Reinbek. Frank Manzel (61) will den Verein zukunftsfähig machen. Dazu gehören die Digitalisierung und eine unkomplizierte Mitgliedschaft.
Wenn Frank Manzel im Freundeskreis über seine liebste Freizeitbeschäftigung, den Geschichts- und Museumsverein Reinbek erzählt, wird er manchmal gefragt: „Was macht Ihr da eigentlich?“ Seine Antwort hat er sich mittlerweile wohl überlegt. „Es geht darum, gemeinsam Reinbeker Geschichte und Geschichten zu erleben“, sagt der 61-Jährige, der gerade den Vereinsvorsitz von seiner Mutter Gisela Manzel übernommen hat. Sein Herz hängt sowohl an den vielen Dokumenten, Fotografien und Alltagsgegenständen, aber noch mehr an dem riesigen Wissensschatz der bisherigen Ausstellungsmacher und den Aktiven des Vereins. Doch die scheiden altersgemäß nach und nach aus.
Seine Mutter Gisela Manzel (83) hat den Geschichts- und Museumsverein Reinbek einst mit gegründet und war 1989 gleich zur ersten Vorsitzenden gewählt worden, weil sie sich sozusagen nicht rechtzeitig weggeduckt hatte. „Wie die Jungfrau zum Kinde und ohne Ahnung von Reinbeks Geschichte“, erinnert sie sich heute amüsiert. Nachdem sie jahrzehntelang einen Nachfolger gesucht hat, ist sie mit der aktuellen Lösung „rundum zufrieden“, wie sie lächelnd feststellt. „Es war wohl eine meiner größten Leistungen, dass ich die Geduld aufgebracht habe, bis mein Sohn so weit war, dass er ernsthaft über den Verein sprechen wollte“, verrät die 83-Jährige.
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Nahtlos hätten sich die beiden jedoch nicht zusammengerauft, sagt Frank Manzel. Denn beide haben nicht nur unterschiedliche Vorstellungen von der Vereinsarbeit, sondern sind auch verschiedene Charaktere. Zu tun sei, was getan werden muss, betont Gisela Manzel.
Ob Mitmachausstellungen für Grundschulklassen, Stadtrundgänge, Ausstellungen zu Jubiläen oder eine Sammlung aus Objekten bis in Reinbeks Nachkriegszeit aufzubauen: In 33,3 Jahren haben Gisela Manzel und ihre Mitstreiter vieles erarbeitet und gesammelt. Ihr Sohn sehe die Vereinsarbeit ganz anders.
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Frank Manzel, seit vier Jahren Vereinsvize, hat bis 2014 die Reinbeker Filiale der Deutschen Bank geleitet, bis es ihn noch einmal in Hamburgs Westen zog. 2020 ist er in Vorruhestand gegangen. „Vorher hätte ich diese Aufgabe nicht übernehmen können, das ließe sich nicht mit einem Zehnstundentag vereinbaren“, sagt er. Der 61-Jährige weiß, wie abschreckend der Begriff „Verein“ wirken kann. „Viele verbinden damit eine regelmäßige Verpflichtung“, sagt er.
Zwangloses Netzwerk statt pflichtbeladener Verein
Doch das müsse nicht so sein. „Wer interessiert ist, kann einfach gucken kommen. Jeder kann sich einbringen, wie er möchte.“ Frank Manzel weiß, wie man sich in ein Thema verbeißen kann, wenn man schließlich dafür brennt. Dies dürfe aber kein Zwang sein. „Wir verstehen uns heute eher als ein Netzwerk als ein Verein, wir sind alle über eine Cloud verbunden“, erläutert der Vereinsvorsitzende. „Wenn jemand etwas bearbeiten will, kann er dies von zu Hause tun und kann individuell entscheiden, wann er dies tun möchte.“
Einer von ihnen ist Klaus Müller. „Meine Frau Angela ist im Kirchengemeinderat der Nathan-Söderblom-Kirche“, erzählt er. „Wir haben zum 50-jährigen Jubiläum der Kirche und des Täbyplatzes eine Ausstellung zusammengestellt. Damals brauchten wir Hilfe vom Museumsverein und ich habe dem Verein Hilfe versprochen.“ Jetzt bereitet er den Kalender 2024 mit historischen Fotos vor.
Das Ziel: Das Vereinswissen digital zugänglich machen
Mit Manzels Wahl zum ersten Vorsitzenden ist auch der Vorstand auf drei Ämter verschlankt worden. Außerdem können Interessierte jetzt gegen einen Jahresbeitrag von 50 Euro auch nur Fördermitglieder werden. „Uns hilft das und sie erhalten ein Recht auf Vorabinformationen, erfahren als erste von Neuerscheinungen oder etwa von unseren Stadtrundgängen. Die sind mittlerweile auch bei Hamburgern beliebt, der nächste ist am Sonntag, 15. Juni (www.museumsverein-reinbek.de). Bisher hat der Verein 82 Mitglieder. Laut Frank Manzel, sind nur die drei Vorstandsmitglieder regelmäßig aktiv.
Sein Ziel ist es nun, das gesamte Wissen für die Zukunft zu digitalisieren und zugänglich zu machen. Bisher sind 12.000 Objekte aus Ausstellungen digital erfasst und verschlagwortet. „Die Verschlagwortung – sich zu überlegen, wonach gesucht wird – ist die Hauptaufgabe“, erklärt Frank Manzel. Erst 5000 Fotos sind digital zugänglich. Das digitale Reinbek-Lexikon sei ins Stocken geraten, weil erst die Urheberrechte geklärt werden müssen. Mitglieder dürfen sich die Originale im Archiv anschauen und dort forschen. Für das Projekt „Digitale und interaktive Schnitzeljagd durch Reinbek“ sind die Manzels zu Gesprächen mit Lehrern einer weiterführenden Schule verabredet.