. 40.000 Jungbäume hat Scheel mit seinen Kollegen in diesem Frühjahr in seinen 1000 Hektar großen Waldgebieten in und um Reinbek gepflanzt. Und die bräuchten jetzt zum guten Anwachsen dringend Regen.
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Der Umbau des Waldes ist eine Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels, ein vernünftiges Wassermanagement eine andere. Ein entsprechendes Konzept will der Kreis Stormarn auf Betreiben der Grünen jetzt auf den Weg bringen. Im Vordergrund stehen vier Handlungsfelder: das Sparen von Wasser, das Belassen von Wasser in der Fläche, die Schaffung von naturnahen Gewässerstrukturen und die langfristige Sicherung von sauberem Trinkwasser. Das Konzept liegt in den Händen von Tobias Krumbeck, Leiter der Wasserwirtschaft im Kreis. Er soll alle Akteure an einen Tisch holen. Sorgen, dass den Stormarnern in Kürze das Trinkwasser ausgeht, wenn auch dieser Sommer zu trocken wird, macht sich Krumbeck aber nicht. „Es geht im Konzept darum, dass in Stormarn auch noch in 150 Jahren das Trinkwasser gesichert ist“, sagt Krumbeck.
Winterhalbjahr war nass – Grundwasserspiegel steigt wieder
Ole Braukmann, Sprecher vom Hamburg Wasser, mag es auch nicht, wenn beim Thema Wasser Panik im Spiel ist. Sein Arbeitgeber versorgt Reinbek über seine Wasserwerke in Glinde und Bergedorf. Hier wird auch der Grundwasserspiegel seit Jahren kontrolliert. Insgesamt 190 Messstellen zählt Hamburg Wasser.
„Zur generellen Entwicklung des Grundwassers lässt sich festhalten, dass es insbesondere in Folge der sehr trockenen Jahre 2018 bis 2020 fallende Trends gab“, sagt Braukmann. Überschriften wie „Deutschland verliert jeden Tag einen Bodensee Wasser“ findet er dennoch zu reißerisch. Zumal: „Wenn man sich dagegen längere Messreihen ansieht, ergibt sich schon ein anderes Bild. Nasse und trockene Phasen haben sich eigentlich immer abgewechselt“, sagt Braukmann. Auch die letzten beiden hydrologischen Winterhalbjahre von November bis April lassen eine Erholung erwarten, weil sie viel Niederschlag brachten. Daher müssten sich die Wasserstände langsam wieder erholen. Zusätzlich dafür sorgen müsste folgender Fakt: Die Verbräuche sind trotz steigender Einwohnerzahl im seit Jahrzehnten ebenfalls rückläufig.