Reinbek. Generationswechsel in Reinbek: Katrin Rabe und Karen Schmedemann gehen in den Ruhestand. Für beide war der Job eine Berufung.

Letzter Schultag vor den großen Ferien: Gewöhnlich ist das ein Tag voller Vorfreude auf den Sommer. Doch an zwei Grundschulen in Reinbek ist diesmal alles ein bisschen anders. Wehmut mischt sich für viele Lehrerinnen, Kinder und Familien in diese Zeit.

Denn sowohl an der Grundschule Mühlenredder als auch an der Grundschule Klosterbergen heißt es Abschied nehmen von den langjährigen Schulleiterinnen: Sowohl Katrin Rabe als auch Karen Schmedemann gehen nach vielen Jahren in den Ruhestand.

Grundschule Reinbek: Sie würden ihren Job wieder machen, aber nicht ohne ihr Team

Für beide steht die Nachfolge schon in den Startlöchern. Und beide Pädagoginnen sind sich vor ihrem Ruhestand in einer Sache einig: Rückblickend würden sie es beide wieder so machen und die Leitung einer Grundschule übernehmen. In der aktuellen Situation des Arbeitskräftemangels jedoch würden sie darauf verzichten.

„Die personelle Situation ist herausfordernd“, sagt Katrin Rabe fest. Sie plant gerade noch das neue Schuljahr und den Einsatz der Lehrkräfte. „Das geht nicht anders, denn mein Nachfolger kennt das Kollegium noch nicht“, sagt sie. Er wird ab September am Klosterbergen sein. Seinen Namen verrät sie noch nicht.

Wie die Kinder der Grundschule Klosterbergen auf dem Wandbild am Eingang ihre Fingerabdrücke hinterlassen haben, hat auch Schulleiterin Katrin Rabe in 19 Jahren an ihrer Schule ihre Spuren hinterlassen.
Wie die Kinder der Grundschule Klosterbergen auf dem Wandbild am Eingang ihre Fingerabdrücke hinterlassen haben, hat auch Schulleiterin Katrin Rabe in 19 Jahren an ihrer Schule ihre Spuren hinterlassen. © Susanne Tamm | Susanne Tamm
Schulleiterin Karen Schmedemann – hier mit Kindern der Klasse 4a –  verabschiedet sich in diesen Tagen von der Grundschule Mühlenredder in den Ruhestand.
Schulleiterin Karen Schmedemann – hier mit Kindern der Klasse 4a – verabschiedet sich in diesen Tagen von der Grundschule Mühlenredder in den Ruhestand. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Die 63 Jahre alte Bergedorferin ist in Wentorf aufgewachsen. „Das Unterrichten war wirklich von Anfang an meine Berufung“, sagt sie. „Ich habe schon als Jugendliche ganz viel Nachhilfeunterricht in den Offiziersfamilien gegeben.“ Wentorf war damals Standort der Bundeswehr, und die Offiziere mussten alle zwei Jahre umziehen.

Vor knapp 40 Jahren gab es noch eine Lehrerschwemme

Als sie als junge Lehrerin 1985 nach dem Referendariat in Schwarzenbek ins Berufsleben trat, war die Situation eine komplett andere: „Es gab eine Riesenlehrerschwemme und keine Planstelle für uns. Wir mussten schon Kompromisse eingehen und wurden zwangsteilverbeamtet.“ Das heißt, Lehrer und Lehrerinnen wurden nach dem Studium nur in Teilzeit eingestellt und bekamen entsprechend weniger Geld. „Aber ich wollte den Beruf und habe das durchgezogen.“

19 Jahre lang war sie Lehrerin an der Grundschule Wentorf, zwei Jahre davon Konrektorin. Dabei musste sie auch die erkrankte Schuldirektorin vertreten. „Damals merkte ich: Ich kann viel, viel mehr als nur Lehrerin“, erinnert sich Katrin Rabe. Sie wurde 2004 Schulleiterin am Klosterbergen, „obwohl meine drei Kinder damals eigentlich noch viel zu klein waren“, wie sie rückblickend sagt. „Sie waren zwischen drei und 14 Jahre alt. Doch das Gute war, dass mein Mann damals Redakteur war und erst spät anfing zu arbeiten. Er hat mich immer unterstützt.“ Heute ist Ties Rabe Hamburgs Schulsenator.

Neben dem Beruf noch Informatik studiert

Karen Schmedemann hat 35 Jahre in Reinbek gearbeitet, zehn Jahre davon als Schulleiterin. Ihr Start in die Pädagogik sei eher holprig gewesen, erinnert sie sich: „Mein Werdegang war nicht so klar, vieles hat sich einfach so gefügt. Und in Reinbek bin ich eher zufällig gelandet.“ Berufsbegleitend hat sie in ihrer ersten Zeit als Lehrerin noch Informatik studiert.

„Als es mit der Digitalisierung losging, habe ich die Stundenpläne erstellt“, sagt die heute 64-Jährige. „So bin ich irgendwann Konrektorin geworden. Und als Marina Umlauff in den Ruhestand gehen sollte, hatte ich schon viele Aufgaben von ihr übernommen. Da dachte ich, ach, bewerbe ich mich doch einfach mal.“ Das war vor zehn Jahren.

Mühlenredder – eine Schule für alle

Mit einem Mix aus Optimismus und Pragmatismus hat sie ihre Schule mit heute etwa 280 Kindern und 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geleitet. „An meinem letzten Tag hier am 7. Juli werden bei mir Tränen fließen“, weiß Karen Schmedemann. Geholfen habe ihr, dass sie über das Jahr viele Dinge bewusst zum letzten Mal gemacht habe: Die Kinder und ihre Lehrer aus Spanien zu begrüßen – „Alles, was mit unserem Erasmus-Programm zu tun hatte, war superschön“ – aber auch: zum letzen Mal im Dunkeln morgens aus ihrem Wohnort in Nordniedersachsen anzureisen.

„Unsere Schule ist eine Schule für alle – egal welcher Hautfarbe, ob mit Kopftuch oder mit Handicap“, stellt sie klar. „Und das gilt für die Kinder wie für die Mitarbeitenden gleichermaßen.“ Dass sich nicht alle wohlgefühlt haben und sich auch mal einige wegbeworben hatten, das habe sie erst lernen müssen. Ebenso wie den Umgang mit den Politikern. „Ich hatte dem Ausschuss erklärt, warum wir ein digitales Board für den Unterricht brauchen, da fragt doch ein Politiker die Schulleiterin des Gymnasiums, ob das für eine Grundschule denn wirklich notwendig sei?“, erzählt sie lachend. „Dabei hatte ich doch gerade alles gründlich dargelegt. Da bringen wir unseren Kindern doch einen ganz anderen Umgang miteinander bei.“

Abschied unter der Zirkuskuppel

Während sich Karen Schmedemann komplett aus Reinbek verabschiedet, will Katrin Rabe noch weiterhin ehrenamtlich für „ihre Schule“ aktiv bleiben. Denn sie ist Vorsitzende des Betreuungsvereins, und die Einrichtung brauche eine Vernetzung zwischen Vormittag und Nachmittag. In der „Betreuungsinsel“ werden heute 200 von 262 Kindern betreut. „Das hat sich heute massiv verändert“, erklärt die Schulleiterin: „Die Kinder leben hier in der Schule.“ Inklusion sei selbstverständlich, und statt eines Lehrschwimmbeckens gibt es heute eine große Mensa.

Einmal noch hat sie eine Klasse als Klassenlehrerin bis zur vierten Klassen begleitet. Sie sagt: „Den Spaß am gemeinsamen Erarbeiten mit den Kindern werde ich vermissen. Da müssen meine bald vier Enkelkinder herhalten.“ Ihr Mann wird noch berufstätig bleiben. Sie engagiert sich auch in der Kirchengemeinde St. Michael in Bergedorf sowie in der Synode des Kirchenkreises Hamburg-Ost. „Auch dort stehen Umbrüche an“, sagt sie.

Endlich wirklich große Ferien – für immer

Aber zuerst freut sie sich auf ganze vier Wochen im Strandkorb an der Nordseeküste mit einem dicken Bücherstapel. Vor ihrem letzten Tag am 31. Juli kann man sie noch vom 11. bis 13. Juli jeweils nach den Aufführungen um 19 Uhr unter dem Zirkuszelt auf dem Schulhof treffen: Denn wie jedes Jahr endet das Schuljahr mit einer Zirkusprojektwoche.

Karen Schmedemann verabschiedet sich am Freitag, 7. Juli, morgens mit einer Vollversammlung in der Turnhalle, abends feiert sie mit dem Kollegium. Sie will ab 1. August mit ihrem Mann neun Wochen mit einem Wohnmobil durch Skandinavien reisen. „Ich liebe die entspannte Atmosphäre dort“, sagt die Mutter von drei erwachsenen Kindern. Danach könne sie sich vorstellen, sich vielleicht bei der Tafel zu engagieren.

Schule Mühlenredder hofft auf vier junge Referendare

Die Schulleiterin ist froh, dass ihre Konrektorin Telse Knabe-Wiese, die ihre Nachfolgerin wird, Aussicht auf vier junge Lehrer hat. Diese waren alle während der Pandemie als Vertretungslehrer am Mühlenredder eingesprungen. „Sie wollen alle bei uns ins Referendariat“, erzählt Schmedemann froh. „Denn heute können sich die jungen Kollegen die Stellen aussuchen.“